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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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ich leben. Schlimmer als die Hilfsarbeiter, von den Vorarbeitern wollen wir nicht reden. Und als Sie selbst. Ich müßte mich bei der Kommandantur in Huancayo erkundigen. Es wird eine Weile dauern, bis sie antworten, wenn sie überhaupt antworten. Die Anfrage müßte über den Funk des Unternehmens gehen, der Funker würde es erfahren und damit ganz Naccos. Am Ende werden sie mir antworten: ›Schneiden Sie dem Typen, der eine Belohnung verlangt, ein Ei ab, er soll singen. Und wenn er nicht singt, schneiden Sie ihm das andere ab. Und wenn immer noch nicht, dann rammen Sie ihm ein Bajonett in den Arsch.‹«
    Dionisio brach in Lachen aus, er krümmte sich und klatschte in die Hände. Lituma lachte ebenfalls, lustlos. Die geflügelte Gestalt glitt herab, zog eine große, majestätische Kurve über ihren Köpfen und entfernte sich, wie mit Verachtung. Ja, ein Kondor. Er wußte, daß man sie in einigen Dörfern in Junín beim Fest des Schutzpatrons lebend fing und an den Stieren festband, damit sie ihnen Schnabelhiebe versetzten, während die Indios mit ihnen kämpften. Das müßte man mal sehen.
    »Sie sind ein anständiger Polizist«, hörte er Dionisio sagen. »Das geben alle im Lager zu. Nie nutzen Sie Ihre Amtsgewalt aus. Es gibt nicht viele, die so sind. Das sagt Ihnen jemand, der das Hochland wie seine eigene Westentasche kennt. Ich habe es von einem Ende zum anderen abgeklappert.«
    »Ich bin den Hilfsarbeitern sympathisch? Was wäre erst, wenn ich ihnen unsympathisch wäre«, sagte Lituma spöttisch. »Ich habe bisher nicht einen einzigen Freund im Lager gefunden.«
    »Der Beweis dafür, daß sie Sie achten, ist, daß Sie und Ihr Amtshelfer am Leben sind«, erklärte Dionisio mit der größten Selbstverständlichkeit, als sagte er, Wasser ist flüssig und die Nacht dunkel. Er machte eine Pause, ritzte abermals mit seinem Stöckchen den Boden und fügte hinzu: »Von den dreien dagegen, von diesem Pedrito, diesem Demetrio, diesem Casimiro, hat keiner was gehalten. Wußten Sie, daß Demetrio Chanca ein falscher Name war?«
    »Und wie hieß er dann?«
    »Medardo Llantac.«
    Sie schwiegen, und während sie rauchten, überzog sich Litumas Körper mit einer Gänsehaut. Dionisio war über alles informiert. Jetzt würde auch er die Wahrheit erfahren. Was hatte man mit ihnen gemacht? Bestimmt schreckliche Dinge. Wer? Und warum? Diese versoffene Schwuchtel war zweifellos ein Komplize. Der Tag schritt rasch voran, eine anregende Wärme war auf die Kühle des frühen Morgens gefolgt. Die Farbe der Berge schien intensiver zu werden, und einige Gipfel funkelten mit ihrem Schnee unter den Sonnenstrahlen. Unten in der klaren Luft erblickte Lituma ein paar winzige Gestalten, die sich bewegten.
    »Ich würde gerne wissen, was mit ihnen passiert ist«, sagte er leise. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Siees mir sagen würden. Alles, wirklich alles. Es bringt mich um den Schlaf. Was hat es damit auf sich, daß Demetrio Chanca Medardo Llantac hieß?«
    »Er hatte seinen Namen geändert, weil er vor den Terroristen auf der Flucht war. Und vor der Polizei vielleicht. Er kam hierher, weil er glaubte, daß ihn in Naccos niemand finden würde. Als Vorarbeiter war er ziemlich übellaunig, sagt man.«
    »Dann haben die ihn also umgebracht, daran ist nichts zu deuteln. Denn sie sind doch tot, nicht? Haben die Terroristen sie umgebracht? Gibt es viele Sendero-Leute im Lager?«
    Der Kantinenwirt hielt den Kopf gesenkt und ritzte noch immer mit seinem Stöckchen den Boden. Lituma sah die weiße Haarsträhne zwischen den dunklen, wild abstehenden Borsten. Er erinnerte sich an das Besäufnis am Nationalfeiertag, in der überfüllten Kantine. Dionisio, sternhagelvoll, mit bösem Blick, hatte alle Männer aufgefordert, miteinander zu tanzen: sein allabendliches Thema. Er ging zwischen den Gruppen hin und her, hüpfend, tänzelnd, nippte an den Gläsern und Flaschen, servierte viertelliterweise Pisco und ahmte ab und zu einen Bären nach. Plötzlich ließ er seine Hose herunter. Lituma hatte wieder das Lachen von Doña Adriana im Ohr, das brüllende Gelächter der Hilfsarbeiter und sah erneut die schweißtriefenden dicken Hinterbacken des Kantinenwirts. Er spürte den Ekel jener Nacht. Was für Schweinereien waren danach passiert, als er und Tomasito dasWeite gesucht hatten? Der Kopf mit der weißen Haarsträhne nickte. Das Stöckchen fuhr hoch, zeichnete einen Halbkreis und wies auf den Eingang des verlassenen Bergwerks.
    »Sind die drei Leichen in

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