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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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Wertstück, und da war das Gießen die beste Methode.«
    Er redete mit ihr, als ob sie das alles verstehen würde.
    »Für den Anfang nimmt man eine Kelle, um die Glasschmelze aus dem Ofen zu holen. Erinnerst du dich eigentlich an irgendetwas aus der Hütte, Hilda?«, fragte er unvermittelt.
    »Nicht viel«, gab sie zu. »Hauptsächlich Gerüche, die Stimmung und die Geräusche.«
    »Bei diesen hohen Kerzenleuchtern genügt der Anfang jedenfalls nicht, das heißt, es muss sehr konzentriert und effektiv gearbeitet werden, so dass man das Überschussglas abschneidet, ehe man neues ansetzt, damit sich nicht neues mit altem Glas vermischt, denn dann gibt es Schlieren.«
    Sie nickte.
    »Aber jetzt langweile ich dich nicht länger damit.«
    »Ich bin total beeindruckt«, sagte sie völlig ohne Ironie und drückte seinen Oberarm.
    Sam wusste, was er wollte, dachte sie. Das, was in seinem Kopf entstanden war, bekam durch die Zusammenarbeit mit den Glasmachern eine bestimmte Form.
    So wie bei ihr, wenn sie nähte. Es beruhigte sie zu hören, dass es Sam gut ging. Das mit dem Glas hatte er von Papa geerbt. Er führte die Familientradition weiter, wenn auch als Designer.
    Ein leichter Windstoß fuhr durch das Astwerk und brachte den Geruch von Schotter und frischer Erde mit sich. Sie bogen auf den Weg zur Allmende ein, der dann noch ein Stück weiter zum Badeplatz führte. Der Weg war immer noch nicht asphaltiert und war, wie schon immer im Frühjahr, wenn der Frost aus dem Boden gewichen war, voller Löcher und wellig wie ein Waschbrett. Doch bevor die Badesaison begann, wurden die Unebenheiten mit Splitt ausgefüllt, und der Weg wurde geebnet, so dass man ihn gut mit dem Fahrrad befahren konnte. Zumindest war es früher, als Hilda klein war, immer so gewesen.
    »Weißt du, warum du weggeschickt worden bist?« Die Frage kostete sie Überwindung, und sie sah Sam von der Seite an und wartete auf eine Reaktion.
    Doch er sagte nichts.
    »Und all das andere, was dann mit Mama passiert ist, was weißt du davon?«, bohrte sie weiter.
    »Na ja, …«, begann er, als gäbe es etwas, das er lieber verschweigen würde.
    »In der Schule haben sie gesagt, du wärst so anstrengend gewesen, dass Mama nicht mit dir klarkam. Also wenn sie überhaupt was gesagt haben«, sagte sie.
    Der Wind strich ihr kühl über die Wangen, die von dem zügigen Spaziergang und dem brandheißen Gesprächsthema glühten.
    »Es ist für uns gut gelaufen«, sagte er versöhnlich. »In gewisser Weise hatten wir Glück, du und ich. Es macht doch keinen Sinn, darin herumzustochern, oder?«
    Ob er sich schämte? Weil er immer als das »anstrengende Kind« beschrieben wurde, das weggeschickt werden sollte.
    Und das jetzt zurückgekehrt war. Alles stand für neue Entdeckungen offen. Jetzt konnte sie herausbekommen, was eigentlich geschehen war, sie konnte die Wahrheit erfahren. Wenn es denn so einfach war, dass es überhaupt eine Wahrheit gab.
    »Ich denke schon, dass es gut ist, ein paar Dinge mal zu überprüfen«, sagte sie hartnäckig. »Da fehlen Puzzleteile. Mit Mamas Tod, und vielleicht auch mit Papas, stimmt irgendetwas nicht.«
    Er sah sie an.
    »Man soll nach vorne schauen«, ermahnte er sie. Das klang gerade so, als ob er bei so einem Quacksalber ein paar psychologische Techniken erlernt hätte. So ein Typ mit forschen Verkündigungen und Lebenslösungen in Punktform, ein Coach, oder wie man die nennt, dachte Hilda, für die Professionalität etwas anderes war.
    »Man kann nicht nach vorne schauen, wenn man das, was hinter einem liegt, nicht aufarbeiten darf«, entgegnete sie altklug. »Bisher war mir das auch egal, aber jetzt will ich es wissen«, rief sie aus.
    »Warum denn?«
    Sie holte tief Luft, um sich zu beherrschen, damit die Worte sich nicht überschlugen.
    »Ich habe einiges erfahren, ich habe Beweise. Ich zeige sie dir, wenn wir wieder zurück sind«, sagte sie.
    »Was für Beweise?«
    Jetzt war Sams Interesse geweckt.
    »Ich habe Mamas Krankenakte kopiert. Sie ist nicht an einer Blutvergiftung gestorben, wie mir – und dir wahrscheinlich auch – immer gesagt worden ist«, erklärte sie, und jetzt blieb er abrupt stehen.
    Sie hatte die Krankenakte in einer Klarsichthülle im Rucksack und bisher nur auf die richtige Gelegenheit gewartet, sie ihm zu zeigen. Das wäre in Kalmar nicht möglich gewesen, denn sie wollte dazu mit ihm allein sein. Nur sie beide, die das Thema betraf, sollten darüber reden.
    »Woran ist sie denn dann gestorben?«, fragte

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