Tod in der Walpurgisnacht
Verantwortungsgefühl, schaute immer nach, wie es den Leuten ging. Er brauchte es, gebraucht zu werden und dass die Menschen zu ihm aufsahen. Ich habe dieses Bedürfnis nie so gehabt.«
»Sie sprechen von einem Pfarrer … gehören Sie einer Kirchengemeinde an?«
»Oh nein, das sage ich nur so. Johannes und ich haben nie einer Kirchengemeinde angehört, wir sind kein bisschen religiös, wenn auch viele glauben, dass Johannes das ist … oder war. Er hat so gesprochen, sehr artikuliert und mit sonorer Stimme. Hier in Hjortfors gibt es übrigens gar nicht so viele Freikirchen, aber in Flohult, das ist nur zwanzig Kilometer von hier, da gibt es viele: Jehovas Zeugen, Bethel und wie sie alle heißen. In Hjortfors hat sich diese Art Glauben nie so richtig durchgesetzt. Es hat immer in der Hütte auch Glasarbeiter aus Flohult gegeben, und die sind auch nicht komischer als an dere.«
»Das heißt, sie kennen diesen Menschenschlag.«
»Oh ja! Und Johannes allemal, er konnte gut mit allen und sah kein bisschen auf die Freimauschler herab, wie gesagt …«
»Wie fanden Sie das, wenn Ihr Mann zur Nachbarin ging?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe wohl gar nichts gefunden.«
»Sicher? Clarissa sah gut aus, das haben Sie selbst gesagt, und war eine nette Person, oder?«
»Ich habe nie etwas gegen Clarissa gehabt«, platzte sie heraus, »aber manches Mal habe ich schon gedacht, dass Johannes sich mehr hätte zu Hause halten können. Es hat schließlich viel Gerede gegeben.«
Mariana Skoglund zögerte. Jasinski wartete.
»Clarissa hatte etwas Besonderes an sich«, fuhr Mariana fort. »Das fanden alle, genauso, wie auch Johannes immer etwas Besonderes an sich hatte. Sie hatten beide Ausstrahlung, wenn auch auf völlig unterschiedliche Weise«, beeilte sie sich hinzuzufügen. »Johannes war mehr eine Autorität, man tat, was er sagte, und manche hatten vielleicht auch Angst vor ihm. Ich nicht, aber andere. Aber Clarissa war einfach so entzückend, ein wenig anders, nicht nur, dass sie gut aussah, sondern sie gab sich so ungezwungen und konnte viele Sprachen, ich glaube, sie hatte in ihrer Jugend im Ausland gelebt. Sie hatte etwas … wie soll ich es sagen … etwas Zerbrechliches und gleichzeitig Starkes an sich. Sie war absolut niemand, der auf andere herabsah. Ich glaube, Johannes umgab sich gern mit diesem Charisma. Er wurde davon angezogen und war stolz darauf, der sein zu dürfen, der sie unterstützte und ihr am nächsten stand, nun, da Sven tot war. Aber natürlich ist geredet worden!«
»Worüber?«
»Dass er angeblich zu Hause nicht genug Spaß hatte. Na ja, was die Leute so tratschen, aber ich habe mich nicht darum geschert. Es kehre jeder vor seiner eigenen Tür«, sagte sie entschieden und machte einen Punkt, indem sie den Mund zusammenzog.
»Waren Sie eifersüchtig?«
Mariana Skoglund starrte Jasinski an.
»Nein …«
»Das ist doch nur menschlich.«
»Vielleicht war ich es. Aber mehr so, dass die Kinder und ich sozusagen nicht ausreichten, dass wir für Johannes im Hintergrund standen. Ich bin nie so scharf darauf gewesen gesehen und gehört zu werden wie Johannes. Ich bin eher schüchtern.«
»Fanden Sie selbst denn auch, dass Ihr Mann › besonders ‹ war, so wie die anderen das empfanden? Wir haben schon gehört, dass er sehr geschickt mit dem Glas war.«
»Ich denke, jeder Mensch ist einzigartig«, erwiderte Mariana Skoglund ausweichend.
»War er denn ein Ehemann, auf den man stolz sein konnte?«
»Oh ja«, sagte sie, aber ohne sonderliche Begeisterung. »Das ist schwer zu beschreiben …«, fügte sie dann tonlos hinzu.
Sie ist vorsichtig, dachte Jasinski. Hat Angst sich zu verplappern. Welches Geheimnis lag ihr auf der Seele?
»Ich verlange keine objektive Beurteilung, sondern frage mich nur, was Sie denken. Schließlich waren Sie mit Johannes Skoglund verheiratet und kannten ihn vielleicht am besten. Ihre persönliche Meinung«, erklärte Jasinski und versuchte, leise zu sprechen. Wenn sie sehr engagiert war, klang sie manchmal etwas forsch, was von vielen als aggressiv aufgefasst wurde, auch wenn es gar nicht so gemeint war.
Mariana Skoglund dachte gründlich nach.
»Er war sehr dominant«, sagte sie schließlich. »Dass er alles bestimmte, gehört zu den Dingen, die ich jetzt am meisten vermisse. Das klingt vielleicht komisch, doch ich habe mich einfach nur anpassen müssen.« Sie lachte trocken. »Man musste sich nach Johannes richten, man hatte gar keine andere Wahl.
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