Tod in der Walpurgisnacht
Nachbarn geschehen war. Sie würde Köder auslegen, und damit jemand anbiss, hatte sie ihr sanftestes Lächeln aufgelegt, als sie an dem grünen Haus klingelte. Sie trug private Kleidung, Jeans und einen ordentlichen grünen Pullover. Sie sah ganz gewöhnlich aus, aber das war sie natürlich nicht, und das war ihr sehr wohl bewusst.
Mariana Skoglund starrte sie erschrocken durch den Türspalt an. Die Augen waren rotgerändert und die Haut aschfahl, bemerkte Jasinski. Aber Mariana knallte ihr dennoch nicht die Tür vor der Nase zu.
Sie fragte höflich, ob Jasinski einen Kaffee wollte. Das wollte sie eigentlich gar nicht, nahm aber trotzdem an, damit Frau Skoglund sich an den Gedanken gewöhnen konnte, sie im Haus zu haben. Aber Kuchen wollte sie auf keinen Fall, denn es war so schon schwierig genug, das Gewicht zu halten. Die Hosen spannten über dem Hintern, und sie hatte einen weiten Pullover darüber. Jetzt, da sie sich wieder auf den berühmten Markt begeben würde, hieß es sich zusammenzureißen. Auf den Fleischmarkt. Was für ein Wort! Der spielte sich inzwischen größtenteils im Internet ab, und sie hatte bisher noch keine nennenswerten Erfolge gehabt. Es widerstrebte ihr, da zu suchen, denn das fühlte sich so berechnend und gefühllos an.
Jasinski fragte, ob es in Ordnung sei, wenn sie sich, während Mariana Skoglund den Kaffee kochte, ein wenig in der unteren Etage umschaute. Die Hausdurchsuchung bei Skoglunds war bereits erfolgt, und sie musste keine Rücksicht nehmen.
Sie stellte sich ans Fenster im Wohnzimmer und sah zu dem roten Nachbarhaus hinüber. Tot und still. Auf dem Grundstück stand ein alter Toyota Corolla, ein wirklich unauffälliges Auto.
Keine Hecke und kein Baum verdeckten die Sicht auf das Nachbarhaus. Sie hatte gehört, dass in dem roten Haus jetzt gerade ein Glasdesigner wohnte. Das Haus hatte zwei Stockwerke und war genauso gebaut wie das, in dem sie sich jetzt befand.
Louise versuchte in Worte zu fassen, warum es so deutlich zu sehen war, dass das Haus nicht ständig bewohnt wurde. Inzwischen war sie an das entgegengesetzte Fenster getreten. Auch auf dieser Seite keine Pflanzen in den Fenstern, viel zu ordentliche und steife Gardinen.
Sie sah sich um. Auf Regalen und Tischen standen Glasobjekte verschiedener Art, viele von ihnen Klassiker, die Louise erkannte. Die Möbel waren gut gepflegt, hier wurde mit Politur gearbeitet, nahm sie an, alles atmete Sechziger- und Siebzigerjahre, vor allem das grün-schwarz gestreifte Sofa aus einem Stoff mit Noppen und der dunkelbraune Sofatisch davor samt Vitrine an einer Wand. Über dem Sofatisch hing eine Glaslampe, die Louise gern mit nach Hause genommen hätte. Sie war aus gelbem, glänzendem Glas in Tropfenform und war einfach wunderschön. Bestimmt stammte sie aus einer älteren Produktion und war heute hochmodern. Auf dem Tisch standen zwei dicke Kerzenleuchter aus Glas in unterschiedlichen Größen, die aussahen, als wären sie aus Eis gemacht.
Mariana erschien in der Tür und verkündete, dass der Kaffee fertig sei. Louise ging in die Küche. Auf dem Küchentisch stand eine große Gebäckschale, natürlich aus Glas, mit Schnecken und kleinen Kuchen. Wahrscheinlich waren die Backwaren aus der Kühltruhe geholt worden, denn es war doch schwer vorstellbar, dass die Frau, die eben Witwe geworden war, sich mitten in der Trauer und dem Durcheinander hinstellte und buk.
Louise setzte sich. Sie wusste, dass sie gewisse Gefühle in Schach halten musste, die sie gern überkamen. Aus irgendeinem Grund tat ihr diese Frau leid. Ihr taten ziemlich viele Leute leid, und das war nicht gut, wenn man Polizist war. Claesson zog sie gern damit auf und schlug vor, sie solle doch lieber Krankenschwester werden, schließlich hatte sie die Ausbildung. Doch es hatte auch Vorteile, dass einem nicht immer der ganze Vorrat an Empathie leergeräumt wurde, fand sie.
Sie nahm das Aufnahmegerät heraus, erklärte, dass sie das Gespräch aufzeichnen würde, kontrollierte das Band, sprach die obligatorischen Informationen auf und legte den Apparat auf den Tisch. Das Aufnahmegerät war nicht nur klein, sondern auch leise. Die meisten Menschen vergaßen nach einer Weile, dass es überhaupt lief.
Jasinski probierte den Kaffee und legte sich brav eine Zimtschnecke auf die Serviette. Sie entschied, die Aufwärmphase zu überspringen und direkt zur Sache zu kommen.
»Ich möchte, dass Sie mir von den Nachbarn erzählen«, begann sie, »und von dem, was vor zwanzig
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