Tod in der Walpurgisnacht
die sterilen Kleider auszuziehen. Dann sollte es schnell gehen, die nächste Operation kam, und der Patient musste schnell in die PostOp-Abteilung gerollt werden. Sie selbst war noch da und suchte fieberhaft nach dem richtigen Diagnosecode und der Operationsnummer, um sie in den Computer einzugeben. Sie hörte das bekannte Geräusch des Saugers, der Schleim und Speichel aus den Atemwegen saugte. Und sie hörte die sanften und bestimmten Worte, wenn der Tubus aus dem Hals gezogen wurde. Bestimmte Hände umschlossen das Gesicht.
So wie jetzt.
Sie ließ das Bierglas los, ließ es auf dem Tisch stehen. Ihre Arme fielen auf den Schoß, der Kopf sank nach vorn. Sie sah zu Boden, jedoch ohne wirklich etwas zu sehen. Er drückte seine Stirn an ihre. Schob ihren Kopf hoch, legte einen Arm um sie, zog sie hoch, hielt sie fest und drückte sie an sich. Sie legte die Arme zögerlich um ihn. Dann umarmte sie ihn richtig. Sie umarmten sich sanft und fest zugleich. Seine Hände auf ihrem Rücken, auf der Haut. Es prickelte, die Schultern senkten sich. Der Speichel war warm, der Körper heiß. Sie gingen zum Schlafzimmer, als wäre es ein einziger Körper, der da aufs Bett fiel.
Da hatte sie schon aufgehört zu denken.
Kapitel 50
P eter Berg war noch auf der Polizeistation und wurde langsam wahnsinnig, weil er immer noch am Telefon hing und darauf wartete weiterverbunden zu werden. Nun hatte er endlich den Richtigen an der Strippe, und er wiederholte sicherheitshalber zweimal den Namen des Autobesitzers und das Datum des Unfalls.
»Ich habe gehört, was Sie sagen, und ich habe es notiert«, sagte die Person am anderen Ende und versprach, von sich hören zu lassen.
Peter Berg kannte die Stimme, ihm wollte aber kein Gesicht dazu einfallen. Björklund. Hieß der nicht Hjalmar mit Vornamen? Verdammt. Hoffentlich rief er nicht erst nächstes Jahr zurück, dachte Peter Berg, riss sich aber zusammen und legte auf.
Die umständliche Prozedur wiederholte sich, als er kurz darauf im Krankenhaus anrief und bat, mit der Chirurgie verbunden zu werden.
»Worum geht es?«, sagte eine tonlose Stimme, die schon viele Jahre diesen Job machte.
»Brauchen Sie einen Termin?«
Nein, das nicht, sagte er, sondern er wäre von der Polizei und hätte eine Frage zu einer achtzehn Jahre alten Krankenakte.
»Aha, dann verbinde ich Sie«, erwiderte die Stimme, nun professioneller.
Dann hatte er eine äußerst dienstbeflissene Person in der Leitung, eine Sekretärin, die freundlich die Personennummer der Verstorbenen notierte sowie den Todestag, den sie aus ihrem Register geholt hatte.
»Sie müssen uns allerdings eine schriftliche Anforderung der Aktenkopien reinreichen«, mahnte sie, und natürlich versprach er, das zu tun.
»Ich möchte einfach nur wissen, ob man die Akte überhaupt bekommen kann.«
»Okay. Ich prüfe das nach und rufe Sie dann zurück.«
»Und wann ungefähr?«
»Gleich.«
Noch ehe er fragen konnte, was sie mit »gleich« wohl meinte, hatte sie aufgelegt. Er beschloss, die Wartezeit damit zu verbringen, die Aufnahme von dem Verhör in Kalmar anzusehen, doch das Video schien Füße bekommen zu haben. Er stand auf und suchte die Regale ab.
Die meisten Kollegen waren in Hjortfors, während er auf der Polizeistation die Stellung hielt. Zudem hatte er vor, die Hinweise aus der Bevölkerung durchzugehen, die bisher eingegangen waren. Das waren nicht gerade viele.
Nachdem er alles im Regal einmal hochgehoben hatte, fuhr er mit den Stapeln auf dem Fensterbrett fort. Verdammt, und dabei hatte er sich vorgenommen, an diesem Vormittag das Tempo zu halten.
Es würde ein langer Tag werden. Lerde hatte ausgerechnet ihn gebeten mitzukommen, wenn sie zu Pär Rosenkvist nach Bråbo fahren wollten, nachdem der von der Arbeit zurück war. Der einzige Grund dafür, dass Berg mitkommen sollte, war, dass er und Lerde diejenigen waren, die Rosenkvist schon ein paarmal getroffen hatten. Sie hatten eine Kontaktfläche, wie es so schön hieß. Der Plan war, dass sie ihn überraschen und versuchen würden reingelassen zu werden. Sie rechneten damit, dass Rosenkvist sich ihrem Wunsch nicht widersetzen würde, andernfalls mussten sie sich mit Hilfe eines Durchsuchungsbefehls Zutritt verschaffen. Verstärkung würde in der Nähe warten. Lerde war sich seiner Sache ziemlich sicher und behauptete, Pär Rosenkvist wisse sehr gut, wo seine Ehefrau versteckt sei. Im Garten allerdings war sie nicht vergraben, denn den hatten sie vor einem Jahr Zentimeter
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