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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Säufer und Herumtreiber der schlimmsten Sorte. Gewürfelt. Das war mein Milieu, da komme ich her. Ich habe mich ganz allein hochgerappelt, niemand hat mir geholfen. Und ich war dabei, auszusteigen, bis du mir über den Weg gelaufen bist. Du hast mich wieder hinuntergestoßen, Carreñito.«
    »Wer sagt’s denn, endlich hab ich es geschafft, daß Sie die pishtacos , die Augenschneider und Doña Adriana und Dionisio einmal vergessen, Herr Korporal.«
    »Na ja, ich habe vor Jahren etwas Ähnliches erlebt, deshalb fiel es mir auf«, antwortete Lituma. »Hat man in ihrer Heimat, in Piura, um sie gewürfelt?«
    »Sie hat mir weder wo noch wie gesagt. Nur daß. Mir standen die Haare zu Berge. Um sie gewürfelt, wie um eine Sache. Um meine Liebste!«
    »Hat sie dir nicht gesagt, daß es in einer kleinen Bar war, die einer gehörte, die sie La Chunga nannten, in der Nähe des Fußballstadions von Piura?«
    »Sie wollte mir nicht mehr erzählen. Nur das, um mir zu zeigen, wie weit sie es im Leben gebracht hatte, seit ihren Anfängen. Und daß ich sie zurückgeworfen hatte, mit meinem Mord am Chancho.«
    »Wie seltsam«, sagte Lituma. »In dieser Bar habe ich gesehen, wie einer meiner Freunde, einer der Unbezwingbaren, von denen ich dir erzählt habe, sein Mädchen an die Chunga verkaufte, damit er weiter Poker spielen konnte. Und was, wenn die Piuranerin deinerund meiner Geschichte dieselbe wäre? Bist du sicher, daß die Liebe deines Lebens Mercedes heißt und nicht Meche?«
    »Na ja, die Mercedes heißen, werden alle Meche genannt, Herr Korporal.«
    »Auch deshalb fällt mir die Vorstellung schwer, ein Leben im Versteck zu führen«, sagte sie. »Das alles hatte ich hinter mir gelassen. Ich will zu mir nach Hause und in meinem schön sauberen Badezimmer baden. Mich umziehen und dieses dreckige Zeug vom Leib kriegen, das ich seit fünf Tagen trage.«
    Sie wollte noch etwas sagen, aber in diesem Augenblick trat der chinesische Kellner mit dem Essen heran, und Mercedes schwieg. Als dieser sie fragte, ob sie mit Messer und Gabel oder mit Stäbchen essen wollten, sagte Carreño, mit Stäbchen.
    »Ich werde dir beibringen, wie die Chinesen zu essen, mein Schatz. Es ist kinderleicht. Wenn du es lernst, kannst du mit den Stäbchen das gleiche machen wie mit Messer und Gabel.«
    »Alles lief bestens«, sagte sie, während sie aßen. »Ich habe gespart, um in die Vereinigten Staaten zu gehen. Eine Freundin in Miami wollte dort Arbeit für mich finden. Und jetzt steh ich wieder mit leeren Händen da.«
    »Meche, Mercedes, was für ein Zufall, Sie haben recht«, sagte Tomás. »Es könnte ein und dieselbe Person sein, warum nicht. Das wär ein Grund, um an Wunder zu glauben. Oder an pishtacos. Nur, daß Sie mir jetzt sagen müssen . . .«
    »Du kannst beruhigt sein, ich habe Meche nie aufs Kreuz gelegt, Tomasito. Leider. Sie war das hübscheste Mädchen von Piura, das schwör ich dir.«
    »Wenn du in die Vereinigten Staaten gehen willst, dann gehen wir dorthin«, versprach ihr der Junge. »Ich weiß, wie man ohne Visum reinkommt, über Mexiko. Einer, den ich kenne, ist dabei, durch dieses Geschäft zum Millionär zu werden.«
    »Darf man wissen, wie hoch der Lohn eines Gendarmen ist?« sagte sie und schaute ihn mitleidig an. »Gerade ein bißchen mehr als das, was ich meiner Hausangestellten bezahle, nehme ich an.«
    »Vielleicht weniger als das«, sagte er lachend. »Warum glaubst du, muß ich Nebenjobs machen und auf Schweine aufpassen, während die mit ihren Mädchen in Tingo María das große Leben führen?«
    Sie aßen eine ganze Weile schweigend und tranken die Flasche Bier zu Ende. Danach bestellten sie Eis, und der Junge zündete sich eine Zigarette an. Er blies Ringe in die Luft, zur Zimmerdecke hin.
    »Das Witzige an der Sache ist, daß du auch noch froh zu sein scheinst«, sagte sie.
    »Ich bin froh«, sagte er, während er ihr eine Kußhand zuwarf. »Willst du wissen, warum?«
    Gegen ihren Willen lächelte Mercedes.
    »Ich weiß schon, was du mir sagen wirst.« Sie schaute ihn mit jenem Blick an, von dem Carreño nicht wußte, ob er Kummer oder Verachtung ausdrückte, und fügte hinzu: »Auch wenn du mein Leben ruiniert hast, ich kann nicht wütend auf dich sein.«
    »Das ist doch was«, sagte er erfreut. »So fängt’s an, und am Ende verknallt man sich.«
    Sie lachte, aufrichtiger als zuvor.
    »Hast du dich schon oft verliebt?«
    »Nie wie jetzt«, erklärte der Junge mit Bestimmtheit.
    »Nie in jemanden wie dich.

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