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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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dich, Dicker«, sagte Carreño.
    »Er hatte mehr als recht«, nickte Lituma. »Bestimmt haben sie dich in Tingo Maria, in Lima, überall gesucht. Und du schwimmst in Wonne.«
    »Man hat nur ein Leben, und das soll man leben, Herr Korporal«, sagte Tomás. »Und ich lebte es mit Volldampf seit der vergangenen Nacht, zusammen mit meiner großen Liebe. Was bedeutete mir der Chancho, was machte es mir aus, daß man mich suchte oder mich einlochte. Wer würde mir dieses Glück jetzt noch nehmen können?«
    Dem dicken Iscariote traten die Augen aus den Höhlen, und er fuchtelte wütend mit dem Korb voller Maispasteten herum. »Du kannst doch nicht so ahnungslos sein, Carreño.«
    »Du hast recht, Dicker. Reg dich nicht so auf. Soll ich dir was sagen? Ich freu mich mächtig, dich zu sehen. Ich hab geglaubt, ich würde dich nie mehr sehen.«
    Iscariote trug Sakko und Krawatte, aber das Hemd war ihm zu eng; er bewegte seinen Hals hin und her und schien sich von ihm befreien zu wollen. Sein aufgedunsenes Gesicht, auf dem Schweiß glänzte, hatte schwarze Bartpünktchen. Er schaute sich beunruhigt um. Die Schuhputzer beobachteten ihn voll Neugier, und ein Landstreicher, der auf einer Bank lag und an einer Limone lutschte, streckte ihm bettelnd dieHand entgegen. Der Dicke ließ sich auf der Bank nieder, neben Mercedes. Aber er stand sogleich wieder auf, als hätte er einen elektrischen Schlag erhalten.
    »Hier sehen uns alle.« Er zeigte auf das Hotel de Turistas. »Besser dort, in Zimmer 27. Geht einfach rauf, ohne zu fragen. Ich bin einen Augenblick rausgegangen, um Maispasteten zu kaufen.«
    Er entfernte sich mit großen Schritten, ohne sich noch einmal umzuwenden. Sie warteten ein paar Minuten und folgten ihm, nachdem sie einen Umweg um den Platz gemacht hatten. Im Hotel zeigte ihnen eine Frau, die das Vestibül wischte, die Treppe. Die Tür des Zimmers 27 war geschlossen, und Carreño öffnete sie, nachdem er angeklopft hatte.
    »Er war dick, er fraß wie ein Tier und bewachte den Narco«, schloß Lituma. »Das ist das einzige, was du mir über Iscariote gesagt hast.«
    »Er gehörte irgendwie zur Polizei«, sagte sein Amtshelfer. »Mein Pate hatte ihn mir vorgestellt, ich habe nie viel über sein Leben gewußt. Er hat auch nicht die ganze Zeit für den Chancho gearbeitet. Nur stundenweise, wie ich.«
    »Schließ ab«, befahl der Dicke, ohne mit dem Kauen aufzuhören. Er hatte sich das Sakko ausgezogen, saß auf dem Bett, mit dem kleinen Korb zwischen den Beinen, und aß die Maispasteten aus der Hand. Er hatte sich das Taschentuch wie eine Serviette um den Hals gebunden. Tomás setzte sich neben ihn, und Mercedes ließ sich auf dem einzigen Stuhl desZimmers nieder. Durch das Fenster waren die dichten Kronen der Bäume des Platzes und der alte Pavillon mit seiner abgeblätterten Balustrade zu sehen. Ohne ein Wort zu sagen, reichte Iscariote ihnen den Korb, in dem noch ein paar Maispasteten lagen. Sie lehnten ab.
    »Früher haben sie sie besser gemacht«, sagte der Dicke, während er sich eine halbe Pastete in den Mund stopfte. »Darf man wissen, was du in Huánuco machst, Carreñito?«
    »Wir fahren heute nachmittag, Dicker.« Tomás klopfte ihm auf das Knie. »Sie sind vielleicht nicht sehr gut, aber wie du sie verschlingst.«
    »Es sind die Nerven, sie machen mich hungrig. Mensch, mir haben sich die Haare gesträubt, als ich dich auf dem Platz gesehen habe. Na ja, um ehrlich zu sein, alles macht mich hungrig.«
    Er war mit dem Essen fertig. Er stand auf und holte eine Schachtel helle Zigaretten aus seinem Sakko. Er zündete sich eine an.
    »Ich habe mit meiner Kontaktperson telefoniert, mit dem, den sie Mameluco nennen«, sagte er, Ringe in die Luft blasend. »Ich hab die Katze aus dem Sack gelassen. Daß man den Chef abgeknallt hat und daß du mit der Frau verschwunden bist. Er kriegte einen Schluckauf, der nicht mehr aufhörte. Wie hat er wohl reagiert, glaubst du? ›Er hat sich also an die Kolumbianer verkauft. Und die Nutte auch, bestimmt‹« In Iscariotes Gesicht spielte ein halbes Lächeln, und plötzlichfror ihm das Lächeln fest: »Haben dich die Kolumbianer bezahlt, Carreñito?«
    »Er war ein bißchen wie Sie, Herr Korporal, es ging ihm nicht in den Kopf, daß jemand nur aus Liebe töten konnte.«
    »Iscariote, Mameluco, der Chancho«, sagte Lituma lachend. »Namen wie im Kino.«
    Der Dicke nickte, mit mißtrauischer Miene. Hinter einer neuen Reihe von Rauchringen musterten seine kleinen Schlitzaugen, halb

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