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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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unterbrach als
Erster die Gedankengänge der drei Männer. »Da kommt ein kleines Mädchen nicht
zur Schule, was eine aufmerksame Lehrerin zu dem eher ungewöhnlichen Schritt
veranlasst, sich informell an die Polizei zu wenden. Wir stoßen auf eine
eheliche Zerrüttung, wie tief die auch immer sein mag, die eine Folge der
Arbeitslosigkeit des Mannes zu sein scheint. Zwei Hinweise, von Herrn Dahl und
der Kollegin in der Bäckerei, deuten auf einen unbekannten Mann hin, der als
Türke bezeichnet wird, aber niemand kennt diesen Unbekannten näher. Gehört ihm
das dritte Glas, das wir in der Küche gefunden haben? Die Wohnung sieht so aus,
als wäre sie nur vorübergehend verlassen worden, ein ganz alltäglicher Vorgang.
Es gibt keine Indizien dafür, dass Frau Dahl mit ihrer Tochter eine längere
Abwesenheit geplant hat.«
    Christoph trank einen Schluck Bier, bevor er fortfuhr: »Der Ehemann legt ein eigentümliches und schon gar nicht kooperatives Verhalten
an den Tag. Die Rückfrage bei den Verwandten ist eine Fehlanzeige. Weitere
Angehörige oder Freunde, zu denen Beziehungen bestehen könnten, gibt es laut
Herrn Dahl nicht. Der Einzige, der uns mit Informationen weitergeholfen hat,
war der betagte Nachbar, Herr Grün, mit einer objektiv nicht eindeutig
geklärten Vorbelastung, die aber auch bösartigen Denunziationen zuzuschreiben
wäre. Warum verlässt eine Mutter mit ihrer Tochter die Wohnung ohne triftigen
Grund? Und wo halten die beiden sich jetzt auf? Niemand hat sie gesehen, keiner
hat etwas gehört. Wo finden wir Ansatzpunkte für weitere Überlegungen?«,
schloss Christoph die Zusammenfassung dessen, was sie wussten, ab.
    »Tja«, antwortete Große Jäger nur und leerte mit einem
großen Schluck das vor ihm stehende Glas.
    Mommsen war den Ausführungen Christophs schweigend
gefolgt. Er hatte nur kurz zustimmend genickt, aber sich jeder Anmerkung enthalten.
Was hätte er auch sagen sollen? Zu diesem Zeitpunkt wussten sie einfach nicht
mehr.

ZWEI
    In den folgenden Tagen hatten sie noch einmal die
Nachbarn befragt, weitere Erkundigungen in der Bäckerei, in der Anne Dahl
beschäftigt war, eingezogen, mit Unterstützung der Lehrerin die
Klassenkameraden des kleinen Mädchens interviewt und mehr oder weniger
erfolglose Gespräche mit Peter Dahl geführt. Nichts! Niemand kannte einen
Grund, weshalb die junge Frau mit ihrer Tochter wie vom Erdboden verschluckt
war. Keiner hatte eine Idee, wo sie sich aufhalten könnte.
    Und nirgendwo erhielten sie einen weiteren Hinweis auf
den mysteriösen Mann in Anne Dahls Umgebung. Selbst die drei Gläser aus der
Spüle waren inzwischen kriminaltechnisch analysiert worden. Sie wiesen alle
Fingerabdrücke auf. Auf dem dritten Trinkgefäß fanden sich deutliche Abdrücke
einer männlichen Hand. Für diese gab es allerdings keine Einträge in ihrer
Zentralkartei. Das heißt, auch dort gab es keine Anhaltspunkte.
    Parallel zu ihren erfolglosen Bemühungen drängten
immer zwingender andere unerledigte Fälle auf Bearbeitung, sodass die
Vermisstenanzeige in den Hintergrund geriet.
    Christoph hatte die ersten Tage in Husum in einer
Pension gewohnt, war dann aber in die Berliner Straße, in eine kleine möblierte
Wohnung, gezogen. Er war jetzt bereits einige Wochen hier und pendelte an den
Wochenenden, wenn der Dienst es zuließ, zu seiner Familie in die
Landeshauptstadt. Bei seinen Besuchen in Kiel bemerkte er, dass die Gespräche zwischen
ihm und seiner Frau anders verliefen als früher. In der Vergangenheit, als man
sich täglich sah, hatten sie ein breites Themenspektrum zur Auswahl. Jetzt
stand weniger Zeit für das Gespräch zur Verfügung. Er hatte den Eindruck, seine
Frau zeigte nur ein eingeschränktes Interesse an seiner Arbeit, während er –
umgekehrt – sich dabei erwischte, dass er nur mit halbem Ohr bei der Sache war,
wenn sie etwas aus ihrem Alltag erzählte. Die durch seinen Einsatz in Husum
erzwungene Wochenendbeziehung tat seiner Ehe nicht gut. Über diese Erkenntnis
war er alles andere als glücklich.
    Die ersten grauen Regen- und Sturmtage waren einem
winterlichen Hoch gewichen, das einen strahlend blauen Winterhimmel mit sich
brachte. Die Temperaturen blieben auch tagsüber unterhalb des Gefrierpunktes.
Dabei war es aber trocken. Aber dann war das Hoch vorbeigezogen. Ihm folgte das
nächste Tiefdruckgebiet von Westen her. Es brachte tief liegende, rasch
durchziehende Wolken, verbunden mit dem allseits gegenwärtigen Grau, Sturm und
natürlich Regen. Der

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