Tod in Bordeaux
Unterschiede zwischen den beiden verkosteten Weinen und an das unerquickliche Zusammentreffen in der Lagerhalle.
Bichot beantwortete Martins Frage nicht. «Wenn es Ihnen darum geht, einen Kontakt herzustellen, kann ich helfen. Monsieur Garenne ist selbstverständlich auch eingeladen. Ich bringe sie gern zusammen. Persönlicher Kontakt, Sie wissen das, ist durch nichts zu ersetzen, und es ist sicher besser, wenn man sich, unbelastet von anderen Meinungen, sein eigenes Bild von einem Winzer macht.»
Es klang diplomatisch, aber ein härteres Urteil hätte Bichot kaum fällen können, so verstand es zumindest Martin.
«Es wäre mir ein Vergnügen, auch Sie, Monsieur Latroye, auf Grandville begrüßen zu dürfen.»
«Sehr freundlich, Monsieur Bichot. Aber eine Feier kommt für uns im Augenblick nicht in Frage.»
«Das verstehe ich sehr gut. Für Monsieur Bongers hingegen kann es sehr hilfreich sein. Also?» Bichot lächelte Martin auffordernd an.
Martin durfte sich die Gelegenheit, diesen Garenne kennen zu lernen, auf keinen Fall entgehen lassen: «Ich komme gern. Smoking?»
«Ja. Ich schicke Ihnen zwei Einladungen.»
Nachdem Bichot gegangen war, rief Martin im Polizeipräsidium von Bordeaux an und bat, mit Kommissar Grivot verbunden zu werden.
«Welches Kommissariat?», fragte die Telefonstimme.
Da Martin darüber keine Angaben machen konnte, verband ihn die Telefonistin mit verschiedenen Dienststellen, aber niemand kannte einen Kommissar mit diesem Namen. Schließlich landete er wieder in der Telefonzentrale. «Bedaure, Monsieur. Haben Sie nicht zumindest seinen Vornamen?»
«Nein, er hat sich nur mit Grivot vorgestellt.»
«Versuchen Sie es besser im neuen Präsidium am Gare Boutière, Monsieur, wir sind mitten im Umzug.» Ohne ihm die andere Telefonnummer zu geben, unterbrach sie die Verbindung.
Mit einiger Mühe brachte Martin die neue Nummer in Erfahrung, aber auch dort kannte niemand Kommissar Grivot. Martin legte auf und ging frustriert in die Garage.
Am Nachmittag stand ihm die bislang unangenehmste Aufgabe der Weinlese bevor. Die Trauben mussten aufgebrochen und entrappt werden. Vor diesem Augenblick hatte er sich geradezu gefürchtet. Bei einer falschen Einstellung der Maschine konnten die Kerne verletzt werden und ihre harte, bittere Gerbsäure an den Wein abgeben. Aber genau in dem Moment, als Martin die Anzeige vor sich sah, erinnerte er sich an die Position, auf der sie im letzten Jahr gestanden hatte. Wieder ein Schritt weiter, dachte er erleichtert.
Zusammen mit Jean-Claude kippte er die Trauben in die Maschine, die das Entrappen und das Aufbrechen der Beeren in einem Arbeitsgang besorgte. Auf diese Weise entstanden nicht so viele Trübstoffe. In diesem Jahr benutzten sie zum ersten Mal die neue Schlauchpumpe, die Gaston vor kurzem angeschafft hatte; dadurch gelangten die Beeren ohne weitere Verletzung in den Gärbehälter.
Dabei schwirrte Martin dieser Grivot im Kopf herum. Was hatte er bei LaCroix gewollt, und weshalb hatte der Lagerleiter so schnell klein beigegeben?
Jean-Claude interessierte die Frage weniger: «Lass uns die Arbeit beenden. Im Moment ist nur der Wein wichtig. Den Rest müssen wir der Polizei und der Versicherung überlassen.»
»Die Polizei hat kein Interesse, wie du selbst gesagt hast. Ihr ist der Umzug wichtiger, und die Versicherung wird sich alles Mögliche einfallen lassen, um an der Auszahlung der Lebensversicherung vorbeizukommen. Die leben vom Einsacken und nicht vom Auszahlen.»
«Ja, und wenn jetzt herauskommt, dass es kein Unfall war, zahlt die Versicherung nicht. Und das wäre das Letzte, was Caroline braucht», sagte Jean-Claude bissig.
Sein Standpunkt leuchtete Martin ein. Auf der anderen Seite konnte er Gastons Tod nicht so stehen lassen. «Aber wenn es doch Mord war ...»
Jean-Claude unterbrach ihn abrupt: «Das ist Sache unserer Familie.»
«Dann ist es wohl besser, keine schlafenden Hunde zu wecken.»
Martin stellte sich versöhnlich, aber von diesem Moment an war es mit der beginnenden Freundschaft vorbei. Im Grunde genommen hatte sich Jean-Claude nie für das interessiert, was Martin mit Caroline und Gaston hier aufgebaut hatte, sondern ausschließlich an seiner Universitätskarriere gebastelt. Nicht ein einziges Mal war er in all den Jahren hier aufgekreuzt. Quälte nicht auch ihn die Frage, ob jemand seinen Bruder ermordet haben könnte?
«Wir müssen mit Caroline besprechen, wie es weitergeht, wenn du zurückfährst, ich bin ab morgen
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