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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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gefrorene Boden war wieder aufgetaut, und die
Trittfestigkeit auf unversiegelten Flächen war einem regendurchfeuchteten
Morast gewichen. In der Stadt selbst galt es nun, den stehenden Wasserlachen
möglichst elegant auszuweichen. Der Zuständigkeitsbereich der Husumer Polizei
umfasste aber die ganze Region Nordfriesland, sodass sich das Wetter und die
damit verbundenen Einschränkungen in der Beweglichkeit nachteilig auf die
tägliche Arbeit auswirkten.
    Christoph hatte sich relativ schnell in die für ihn
zuerst ungewohnte Umgebung eingearbeitet und erledigte mit wachsender Routine
die anstehende Arbeit. Das Team spielte dabei reibungslos mit. Jeder kannte
seine Aufgaben und erledigte sie in der ihm eigenen Art und Weise.
    Große Jäger schien – zumindest nach außen hin – eher
zufallsgesteuert die ihm übertragenen Aufträge wahrzunehmen. Er hatte die Gabe,
ohne Strategie im Einzelfall intuitiv die richtige Aktion einzuleiten, das
passende Gefühl für eine Situation zu entwickeln, und traf vor allem im
Gespräch fast immer die richtige Einstellung zu seinem Gegenüber. Er konnte
schmeicheln, kumpelhaft wirken, hatte aber auch keine Hemmungen, mit
Drohgebärden seinen Einfluss deutlich zu machen. In jedem Fall machte er keinen
Hehl daraus, dass er die nötige Papierarbeit zutiefst verabscheute. Das
Schreiben eines Protokolls, das Führen einer Akte, das Ausfüllen eines
Formulars – nein, dies war nicht seine Welt. So hatte sich ein fortwährender
Disput zwischen Christoph und seinem Oberkommissar aufgebaut, in dem es einzig
um die ständige Anmahnung zur abschließenden Erledigung eines Falles ging, der
erst dann sein Ende fand, wenn die Akte zur weiteren Strafverfolgung an die
Staatanwaltschaft abgegeben werden konnte.
    Harm Mommsen war ein Mitarbeiter, der alle Aufgaben
sorgfältig und eigenständig ausführte. Sein ruhiges und zurückhaltendes
Verhalten, das aber nie devot wirkte, war nur eine der positiven Eigenschaften,
die man ihm zuschreiben konnte. Er war in jeder Hinsicht ein sympathischer und
angenehmer Zeitgenosse.
    An einem dieser trüben grauen Regentage waren
Christoph und Große Jäger wegen einer Betrugsanzeige auf einem abseits
gelegenen Gehöft in der Nähe von Tating unterwegs gewesen und hatten gerade ihr
Dienstfahrzeug für die Rückfahrt bestiegen, als das Handy summte. Christoph
erkannte am Display, dass die Dienststelle ihn zu erreichen versuchte, und
wunderte sich, dass dies nicht über Funk erfolgte.
    »Ja«, meldete er sich knapp.
    »Hier Grothe«, hörte er die schnarrende Stimme des
Chefs. »Haben Sie den Funkverkehr abgehört?«
    »Nein, wir waren zu einem Verhör in Eiderstedt«,
entgegnete Christoph.
    »Da ist etwas sehr Unangenehmes passiert«, fuhr Grothe
fort. »Ein Spaziergänger hat in der Nähe von Marschenbüll eine Leiche gefunden.
Die Kollegen von der Mordkommission und vom Erkennungsdienst in Flensburg sind
bereits informiert. Meine Männer sind unterwegs, um die Fundstelle zu sichern.
Ich schlage vor, Sie machen sich auch auf den Weg.«
    »Wir sind schon unterwegs«, antwortete Christoph und
platzierte das mobile Blaulicht auf dem Dach. Unterwegs informierte er kurz
Große Jäger über die Meldung des Chefs.
    Der Regen peitschte gegen das Fahrzeug. Die
Scheibenwischer arbeiteten heftig. Die Sturmböen, die über die weite Ebene von
der Seeseite herüberbliesen, rüttelten kräftig am Auto, sodass es trotz des
wenigen Verkehrs höchste Aufmerksamkeit erforderte, den Wagen auf den
kurvenreichen und engen Straßen zu halten.
    Große Jäger dirigierte ihn auf der schmalen Straße
Richtung Tümlauer Koog. Sie folgten dem Deich bis Westerhever, jener kleinen
Siedlung hinterm Deich, deren markanter Leuchtturm mit den beiden rot gedeckten
Wärterhäuschen das wohl bekannteste Bauwerk der Westküste ist. Die Straße
schlängelte sich durch die feuchten Wiesen, eine der letzten großen Naturlandschaften
Europas, bis kurz vor Osterhever.
    »Jetzt links«, wies Große Jäger an der einsamen
Kreuzung an.
    Der Weg führte in Richtung See. An seinem Ende wies
der Oberkommissar wortlos mit dem Daumen nach rechts. Sie folgten dem Deich,
der Eiderstedt vor dem Wattenmeer schützte.
    Nach einer Christoph unendlich erscheinenden Fahrt
durchquerten sie schließlich den kleinen Ort Marschenbüll, ein mitten in der
Weite der Marschlandschaft gelegenes, für diese Gegend typisches Straßendorf.
Am Ortsausgang sahen sie schon über die freie Fläche, etwa fünfhundert Meter
abseits der

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