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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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auch Gefallen am Blut. »Mach endlich Schluß, Chancho, du Dreckskerl, dachte ich«, fuhr Tomás fort. »Verlustier dich, leer dich aus, schlaf ein. Aber er machte weiter.«
    »Es reicht, papacito. Nicht mehr«, bat ihn die Frau von Zeit zu Zeit.
    Der Junge schwitzte und fühlte Beklemmungen. EinLastwagen donnerte auf der Landstraße vorbei, seine gelblichen Lichter erleuchteten einen Augenblick das Blattwerk, die Baumstämme, die Felsen und den Schlamm des Wassergrabens. Mit der Dunkelheit kehrten die phosphoreszierenden Punkte zurück. Tomás hatte nie einen Leuchtkäfer gesehen und stellte sie sich wie kleine fliegende Lampen vor. Wenn doch wenigstens der dicke Iscariote bei ihm wäre und er mit ihm plaudern, witzeln und ihm zuhören könnte, wie er von seinen Freßgelagen erzählte, dann würde die Zeit rasch vergehen. Er müßte nicht hören, was er hörte, oder sich vorstellen, was er sich vorstellte.
    »Und jetzt werde ich dir diese Eisenlatte bis zum Hals reinrammen«, stieß der Mann hervor, verrückt vor Glück. »Damit du schreist wie deine Mutter, als sie dich geboren hat.«
    Lituma kam es vor, als hörte er das geile Gekichere des Chancho, das Lachen eines Mannes, mit dem das Leben es gut meint und der immer bekommt, was er haben will. Ihn konnte er sich leicht vorstellen, sie nicht; die Frau war eine gesichtslose Gestalt, eine Form, die keine konkreten Umrisse annahm.
    »Wenn Iscariote bei mir gewesen wäre und mit mir geredet hätte, hätte ich vergessen, was in dem Haus passierte«, sagte Tomás. »Aber der Dicke bewachte den Weg, und ich wußte, daß nichts ihn dazu bringen könnte, seinen Posten zu verlassen, daß er die ganze Nacht dort stehen und von Leckerbissen träumen würde.«
    Die Frau schrie erneut, und dieses Mal ging ihr Schrei in Weinen über. Ob diese halbdumpfen Schläge Fußtritte waren?
    »Bei allem, was dir lieb ist«, flehte sie ihn an.
    »In diesem Augenblick wurde mir klar, daß ich schon den Revolver in der Hand hielt«, sagte der Junge, die Stimme senkend, als könnte ihn jemand hören. »Ich hatte ihn aus dem Halfter geholt und spielte mit ihm herum, bewegte den Abzug, drehte die Trommel. Ohne daß ich es gemerkt hätte, ich schwör es Ihnen.«
    Lituma drehte sich zur Seite, um ihn anzusehen. Auf der benachbarten Pritsche war das Profil Tomasitos kaum zu erkennen, es verschwamm in der schwachen Helligkeit der Sterne und des Mondes, die durch das Fenster drang.
    »Was hattest du vor, du Trottel?«
    Er war die kleine hölzerne Außentreppe auf Zehenspitzen hinaufgestiegen und hatte ganz langsam die Haustür aufgestoßen, bis er den Widerstand der Querstange fühlte. Es war, als hätten Hände und Beine sich unabhängig von seinem Kopf gemacht. »Nicht mehr, papacito «, bat die Frau monoton. Die Schläge fielen in größeren Abständen, gedämpft, und jetzt hörte der Junge das Keuchen des Chancho. Die Tür hatte kein Schloß. Kaum drückte er den Körper dagegen, gab sie auch schon nach: das Knarren vermischte sich mit den Schlägen und den flehenden Worten. Als sie mit einem quietschenden Geräusch weit aufsprang, hörten das Wimmern und die Schläge auf, und es explodierteein Fluch. Tomás sah den nackten Mann, der sich fluchend im Dunkeln herumwälzte. Eine Petroleumlampe hing an einem Nagel an der Wand. Verrückt gewordene Schatten tanzten. Der Typ hatte sich im Moskitonetz verheddert und versuchte sich mit den Händen fuchtelnd zu befreien; Tomás sah die entsetzten Augen der Frau.
    »Schlagen Sie sie nicht mehr, Señor«, flehte er. »Ich erlaube es nicht.«
    »So einen Schwachsinn hast du gesagt?« spottete Lituma. »Und ihn obendrein auch noch mit Señor angeredet?«
    »Ich glaube nicht, daß er mich gehört hat«, sagte der Junge. »Vielleicht hatte ich gar keine Stimme, vielleicht habe ich es nur in Gedanken gesagt.«
    Der Mann fand, was er suchte, und als er sich halb aufgerichtet hatte, verheddert im Moskitonetz, behindert von der Frau, zielte er auf ihn, noch immer mit lauter Stimme fluchend, als wollte er sich Mut machen. Tomás kam es vor, als würden die Schüsse knallen, bevor er auf den Abzug gedrückt hatte, aber nein, es war seine Hand, die zuerst schoß. Er hörte den Mann aufheulen und sah, wie er nach hinten fiel, wobei er die Pistole losließ und sich zusammenkrümmte. Der Junge machte zwei Schritte auf das Bett zu. Chanchos Körper war zur Hälfte auf der anderen Seite heruntergeglitten. Seine Beine lagen verrenkt auf dem Laken. Er war still. Nicht er,

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