Tod in den Anden
Traum Iscariotes war, für die internationale Mafia zu arbeiten und eines Tages nach New York zu gehen.«
»So machen wir das Beste daraus, für dich und sogar für mich«, sagte Iscariote vergnügt. »Wirst du zu deinem Paten gehen und es ihm sagen, Carreñito?«
»Ich versprech dir, ich gehe hin, Dicker. Daß wir in Lima nur ja nicht die Verbindung verlieren!«
»Wenn du überhaupt hinkommst«, sagte Iscariote.»Das ist noch nicht raus. Du wirst mich nicht jedesmal als Schutzengel haben, wenn du eine Dummheit machst.«
»Dieser Dicke wird allmählich interessanter als deine Orgien mit der Piuranerin«, rief Lituma. »Erzähl mir mehr von ihm.«
»Ein phantastischer Kerl, Herr Korporal. Und auch ein phantastischer Freund.«
»Bis zur Abfahrt solltet ihr euch besser nicht so unanständig in der Öffentlichkeit aufführen«, empfahl ihnen Iscariote. »Hat man dir das nicht beigebracht, als du die Uniform angezogen hast?«
»Von was für einer Uniform redet er?« fragte Mercedes Tomás erneut, inzwischen leicht gereizt.
Der dicke Iscariote brach in Lachen aus und wandte sich unvermittelt an die Frau:
»Was hast du mit meinem Freund gemacht, daß er sich so verknallt hat? Was ist dein Geheimnis?«
»Was war es? Was?« unterbrach ihn Lituma. »Die Hundenummer?«
Aber Mercedes hörte nicht auf ihn und fragte den Jungen noch einmal:
»Was ist das für eine Geschichte mit der Uniform, was soll das heißen?«
»Sie ist deine Braut, und du hast ihr noch nicht gesagt, daß du Gendarm bist?« sagte Iscariote spöttisch. »Du hast vielleicht ein schlechtes Geschäft gemacht, Schwester. Einen Big Boß der Unterwelt gegen einen simplen Bullen einzutauschen.«
»Der Typ hatte recht, Tomasito.« Lituma lachte laut.
»Die Piuranerin hat ein sauschlechtes Geschäft gemacht.«
V
»Soll das heißen, wir sind verhaftet?« fragte Señora Adriana.
Es goß in Strömen; durch das Getrommel der dicken Tropfen auf dem Wellblechdach war ihre Stimme kaum zu hören. Sie saß auf dem Boden, auf einem Schaffell, und starrte den Korporal an, der sich auf einer Ecke des Schreibtischs niedergelassen hatte. Dionisio stand neben ihr, mit abwesendem Gesichtsausdruck, als ginge ihn nichts von dem, was um ihn herum geschah, etwas an. Er hatte blutunterlaufene Augen, und sein Blick war glasiger als gewöhnlich. Der Gendarm Carreño, der ebenfalls stand, lehnte sich gegen den Kleider- und Waffenschrank.
»Es bleibt mir nichts anderes übrig, verstehen Sie doch«, sagte Lituma. Diese Andenunwetter mit Blitz und Donner machten ihn nicht froh; nie hatte er sich an sie gewöhnen können. Immer schien ihm, als würden sie heftiger und heftiger werden und sich zu einer Katastrophe auswachsen. Es machte ihn auch nicht froh, den betrunkenen Kantinenwirt und die Hexe festgenommen zu haben. »Das beste wäre, Sie würden uns die Sache erleichtern, Doña Adriana.«
»Und warum sind wir verhaftet?« beharrte sie, ohne die Ruhe zu verlieren. »Was haben wir getan?«
»Sie haben mir nicht die Wahrheit gesagt über Demetrio Chanca, oder besser gesagt, Medardo Llantac. So hieß doch der Vorarbeiter, nicht wahr?« Lituma holte das Funktelegramm hervor, das er als Antwort auf seine Nachfrage aus Huancayo erhalten hatte, und wedelte damit vor dem Gesicht der Frau hin und her. »Warum haben Sie mir nicht gesagt, daß er der Bürgermeister von Andamarca war, der dem Massaker der Sendero-Leute entkommen ist? Sie wußten, warum dieser Mann sich hier versteckt hatte.«
»Das wußte ganz Naccos«, sagte die Frau ruhig. »Zu seinem Unglück.«
»Und warum haben Sie es mir nicht gesagt, als ich Sie das letzte Mal verhört habe?«
»Weil Sie nicht danach gefragt haben«, erwiderte die Frau, mit derselben Ruhe. »Ich habe geglaubt, Sie wüßten es auch.«
»Nein, ich wußte es nicht, denken Sie nur.« Lituma hob die Stimme. »Aber jetzt, da ich es weiß, weiß ich auch, daß Sie sich nach Ihrem Streit mit ihm leicht an dem armen Kerl rächen konnten, indem Sie ihn an die Terroristen verrieten.«
Doña Adriana betrachtete ihn eine gute Weile voll mitleidiger Ironie, die hervorstehenden Augen fest auf ihn gerichtet. Schließlich brach sie in Lachen aus.
»Ich verkehre nicht mit den Sendero-Leuten«, rief sie sarkastisch. »Die mögen uns noch weniger als Medardo Llantac. Die haben ihn nicht umgebracht.«
»Wer dann?«
»Ich hab es Ihnen doch schon gesagt. Das Schicksal.«
Lituma hatte Lust, auf sie einzuschlagen, auf sie und den Säufer von Ehemann. Nein, sie
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