Tod in der Marsch
ein
Eisen sieben auf den Platz.«
»Den habe ich irgendwo verloren oder während des
Spiels nach dem Schlag liegen lassen.« Er leugnete nicht, einen solchen
Schläger besessen zu haben.
Christoph gelang ein leichtes Schmunzeln. Er
schüttelte nur ein wenig den Kopf.
»Nein, das kann mit einem Wedge oder mit dem Putter
beim Spiel vor oder auf dem Grün passieren. Aber ein Eisen sieben lässt man
nicht einfach liegen. Das steckt man nach dem Schlag immer wieder in die Tasche
zurück.«
Von Dirschau hatte seine Fassung immer noch nicht
vollends wiedergefunden.
»Und was wollen Sie damit sagen?«, fragte er
aggressiv.
»Anne Dahl wurde brutal mit einem länglichen
Gegenstand aus Metall erschlagen, der an einem Ende eine Verdickung aufwies«,
zitierte Christoph aus dem Obduktionsbericht. »Wir haben die Tatwaffe bisher
noch nicht gefunden, aber wenn man genauer darüber nachdenkt, könnte es ein
Golfschläger gewesen sein. Und bei Ihnen fehlt ein Schläger. Das, Herr von
Dirschau, müssten Sie uns erklären.«
Jetzt fühlte sich der Gutsbesitzer sichtbar in die
Enge getrieben.
»Das ist völlig absurd«, hechelte er mehr, als dass er
sprach, »außerdem steht die Tasche hier den ganzen Winter über, so offen, wie
Sie sie ja auch vorgefunden haben. Da hätte theoretisch jeder, der hier
zufällig vorbeikommt, den Schläger entwenden können.«
»Das steht aber im Widerspruch zu Ihrer Aussage, dass
Sie den Schläger auf dem Golfplatz verloren haben. Sie haben nichts davon
verlauten lassen, dass Ihnen der Schläger hier aus Ihrer Garage gestohlen
wurde.«
Von Dirschau sah Christoph an. Er zog es vor, zu
schweigen.
In diesem Augenblick bog der Mercedes-Geländewagen um
das Haupthaus und hielt dicht bei der kleinen Gruppe. Ein schlanker junger Mann
stieg aus. Seine Bewegungen wirkten schlaksig. Mit dem modernen Schnitt seiner
blonden Haare und der sorgfältig abgestimmten Yuppiekleidung wirkte er hier
zwischen Herrenhaus und Stallanlagen deplatziert.
Mit einem Blick auf den Gutbesitzer fragte er: »Was
ist denn hier los?«
»Das sind zwei wild gewordene Polizisten mit den
abwegigsten Unterstellungen«, versuchte von Dirschau seine Haltung zumindest
nach außen hin zu stabilisieren. Mit einer Geste in Richtung des jungen Mannes
stellte er vor: »Mein Sohn Ralf.«
»Mit Ihnen möchten wir uns auch gern unterhalten«,
begrüßte Große Jäger den Neuankömmling.
Von Dirschau machte einen Schritt zur Seite, stellte
sich halb vor seinen Sohn und gab, jetzt wieder mit halbwegs fester Stimme,
unmissverständlich zu verstehen: »Ohne Anwalt sagt hier und heute niemand mehr
etwas.«
Christoph sah ein, dass eine Fortsetzung des Gesprächs
unmöglich war. Weder der Senior noch sein Sohn würden ihnen heute weitere
Auskünfte geben.
»Die Golftasche ist vorerst beschlagnahmt. Wir werden
jetzt einen Streifenwagen anfordern, der hier so lange wartet, bis die Kollegen
vom Erkennungsdienst eingetroffen sind.« Und mit einem Blick auf Vater und Sohn
fuhr er fort: »Halten Sie sich bitte bereit. Wir benötigen von Ihnen beiden
jeweils die Fingerabdrücke.«
Sie warteten noch, bis die uniformierten Polizisten
kamen. Dann fuhren sie langsam zurück durch das Dorf, um den zwischenzeitlich
per Handy benachrichtigten Harm Mommsen aufzugabeln.
Der schüttelte erst die Feuchtigkeit von seiner
Kleidung ab, als er zu den beiden in den Wagen stieg.
»Meine Mission war wenig ergiebig«, begann er seine
Schilderung. »Ich habe zuerst den Gasthof aufgesucht und dort nur den Wirt
angetroffen, der hinter seinem Tresen stand und Gläser spülte. Es handelt sich
um den Vater der jungen Dame, die uns vor kurzem so bereitwillig mit
Informationen versorgt hat. Auch der Gastwirt hat sich als kooperativ erwiesen.
Zu Anne Dahl, die natürlich auch er von früher her kennt, hat er nichts sagen
können. Er selbst hat sie in der letzten Zeit nicht gesehen, sondern nur von
seiner Tochter gehört, dass die beiden jungen Frauen kurz miteinander
gesprochen hätten. Peter Dahl kennt er nicht. Ebenso konnte er nichts zur Frage
beitragen, wen Anne Dahl in Marschenbüll besucht haben könnte.«
Mommsen warf einen kurzen Blick auf seine Notizen,
bevor er weitersprach. »Gestern Abend hat es im Gasthaus wohl einen heftigen
Disput gegeben. Es waren mehrere Dorfbewohner, alle männlich, anwesend und
haben erregt über den Mord diskutiert. Man war sich schnell einig, dass hierzu
nur ein Fremder in der Lage gewesen sei. Keiner der Einheimischen sei zu
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