Tod in der Walpurgisnacht
Kundin zu machen. Man könne immer mit dem Schnitt und der Wahl des richtigen Stoffes etwas zaubern, hatte sie betont.
Der Nähkurs fehlte Hilda. Es hatte immer Spaß gemacht, dort in dem Kellerraum in der Fredgatan in Lund. Es war nicht weit vom Clemenstorget entfernt gewesen, und sie war mit dem Rad hingefahren. Manchmal hatte sie sich hinterher in der nahe gelegenen Pizzeria mit Fredric Lido getroffen. Parmaschinken, Ruccola und Parmesan, dazu Rotwein.
Obwohl das Lüftungsfenster offen stand, hatte Hilda rote Wangen. Der Zeitplan war mehr als realistisch. Das Kleid würde ja erst zu Pfingsten gebraucht werden, aber Hilda war so Feuer und Flamme, dass sie nicht langsamer machen konnte.
Fresias weiße Beine in den schwarzen Baumwollsocken sahen aus wie zwei Säulen.
»Hast du schon an Schuhe gedacht?«, fragte Hilda, während sie die Ärmel über Fresias Arme schob und die Armkugel mit Nadeln an der Schulterpartie feststeckte.
»Ja, ich habe ein Paar schwarze, bequeme Schuhe mit flachem Absatz«, erklärte Fresia.
Du meine Güte, dachte Hilda. Diese entsetzliche Natürlichkeit. Plattfüßig und gesund!
»Willst du dir nicht ein Paar etwas … elegantere gönnen, mit kleinem Absatz, damit du größer wirkst? Das wäre doch nett. Und vielleicht sollten sie nicht gerade schwarz sein!«
Hilda runzelte die Stirn. Fresia lächelte sie an.
»Du hast Recht. So schön, wie du mich jetzt machst, sollte ich wirklich mal durch die Schuhgeschäfte gehen. Und neue Unterwäsche – ich verspreche es! Mein Mann wird vom Glauben abfallen«, sagte sie und verdrehte die Augen, wie nur Fresia es konnte.
Dann musste sie ganz schnell noch etwas erledigen und beeilte sich, aus der Tür zu kommen.
Hilda hängte das Kleid auf einen Bügel und ging runter, um bei Jens zu klingeln. Er machte sie neugierig, ohne dass sie genau sagen konnte, warum. Sein Blick war warm, wenn er sie anschaute, aber dennoch war Vorsicht geboten. Da gab es noch etwas, worüber sie Klarheit haben musste. Der Zettel auf der Fußmatte. Konnte er dahinterstecken?
Er nahm ein paar Flaschen Bier mit, die er an den braunen Glashälsen packte.
Als er über die Schwelle trat, war es, als würde er die ganze Einzimmerwohnung ausfüllen, als würde ein fremder Wind durch die Wohnung wehen. Gleichzeitig umgab ihn etwas Vertrautes. Sein Körper glich dem von Sam, und auch seine Aura. Die klaren Konturen und das Zurückhaltende. Er wirbelte nicht herum, sondern war ruhig, und sie entspannte sich.
Sie füllte Nüsse in eine Schale. Die Nähmaschine stand noch auf dem Tisch, und sie schob Nadeln, Schere, Markierstift, Maßband und Garnrollen zusammen. Auf dem Fußboden lagen abgeschnittene Fäden und Stoffstücke.
»Du kannst also nähen?«, fragte er und betrachtete die Nähmaschine.
Sie nickte und holte den Flaschenöffner heraus. Dann hielt sie das beschlagene Bierglas fest in einer Hand, nahm das weiße Papier von der Fensterbank und legte es Jens vor die Nase. Dann setzte sie sich vor das Fenster.
Er starrte auf den Satz.
Ich weiß, wer du bist!
»Was ist das denn?«, fragte er in völlig unwissendem Ton.
Vielleicht tut er nur so, dachte sie.
»Du weißt also nichts davon?«, fragte sie und nickte zu dem Zettel.
»Wie, wissen?«
»Hast du das geschrieben?«, fragte sie jetzt geradeheraus.
Er ließ sich gegen die Rückenlehne fallen, machte eine hilflose Geste und seufzte geräuschvoll. »Wie kommst du denn darauf?«, stieß er hervor.
Sie zuckte die Schultern. »Du wohnst im selben Haus, du kennst den Türcode.«
»Es ist nicht schwer, sich hier reinzuschleichen. Man muss nur den Moment abpassen, wenn jemand raus- oder reingeht. Aber warum sollte ich das deiner Meinung nach tun?«
Sie starrte ihn an.
»Ich weiß gar nicht, wer du bist«, sagte er und beugte sich über den Tisch. »Aber ich würde es gern erfahren.«
Sein Blick begegnete ihrem. In der Küche wurde es ganz still. Wahrscheinlich sah sie nicht ängstlich aus, auch nicht verzweifelt. Eher wütend. Auf jeden Fall kein Betteln um Trost.
Von der Straße waren Stimmen zu hören. Gelächter, ein Auto, das angelassen wurde.
Er streckte eine Hand aus und legte die Kuppe des Mittelfingers auf ihre Wange. Strich ihr vorsichtig über Wange und Stirn. Genauso machte er es, wenn er Patienten aus der Narkose weckte, das hatte sie schon gesehen, aber dann war die Bewegung entschiedener. Wenn die Operation beendet war und der Hauptoperateur den Saal verlassen hatte und die OP -Schwester dabei war,
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