Tod in den Anden
Posten. Und wenn ich auf mich warten lasse, dann betest du ein Vaterunser für mich.«
»Es besteht keine Gefahr, Korporal«, beruhigte ihn Francisco López. »Ich bin mit dem Jeep gekommen. Ich mußte ihn stehen lassen, wo die Piste aufhört. Es ist nicht so weit, weniger als eine Stunde, wenn man rasch geht. Mich hat nur der Wolkenbruch überrascht. Ich werde Sie zurückbringen, sobald Sie mit den Formalitäten fertig sind.«
Francisco López arbeitete schon drei Jahre in La Esperanza, die ganze Zeit im Sicherheitsbereich. Es war der zweite Überfall, den sie erlebten. Beim ersten, vor sechs Monaten, hatte es keine Opfer gegeben, aber sie hatten ebenfalls Sprengstoff, Kleidung, Nahrungsmittelvorräte und die ganze Apotheke des Bergwerks mitgenommen.
»Ein Glück, daß die Ingenieure sich verstecken konnten«, erklärte der Bergarbeiter, während er in kleinen Schlucken den Kaffee schlürfte. »Und auch ein Gringo, ein Freund von ihnen, der zu Besuch ist. Sie sind in die Wassertanks raufgestiegen. Wenn sie sie gefundenhätten, wären sie jetzt kalt. Ingenieure, Verwalter und leitende Angestellte kommen nie davon. Und Ausländer natürlich noch weniger.«
»Vergessen Sie die Polizisten nicht«, sagte Lituma mit hohler Stimme.
Francisco López scherzte:
»Man muß Ihnen ja nicht unnötig Angst einjagen. Den Hilfsarbeitern dagegen tun sie nichts, es sei denn, sie halten sie für Streikbrecher.«
Er sprach mit der größten Selbstverständlichkeit, als wäre es normal, daß solche Dinge geschehen, als wäre es immer so gewesen. Vielleicht hatte er recht, verdammte Scheiße.
»Wegen der ganzen Geschichten, die passieren, heißt es, daß La Esperanza stillgelegt wird«, fügte López hinzu, während er auf die Tasse blies und weiter schlürfte. »Die Ingenieure wollen nicht mehr kommen. Und die Revolutionssteuern treiben die Kosten zu sehr in die Höhe.«
»Wenn sie Steuern zahlen, warum überfallen sie sie dann?« fragte Lituma.
»Das fragen wir uns alle. Es hat keine Logik.«
Er blies noch immer auf die Tasse und trank seinen Kaffee in kleinen Schlucken, als wäre auch diese Unterhaltung die normalste Sache der Welt.
Daß er strohfarbenes Haar und helle, durchsichtige Augen hatte, war für Casimiro Huarcaya in seiner Kindheit ein Alptraum gewesen. Weil in Yauli, demkleinen Dorf in den Anden, in dem er geboren wurde, alle dunkelhaarig waren und vor allem weil seine eigenen Eltern und Geschwister ebenfalls schwarzes Haar, braune Gesichter und dunkle Augen hatten. Woher war dieser Albino in der Familie Huarcaya gekommen? Die Scherze, die seine Kameraden in der kleinen staatlichen Schule mit ihm trieben, hatten zur Folge, daß Casimiro sich oft prügeln mußte, denn trotz seines gutartigen Wesens geriet er in rasende Wut, wenn man, um ihn zu reizen, andeutete, sein richtiger Vater sei nicht sein Vater, sondern irgendein Fremder, der durch Yauli gekommen sei, oder der Teufel persönlich, der, wie man in den Anden weiß, seine Missetaten auf Erden bisweilen in Gestalt eines hinkenden Fremden verübt, der die Züge eines Gringo trägt.
Casimiro wurde außerdem den Gedanken nicht los, daß sein eigener Vater, der Böttcher Apolinario Huarcaya, ebenfalls Argwohn über seine Herkunft hegte, weil er sicher war, daß seine Eltern sich wegen ihm gestritten hatten, und weil Apolinario, der seine Brüder und Schwestern gut behandelte, ihm nicht nur die mühsamsten Arbeiten auflud, sondern ihm auch bei der geringsten Nachlässigkeit mit Peitschenhieben zu Leibe rückte.
Doch trotz der Scherze seiner Schulkameraden und des schlechten Verhältnisses zu seiner Familie wuchs Casimiro ohne Minderwertigkeitsgefühle heran, stark, geschickt mit den Händen, wach und vollLebensfreude. Seit er denken konnte, hatte er davon geträumt, rasch zu wachsen, um Yauli mit einer großen Stadt wie Huancayo, Pampas oder Ayacucho zu vertauschen, wo sein strohfarbenes Haar und seine hellen Augen die Neugier der Leute weniger auf sich lenken würden.
Kurz vor seinem fünfzehnten Geburtstag verließ er sein Dorf heimlich mit einem Handelsreisenden, dem er jedesmal, wenn er nach Yauli kam, half, seine Waren ein- und auszuladen und auf dem Markt zu verkaufen. Don Pericles Chalhuanca besaß ein kleines, uraltes, von unzähligen Ausbesserungen notdürftig zusammengehaltenes Lastauto, mit dem er sämtliche Indiogemeinschaften und Bauerndörfer der mittleren Anden abklapperte, in denen er Produkte der Stadt verkaufte – Heilmittel,
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