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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Großvater erzählt, hat einen realen Hintergrund. Der war tatsächlich unter den Nazis im Gefängnis, nur: Er hat seinen betrügerischen Geschäften später ein patriotisches Mäntelchen umgehängt. In Wirklichkeit war es Etikettenschwindel. Deshalb war der heldenhafte Opa im Gefängnis.»
    «Und Garenne macht eine Story daraus ...»
    «Genau. Als die Nazis damals Frankreich besetzten, wollten sie den Handel mit den großen Weinen kontrollieren - natürlich wurde ein erheblicher Teil für den Generalstab requiriert. Sie haben einen Beauftragten für den Weinexport aus Bordeaux benannt, einen Deutschen, er hieß Hein Böhmers. Er war der Chef des größten deutschen Weinimporteurs, aus Bremen, Reidemeister und Ulrich.»
    «Reidemeister? Bist du ... äh, sind Sie sicher?», fragte Martin überrascht. «Die Firma gibt es heute noch, das ist ein Großhändler, importiert aus der ganzen Welt ... die Firma wurde kürzlich an eine holländische Gruppe verkauft ...»
    «Ja, ja, die Menschen ändern sich nicht. Also, weiter mit Garenne. Sein Großvater, Marcel, hat den Deutschen gepanschten Wein verkauft, ein Teil von hier, einen anderen in Südfrankreich dazugekauft, wie bei dem Weinskandal von 1971. Eine Weile ging es gut, dann flog der Schwindel auf. Irgendwer, wahrscheinlich ein französischer Faschist, hat Garenne angezeigt. Es gab ein Verfahren, der Großvater hatte noch Glück, er kam nur ins Gefängnis. Hätten sie politische Motive vermutet, dann hätten sie ihn umgebracht. Und als die Nazis abhauen mussten, kam er wieder frei - wahrscheinlich auf Anweisung dieses Böhmers, der damals auch verhindert hat, dass der Hafen gesprengt wurde, als die Alliierten kamen. Da lagerten damals Zigtausende Flaschen. Sie haben so ihre Zerstörung verhindert, eher aus geschäftlichem Instinkt, nehme ich an, als aus Opposition gegen die Nazis. Getrunken wird immer, und die amerikanischen Besatzungstruppen wollten auch versorgt werden.»
    «Woher hast du das alles?», fragte Monsieur Jerome. «Wir haben nie darüber gesprochen. Du hast dich nie für unsere Weine interessiert...»
    «Ich habe mich erst während des Studiums damit beschäftigt. In meinem Jahrgang war ich die Einzige aus Bordeaux, da wird man eine Menge gefragt. Früher war mir das unangenehm, aber mit der Zeit lernt man es zu schätzen. Willst du mehr hören, Papá?»
    Monsieur Jerome nickte lebhaft, und auch Madame Lisette hatte den Abwasch vergessen. Martin hing an Charlottes Lippen, sie trug ihre Geschichte gut vor. Außerdem war es ein willkommener Vorwand, sich an ihr satt zu sehen.
    «Die Nazis hatten Garennes Großvater eingesperrt, also war er ein Held, n‘est-ce pas ? Diese Geschichte hat er überall erzählt und damit geprahlt, dass er mit dem Gewinn aus dem Geschäft die Resistance unterstützt habe. Als sich dann das Gegenteil herausstellte, war klar, dass er sich nirgends mehr sehen lassen konnte. Er war zwar ein guter Winzer, hatte einige Châteaus und hat wohl auch wunderbare Weine gemacht, doch das Thema war heikel, und als er damit nicht aufhörte, wurde er nur noch ausgelacht. Das muss das Schlimmste für ihn gewesen sein. Er hat sich umgebracht, mit einer Pistole. Aber das wissen nur wenige. Offiziell starb er bei einem Autounfall.»
    «Es gab damals viele solcher Schicksale», sagte Monsieur Jerome nachdenklich, «Kriegszeiten eben. Aber jetzt mal weiter in Ihrer Sache, Martin. Wie wollen Sie Ihre Behauptungen belegen? Wer will beurteilen, ob ein Wein gefälscht ist? Für Gemälde, ja, da gibt es Experten, international anerkannt, aber auch die irren sich. Wenn der Haut-Bourton tatsächlich gefälscht ist, wird es sicherlich nicht nur die paar Flaschen geben. Wo sind die anderen?»
    «Das muss ich herausbekommen. Auf dem Zolldokument ist eine deutsche Firma als Empfänger genannt, in Hamburg. Die müsste zu finden sein.»
    «Sind das nicht alles nur Vermutungen?», mischte Charlotte sich ein. «Wie wollen Sie beweisen, dass Gastons Tod kein Unfall war? Außer Ihnen glaubt kein Mensch daran.»
    Martin wandte sich Hilfe suchend an Monsieur Jerome: «Auch Sie nicht?»
    «Ich habe Zweifel, Martin, nehmen Sie mir das nicht übel.» Monsieur Jerome war die Wendung, die das Gespräch nahm, unangenehm. Er mochte Martin, bewunderte seine Hilfsbereitschaft, sein Engagement und hätte ihm gern einen Gefallen getan. Aber ein Mord, dazu noch gleich nebenan? Nein, das konnte er nicht glauben. Halbherzig antwortete er: «Das mit dem Einbruch während der

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