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Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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die rundliche Frau, die unter diesen forschenden Augen unruhig wurde.
    «Was… was verlangt Monsieur noch zu wissen?»
    «Mademoiselle Grandier, ist Ihnen bekannt, wer Ihre Herrin ermordet hat?»
    «Nein. Ich schwöre es bei Gott, dem Allmächtigen.»
    «Gut.» Wieder ließen Poirots durchdringende Augen die Frau nicht los. «Ich glaube Ihnen. Doch Wissen ist eine Sache und Verdacht eine andere. Haben Sie eine Idee, nur eine ganz schwache, wer es gewesen sein könnte?»
    «Nein. Ich habe es bereits dem Inspektor gesagt.»
    «So…? Meinen Sie nicht, dass ein gewisser Unterschied darin besteht, ob man zu einem Polizeibeamten oder zu einem Privatmann spricht?»
    «Vielleicht.» Ein Ausdruck der Unentschlossenheit trat in Elises Augen, und Poirot, dem dies nicht entging, beugte sich zu ihr hinüber.
    «Soll ich Ihnen etwas sagen, Mademoiselle Grandier? Es gehört zu meinen Gepflogenheiten, nichts zu glauben, was man mir erzählt – das heißt, nichts, was nicht bewiesen wird. Ich verdächtige nicht erst diese und hernach jene Person; ich verdächtige jeden. Jeden, der mit einem Verbrechen auch nur im leisesten Zusammenhang steht, betrachte ich als einen Verbrecher, bis die betreffende Person sich als unschuldig erweist.»
    «Wollen Sie etwa sagen, dass Sie mich… mich in Verdacht haben, Madames Mörder zu sein?», fauchte Elise Grandier los. «Oh, das ist stark! Solch ein Gedanke ist eine unglaubliche Bösartigkeit!» Ihr voluminöser Busen hob und senkte sich stürmisch. «Eine hundsgemeine Niederträchtigkeit!»
    «Nein, Mademoiselle Elise», erwiderte Poirot ruhig. «Des Mordes verdächtige ich Sie nicht. Der Mörder ist unter den Passagieren des Flugzeugs zu suchen. Aber Sie könnten sein Helfershelfer gewesen sein, indem Sie irgendwem Einzelheiten über Madame Giselles Reise zukommen ließen.»
    «Monsieur, ich bin unschuldig! Ich schwöre, dass ich nichts dergleichen getan habe.»
    Abermals musste Elise Grandier Poirots Blicken standhalten, und es dauerte ein Weilchen, bis er ihr zunickte.
    «Ich glaube Ihnen. Trotzdem verheimlichen Sie irgendetwas, Mademoiselle. O ja, leugnen Sie es nicht…! In jedem Kriminalfall spielt sich beim Verhör von Zeugen derselbe Vorgang ab. Jeder hält irgendetwas zurück. Bisweilen ist es etwas ganz Harmloses, das mit dem Verbrechen gar nichts zu tun hat. Doch – ich wiederhole – etwas gibt es immer. Sie, Mademoiselle, machen von der Regel keine Ausnahme. Still, still, nicht leugnen! Ich bin Hercule Poirot und weiß, was ich sage. Als mein Freund Fournier Sie vorhin ausfragte, wurden Sie gelegentlich unsicher. Auch jetzt können Sie mir nicht offen in die Augen sehen. Also, was haben Sie der Polizei bisher an Tatsachen oder Sonstigem verschwiegen?»
    «Nichts von Bedeutung.»
    «Wollen Sie mir nicht auch das Unbedeutende mitteilen? Erinnern Sie sich, dass ich nicht im Dienste der Polizei stehe», setzte er hinzu, als sie zauderte.
    Elise Grandier starrte auf das Teppichmuster.
    «Ich… ich befinde mich in einer schwierigen Lage, Monsieur, und ich möchte in Madames Sinn handeln.»
    «Vier Augen sehen oft mehr als zwei, Mademoiselle. Wollen Sie mich nicht um Rat fragen? Wollen wir nicht gemeinsam das Problem angehen?»
    Die Frau hob jetzt den Blick, immer noch unschlüssig.
    «Sie sind ein treuer Wachhund, Mademoiselle Elise», lächelte Hercule Poirot. «Nicht wahr, es ist eine Frage der Loyalität gegenüber Ihrer toten Herrin?»
    «Ja. Madame vertraute mir. Von dem Tag an, da ich in ihren Dienst trat, habe ich alle ihre Anweisungen getreulich ausgeführt.»
    «Aus Dankbarkeit für eine große Hilfe?»
    «Oh, Monsieur ist scharfsinnig! Ja. Warum soll ich es abstreiten? Ich war betrogen und um meine Ersparnisse geprellt worden – und hatte ein Kind. Madame war gut zu mir. Sie brachte das Kind bei Bauern unter, auf einem schönen Hof und bei rechtschaffenen Leuten. Und bei dieser Gelegenheit erwähnte sie auch, dass sie selbst Mutter sei.»
    «Weihte sie Sie in die Einzelheiten ein?»
    «Nein. Sie sprach davon wie von einem Teil ihres Lebens, der vorüber und abgeschlossen ist. Für das kleine Mädchen sei gut gesorgt. Es würde einen Beruf erlernen und später nach Madames Tod deren Geld erben.»
    «Vom Vater des Kindes sprach sie nicht?»
    «Nein. Ich habe aber das Gefühl, dass er Engländer gewesen ist.»
    «Was veranlasst Sie dazu?»
    «Eigentlich nichts Bestimmtes, Monsieur. Es lag nur immer eine gewisse Bitterkeit in Madames Stimme, wenn sie die Engländer erwähnte,

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