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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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konnten, wie eine Blume in der Sonne ihre Blütenblätter.
    Im Auto aber hatte sie gemerkt, dass Lejla so engagiert zuhörte, als würde sie ihr Ohr an eine Tür pressen, und das hielt Hilda davon ab, sie selbst zu sein. Sie wollte sich vor Lejla nicht entblößen, wollte ihre Vergangenheit voller Verletzungen nicht vor jedem ausbreiten.
    Lejla zwitscherte krampfhaft drauflos, was für ein unglaubliches Glück sie mit der Wohnung und mit der Arbeit gehabt hätten. Sie klang glücklich, und das reizte Hilda noch mehr. Manche Leute konnten ihr Leben einfach nur in positiven Begriffen beschreiben, und das nahm jetzt gerade viel zu viel Raum ein.
    »Sehr schöne Gegend«, sagte sie artig, um nicht missgünstig zu wirken.
    Lejla zwitscherte immer weiter, während sie die Treppe hochstiegen.
    »Und dann müssen Sam und ich auch nicht mehr so viel getrennt sein wie in der Zeit, als ich noch in Stockholm wohnte«, sagte sie.
    Hilda hörte, wie angespannt Lejla klang, gleichzeitig wurde ihre eigene Unsicherheit immer größer, und sie verstummte und verhielt sich wie ein Stück Holz.
    »Arbeitest du jetzt auch in Kalmar?«, fragte sie Sam, als sie die Wohnung betraten.
    »Nein, ich arbeite nicht in Kalmar. Ich erzähle es dir später«, sagte er geheimnisvoll und sah sie kurz an.
    Sie wagte nicht, weiter zu fragen, sondern biss sich auf die Unterlippe. Da muss ich wohl warten, dachte sie.
    Lejla zeigte ihr die Wohnung. Es war eine Zweizimmerwohnung, die Küche war hübsch und lag zum Hof, der groß war, weil alle Hinterhöfe zusammenhingen. Die Büsche waren noch kahl und der Rasen bräunlich, aber im Sommer war es hier sicher schön.
    »Im Frühjahr stellen sie die Gartenmöbel raus«, erzählte Lejla. »Die Zeit vergeht, in ein paar Tagen ist schon April!«, sagte sie und wandte sich Samuel zu. »Mal sehen, wie ich dich in den April schicken werde.«
    »Ich glaube, das lassen wir dieses Jahr aus«, meinte Sam und trat ein paar Schritte von ihr weg.
    An der Wand stand ein alter Klapptisch mit abgenutzter Platte. Zusammen mit ein paar Pelargonien auf dem Fensterbrett vermittelte das eine gemütliche Atmosphäre. Anders als ihre eigene Küche in Oskarshamn, die mehr einem Nähatelier glich.
    Im Schlafzimmer konnte sie Spuren ihres Bruders erkennen – ein Haufen zerschlissener Jeans und Pullover und zusammengewurstelte Socken. Dieselben Spuren hatte er als Kind in dem kleinen Zimmer neben ihrem hinterlassen. Da sah es immer aus wie in einer richtigen Räuberhöhle, pflegte Papa zu sagen. Manches veränderte sich eben doch nicht, dachte sie. Das Wohnzimmer war hell und lag zur Straße hin. Sie seien noch nicht richtig fertig mit dem Einrichten, entschuldigte sich Lejla, sie hoffte, Hilda würde auf dem Sofa schlafen können. Ganz bestimmt, antwortete Hilda, denn sie hatten vereinbart, dass sie bei ihnen übernachtete.
    Lejla nahm eine Flasche Rotwein aus der Speisekammer, füllte zwei Gläser, reichte Hilda eines und behielt das andere selbst. Sam holte sich ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank. Ob er aufgehört hatte zu trinken?, fragte sich Hilda, die den Wein probierte. War es mit seinem Alkoholkonsum so schlimm gewesen? Sie würde das später fragen.
    Alle drei standen in der Küche, in dem zaghaften Versuch, eine entspannte und gemütliche Stimmung aufkommen zu lassen.
    »Wie geht es dir denn?«, fragte Hilda schließlich zu Sam gewandt, in der Hoffnung, ihn endlich zum Erzählen bewegen zu können.
    Lejla kümmerte sich um das Essen.
    »Gut«, erwiderte er und schlackerte so ruhelos mit den Armen, wie es seine Gewohnheit war. »Jetzt bist du also auch zum Tatort zurückgekehrt«, witzelte er und lenkte von sich zu Hilda ab. »Meine Güte, ausgerechnet nach Oskis bist du gezogen!«
    »Du bist nicht besser«, gab sie zurück. »Ich bin nach Oskarshamn zurückgekehrt und du nach Kalmar.«
    »Stimmt«, sagte er. »Familie Lager gefällt das.«
    Er grinste. Lejla wusch das Gemüse unter fließendem Wasser. Bestimmt würde es irgendwas Besonderes mit seltsamen Kräutern geben, vielleicht vegetarisch oder vegan mit Keimen und Nüssen und dem ganzen Kram. Sam hatte eigentlich Glück gehabt. In dem ganzen Unglück, als das mit Papa passiert war, hatte er das Glück gehabt, zu Familie Lager zu kommen. Ehe Mama auch noch starb.
    Wieder sah sie vor ihrem inneren Auge das rote Auto mit Sam verschwinden, ganz scharf war das Bild, und sie verspürte dieselbe Verzweiflung wie damals. Dieses Bild tauchte unberechenbar und hinterhältig

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