Tod in Bordeaux
hat, dann stimmt es», sagte Charlotte schmunzelnd. «Ich kenne ihn gut. Gerissen wie sonst was und faul wie die Sünde. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Wie alt war er?»
«Na, ich schätze, so knapp über dreißig.»
«Dann war er es. Schmales Gesicht, sehr markant und knochig, lange Haare?»
Martin nickte. «Sie kennen ihn?»
«Wir müssen endlich zu einem Ergebnis kommen», unterbrach Monsieur Jerome, was Charlotte plötzlich sehr recht war.
«Und wir müssen Monsieur Martin helfen. Das sind wir Gaston und vor allem Caroline schuldig.» Madame Lisette ließ das Küchenmesser, mit dem sie Knoblauchzehen schälte, sinken und starrte ihren Mann auffordernd an. «Ich wüsste nicht, weshalb wir ihm nicht glauben sollten. Auch Gaston hat ihm immer vertraut.»
«Ich nehme an, er hat von der Fälschung gewusst», sagte Charlotte.
«Gaston? O ja, deshalb hat man ihn wahrscheinlich umgebracht», vermutete ihre Mutter.
«Er wollte sichergehen, deshalb hat er Martin die Flaschen zum Probieren mitgegeben. Es kann also auch für Sie unangenehm werden, Martin. Vielleicht machen Sie demnächst besser einen Bogen um unsere Gegend.»
«Soll ich so tun, als ob nichts geschehen wäre? Nein, das kann ich nicht. Außerdem - was würde Caroline ohne mich machen? Und woher wusste jemand, dass ich den Haut-Bourton im Wagen hatte?»
Charlotte stand auf und ging zum Fenster. «Sehen Sie, von hier aus kann man Carolines Haus gut sehen. Mit einem guten Fernglas kann man bestimmt beobachten, was da passiert. Ihnen ist an jenem Morgen niemand aufgefallen?»
«Nein», antwortete Martin, «wir waren mit dem Beladen beschäftigt. Charlotte, woher kennen Sie eigentlich Garenne?»
Sie drehte sich um, ihre Augen trafen sich, sie stockte für einen Moment und sprach erst weiter, als er wegsah. «Aus der Politik. Er hat sich mal vorgetastet, das ist schon länger her, er war ungeschickt, wusste nicht, wer mit wem im Bett liegt. Ja, Maman, guck nicht so, das sagt man so», beschwichtigte Charlotte ihre Mutter, die pikiert die Brauen hochzog. «Garenne gehörte zu den Konservativen, der Bürgermeister und ich sind bei den Sozialisten, bei mir ist das mehr zufällig. Ich bin da eingetreten, weil man im Ministerium ein Parteibuch braucht, allein ist man verloren, und weil mein geschiedener Mann in derselben Partei war.»
«Und wie sind Sie zu dem Empfang auf Grandville gekommen?»
«Sie sind doch nicht etwa eifersüchtig?», fragte sie schmunzelnd. «Irgendwer aus dem Ministerium hat dem Bürgermeister erzählt, dass ich hier Urlaub mache; da hat er mich angerufen, mich eingeladen. Er hofft, dass er durch mich einen besseren Draht nach Paris bekommt.»
Charlotte stand auf und holte eine Flasche Wasser. «Mein Vater lässt uns glatt verdursten ...»
«Das lasse ich nicht auf mir sitzen.» Monsieur Jerome sprang auf. «Der Keller ist voll, und du holst Wasser. Martin, Rot oder Weiß? Was passt zum Essen, Lisette?»
«Rot», sagte seine Frau, «ein Fülliger am besten, besser nicht zu hart. Es gibt Gibelotte, Martin. Sie mögen geschmortes Kaninchen?»
Er nickte, und Madame Lisette nahm die vorbereiteten Keulen, Läufe und den Rücken des Kaninchens aus dem Kühlschrank. Madames Küche kannte er bereits, sie kochte so gut wie ihre Tochter. Und Monsieur Jerome hatte ihm noch nie einen schlechten Wein vorgesetzt. Der Abend war gerettet.
Monsieur Jerome kam mit zwei Flaschen Madiran von Peyros zurück, einem Wein aus dem Südwesten, und einem weißen Bergerac, den er sofort öffnete. «Der ist besser fürs Plaudern. Den Roten trinken wir zum Essen.» Charlotte stellte die Gläser auf den Tisch und schenkte ein. «Was interessiert Sie sosehr an dem gefälschten Wein, Martin?»
«Derjenige, der den Wein gefälscht hat, hat auch Gastons Mörder geschickt. Zur Zeit verschwindet der Haut-Bouton von 1989 vom Markt. Ich habe mir die Angebote im Internet angesehen. Nichts, keiner mehr da. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann ist dasselbe für den Jahrgang 1990 geplant.»
«Der Fahrer des Gabelstaplers hat ihn umgebracht!», sagte Charlotte lapidar. «Wer sonst?»
Madame Lisette ließ die Karotte sinken, die sie gerade schälte. «Weshalb soll ein Algerier, dazu noch ein Illegaler, einen französischen Winzer umbringen?»
«Für Geld ...», sagte Charlotte. «Für Geld tun Menschen alles.»
«Und wie soll das gehen ... mit Paletten?»
«Sehen Sie her!», sagte Martin. Er streckte die Hand aus, stellte eine Streichholzschachtel
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