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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Bislang habe ich ja auch keine so schöne Frau gekannt.«
    »Es könnte Mechita sein, im Leben gibt’s diese Zufälle. Hast du ein Foto von ihr?«
    »Wir hatten nicht mal Zeit, uns zusammen fotografieren zu lassen«, klagte der Gendarm. »Sie ahnen ja nicht, wie leid mir das tut. Das wäre vielleicht toll, wenn ich sie außer in meiner Erinnerung auch auf einem Foto sehen könnte.«
    »Ich hatte ihn erst vor ein paar Wochen kennengelernt. In einem Klub in Barranco. Er kam, um mich in der Show zu sehen. Er hat mich zu sich nach Hause mitgenommen, in Chacarilla del Estanque. Was für ein Haus! Er machte mir Geschenke. Er wollte mir eine Wohnung einrichten. Das Blaue vom Himmel. Alles, unter der Bedingung, daß ich nur mit ihm zusammen wäre. So kam das mit der verfluchten Reise nach Pucallpa. Verbring das Wochenende mit mir, so lernst du den Urwald kennen. Und das hab ich getan. Und zu meinem Unglück bin ich auch mit nach Tingo María.«
    Der Junge war sehr ernst geworden.
    »Und hat dich der Chancho gleich beim ersten Mal geschlagen, als du mit ihm ins Bett gegangen bist?«
    Er bereute sogleich, diese Frage gestellt zu haben.
    »Willst du Rechenschaft von mir?« sagte sie verärgert.
    »Glaubst du im Ernst, du bist jetzt mein Liebhaber oder mein Ehemann?«
    »Ich sehe, daß wir unseren ersten Streit haben«, sagte der Junge beschwichtigend. »Das passiert jedem Paar. Reden wir nicht mehr darüber. Zufrieden?«
    Sie schwiegen eine Weile, und Carreño bestellte zwei Tassen Tee. Während sie ihn tranken, sprach Mercedes wieder. Ohne Zorn, aber mit Bestimmtheit.
    »Ich habe zwar gesehen, wie du einen Typen umgebracht hast, aber du scheinst ein gutherziger Mensch zu sein. Deshalb sag ich’s dir zum letzten Mal, Carreñito. Es tut mir leid, daß du dich in mich verliebt hast. Ich kann deine Gefühle nicht erwidern. So bin ich nun mal. Ich habe vor langer Zeit beschlossen, mich an niemanden zu binden. Warum, glaubst du wohl, hab ich nicht geheiratet? Deshalb. Ich habe nur Freunde ohne feste Bindung gehabt, wie den Chancho. So sind alle meine Beziehungen gewesen. Und so werden sie weiter sein . . .«
    »Bis wir in die Vereinigten Staaten gehen«, unterbrach er sie.
    Mercedes lächelte schließlich.
    »Wirst du eigentlich nie böse?«
    »Dir werde ich nie böse sein. Du kannst mir weiterhin die schrecklichsten Dinge sagen.«
    »Wirklich, du verdienst dir die Sporen«, räumte Mercedes ein.
    Der Junge bezahlte die Rechnung. Beim Hinausgehen sagte Mercedes, sie wolle in ihrer Wohnung anrufen.
    »Ich habe sie einer Freundin überlassen, während ich in der Selva war.«
    »Sag ihr nicht, von wo du sie anrufst, mach ihr auch keine Angaben darüber, wann du zurückkommst.«
    Das Telefon stand neben der Kasse, und Mercedes mußte sich unter der Theke hindurchzwängen. Während sie sprach, wußte Carreño, obwohl er nicht hörte, was sie sagte, daß sie schlechte Nachrichten erhielt. Sie kam mit blassem Gesicht auf ihn zu; ihr Kinn zitterte.
    »Zwei Typen sind gekommen, um nach mir zu fragen; sie haben von meiner Freundin wissen wollen, wo ich bin. Sie waren von der Polizei, sie haben ihr die Ausweise gezeigt.«
    »Was hast du ihr gesagt?«
    »Ich würde aus Tingo María anrufen und daß ich ihr alles später erklären würde«, sagte Mercedes. »Was mach ich jetzt bloß, mein Gott.«
    »Und was ist aus dieser Meche geworden, die Ihr Freund der Lesbierin verkauft hat, um weiter Poker spielen zu können?«
    »Sie hat sich in Rauch aufgelöst, man hat nie wieder was gehört«, erwiderte Lituma. »Ein Geheimnis, über das ganz Piura gerätselt hat.«
    »Jetzt schläfst du erst mal und vergißt das alles«, sagte der Junge. »Niemand wird uns bei Tante Alicia suchen. Ruhig, mein Schatz.«
    »Und die Chunga wollte uns nie ein Wort darüber sagen, was aus Mechita geworden war.«
    »Die Verschwundenen verfolgen Sie anscheinend, Herr Korporal. Geben Sie Dionisio und Doña Adriana nicht allzusehr die Schuld, auch nicht den Terroristen oder den pishtacos. Wie ich die Sache sehe, könnten Sie für dieses Verschwinden verantwortlich sein.«

VII
    Francisco López holte Lituma noch im Dunkeln aus seinem unruhigen Schlaf: Sie würden sofort aufbrechen, denn er mußte vor Einbruch der Dunkelheit in La Esperanza zurück sein. Er hatte Kaffee gemacht und Brot im Ofen geröstet. Die Ingenieure und der Professor schliefen noch, als sie die Fahrt Richtung Naccos antraten.
    Sie hatten drei Stunden für die Herfahrt benötigt, aber die Rückfahrt

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