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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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man das. Vor lauter Schulden haben diese Länder keine Bewegungsmöglichkeit mehr.» Sie zögerte einen Moment lang und dachte nach.
    «Ist es nicht ein bisschen wie bei Caroline? Die Bank hat sie jetzt fest im Griff.» Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: «Zumindest hat sie die Chance, durch Gastons Tod mit einem Schlag von den Schulden runterzukommen, wenn die Lebensversicherung ausgezahlt wird. Ihr habt euer Geld für den Weinberg damals sofort gekriegt, Maman. Jetzt ist sie dran.» In ihrer Stimme lag Verbitterung.
    «Charlotte!» Madame Lisette war entsetzt. «So habe ich dich noch nie reden hören. Sei nicht so zynisch.»
    «Entschuldige, die letzten Monate waren vielleicht ein bisschen anstrengend. Aber ist es nicht so?» Sie stellte die Kaffeetasse hin und verließ ohne ein weiteres Wort die Küche.
    «Ich glaube, wir müssen uns Sorgen machen», sagte Madame Lisette. «Seit einem Jahr ist Charlotte so, nein, länger, es hat vor ihrer Scheidung angefangen. Dabei hat sie alles: eine große schöne Wohnung, richtig viel Geld, tolles Cabrio ... Na ja, es ist klar, was ihr fehlt.» Traurig rührte sie in ihrer Kaffeetasse.
    Martin hörte, wie der Lieferwagen von Monsieur Jerome vor dem Haus hielt. Fröhlich pfeifend kam er in die Küche, begrüßte seine Frau und schüttelte Martin herzlich die Hand.
    «Sie machen gute Arbeit da drüben, alle Achtung, die ganze Nachbarschaft redet darüber. Als Deutscher haben Sie es bei uns nicht leicht, Martin. Wir Franzosen haben unsere Schwierigkeiten mit euch, besonders wir Alten.»
    «Das ist so lange her, Monsieur Jerome ...»
    «Nein, für viele seid ihr noch immer die boches. Immer wieder kommt das hoch, selbst bei den Jungen, dabei wissen die nicht mal, dass dieses Schimpfwort von Bosch stammt, die vor dem Krieg bei uns elektrische Geräte produzierten. Ach, was erzähle ich Ihnen, lassen wir das. So, jetzt das Wichtigste. Kommen Sie mit, ich habe was für Sie.»
    Monsieur Jerome setzte eine geheimnisvolle Miene auf und schob Martin unter dem missbilligenden Blick seiner Frau aus der Küche.
    Er ging zur Werkstatt, schloss die grüne Tür auf und machte Licht. In diesem Moment vibrierte Martins Handy. Immer zum ungünstigsten Zeitpunkt, fluchte er still. Er hasste das Ding. Nirgends ließ es einen in Ruhe, immer und überall war man verfügbar. Gereizt meldete er sich.
    «Na, mein Lieber, wo störe ich dich? Wo treibst du dich rum? Bestimmt in einem Weinberg, oder?», flötete Petra ihm ins Ohr.
    Martin zögerte. Was konnte er sagen, ohne ihr Grund zur Kritik zu geben. «Finanzgespräche», etwas Klügeres fiel ihm nicht ein, «bin gerade bei wichtigen Abschlüssen.»
    «Dann will ich nicht stören. Wann kommst du zurück? Nächstes Wochenende ist Presseball. Ich wollte dich mitnehmen. Bist du dann hier?»
    O Gott - der Presseball. Das war überhaupt nicht nach seinem Geschmack, wenn tausend Leute gleichzeitig ICH schrien. Und sobald er seinen Beruf erwähnte, war er sofort von selbst ernannten Weinexperten umgeben, die sich mit ihrem Halbwissen brüsteten. Würde das Dinner auf Grandville anders werden? Hoffentlich. Zumindest würde er den Besitzer von Haut-Bourton treffen.
    «Ich fahre erst am Montag, Sonnabend bin ich zu einem Dinner auf Château Grandville eingeladen.» Kaum hatte er es ausgesprochen, bereute er es bereits.
    «Das ist ja großartig», sagte Petra überschwänglich. «Das habe ich mir immer gewünscht. Fein. Scheint ja, dass du es endlich geschafft hast, wenn man dich zu so was einlädt. Du, da komme ich mit. Dafür nehme ich dich mit zum Presseball.» Sie klang begeistert. «Ich buche sofort einen Flug.» Damit legte sie auf.
    Martin starrte das Handy an und fühlte sich wie ein Luftballon, aus dem die Luft entwich.
    Monsieur Jerome blickte ihn aufmerksam an. «Ärger?», fragte er, als Martin böse schnaubte.
    Er schüttelte den Kopf. «Nein, meine Freundin. Sie will kommen.»
    Wieso hatte er nicht den Mund gehalten? Jetzt würde sie alles dransetzen, um einen Flug zu bekommen und hier aufzukreuzen. Von Dinners auf großen Châteaus hatte sie geträumt, seit sie sich kannten. Sie war am Ziel ihrer Wünsche, und er am Ende der seinen. Er konnte sie ja schlecht ausladen. Resignierend verabschiedete er sich von der Vorstellung, Charlotte am Arm zu haben.
    Monsieur Jerome klopfte Martin aufmunternd auf die Schulter. Wahrscheinlich kannte er Gastons Spitznamen für Petra: La oie. Gesagt hatte er es nie, das verbot ihm die Höflichkeit. Er ging zu

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