Tod in den Anden
zwischen den Fettpolstern seiner Backen verborgen, Mercedes von oben bis unten.
»Hast du die da schon vorher aufs Kreuz gelegt?« fragte er mit einem bewundernden Pfiff.
»Ein wenig mehr Respekt«, protestierte Mercedes. »Für wen hältst du dich, du Elefant . . .«
»Sie ist jetzt mit mir zusammen, behandel sie also, wie es sich gehört.« Carreño faßte die Frau besitzergreifend am Arm. »Mercedes ist jetzt meine Braut, Dicker.«
»Ist gut, machen wir kein Drama daraus«, entschuldigte sich Iscariote, während er erst den einen und dann die andere anschaute. »Ich will nur eines wissen. Stehen die Kolumbianer hinter dieser Sache?«
»Ich habe nichts damit zu tun.« Mercedes kam ihm mit ihrer Antwort zuvor.
»Ich war es ganz allein, Dicker«, schwor der Junge. »Ich weiß, daß es dir schwerfällt, das zu glauben. Aber es war so, genau so. Eine plötzliche Anwandlung.«
»Sag mir wenigstens, ob sie schon deine Geliebte war«, beharrte der Dicke. »Das wenigstens, Carreñito.«
»Wir hatten nicht mal miteinander gesprochen. Ich hatte sie nur flüchtig gesehen, am Flughafen von Pucallpa und von Tingo María, als wir sie hingebracht und abgeholt haben. So war es, Dicker, du mußt mir glauben.«
Iscariote rauchte noch immer und schüttelte den dicken Kopf, verblüfft über so viel Dummheit.
»So was machen nur Irre«, murmelte er. »Dann muß es also stimmen. Daß du ihn umgebracht hast, weil . . .«
»Schön, schön«, unterbrach ihn der Junge lachend. »Wenn sie glauben, daß die Kolumbianer mich bezahlt haben, was macht das schon.«
Iscariote warf die Kippe zum Fenster hinaus und sah sie im Zickzack durch die Luft segeln, bevor sie zwischen den Fußgängern der Plaza de Armas landete.
»Der Chancho wollte sich von ihnen unabhängig machen, er war es leid, daß die Kolumbianer den Löwenanteil einsackten. Das habe ich oft von ihm gehört. Sie können Wind davon bekommen haben. Deshalb haben sie ihn umbringen lassen. Hat das keine Logik?«
»Durchaus«, gab der Junge zu. »Aber es ist nicht die Wahrheit.«
Der dicke Iscariote blickte prüfend auf die Blätterbüschel der Bäume auf dem Platz.
»Es könnte die Wahrheit sein«, sagte er schließlich, die Schultern hebend. »Außerdem ist es die passende Wahrheit für dich. Verstehst du mich, Carreñito?«
»Kein Wort«, sagte Lituma überrascht. »Was war das für ein Komplott?«
»Dieser Elefant ist mit allen Wassern gewaschen«, sagte Mercedes.
»Sie hat schon kapiert.« Der dicke Iscariote setzte sich wieder auf das Bett, neben Carreño. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Schenk diese Leiche den Kolumbianern, Tomasito. Wollte der Chancho sich nicht von ihnen unabhängig machen? Wollte er sie nicht reinlegen und seinen eigenen Laden aufziehen und selbst verarbeiten und exportieren? Du hast ihnen einen großen Gefallen getan, indem du ihnen diesen Konkurrenten vom Hals geschafft hast. Sie müßten dich eigentlich belohnen, verdammt. Wozu sind sie sonst die Könige des Geschäfts.«
Er stand wieder auf, wühlte in seinem Sakko und zündete sich eine neue Zigarette an. Tomás und Mercedes begannen ebenfalls zu rauchen. Sie schwiegen eine Zeitlang, zogen an ihren Zigaretten und bliesen Rauch in die Luft. Draußen hatten die Glocken mehrerer Kirchen zu läuten begonnen. Die Glockenschläge, dumpf oder hell, mit langem oder kurzem Nachhall, füllten das Zimmer aus, und Mercedes bekreuzigte sich.
»Wenn du nach Lima kommst, zieh dir die Uniform an und geh zu deinem Paten«, sagte Iscariote. »›Ichhab ihn denen vom Hals geschafft, ich hab sie von ihm befreit. Ich hab den Kolumbianern den Gefallen ihres Lebens getan, Pate. Jetzt können Sie ihnen die Rechnung präsentieren.‹ Der Kommandant kennt sie. Er steht in Verbindung mit ihnen. Er gewährt ihnen auch Schutz. Du wirst aus der Not eine Tugend machen, Carreñito. Und auf diese Weise wird dir dein Pate verzeihen, was du getan hast.«
»Ein gerissener Typ, dieser Dicke«, sagte Lituma bewundernd. »Himmel, was für eine Phantasie.«
»Na ja, ich weiß nicht«, sagte der Junge. »Plötzlich hast du recht. Plötzlich ist es das, was ich tun sollte.«
Mercedes blickte verwirrt von einem zum anderen.
»Was heißt das, du sollst dir die Uniform anziehen?« fragte sie.
»Der Dicke hatte sich das sehr gut ausgedacht«, erklärte der Junge. »Er hatte seinen Plan. Es ging darum, die Kolumbianer glauben zu machen, daß ich den Chancho umgebracht hatte, um mich bei ihnen beliebt zu machen. Der
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