Tod in der Walpurgisnacht
secondhand einkauft, dachte sie und wollte eben vom Fenster zurücktreten, als die Tür nochmals aufging und eine junge Frau herauskam, die Treppe hinunterlief, ins Auto sprang und wegfuhr. Sie war schlank, trug einen kurzen Mantel und Lederstiefel.
Mariana Skoglund kam zurück, sie setzten sich, und Jasinski wechselte sicherheitshalber das Band aus. Dann schaltete sie das Aufnahmegerät wieder ein.
»Nur eine Frage, der Nachbar im roten Haus ist Designer, sagten Sie. Wohnen noch mehr Leute da?«, fragte Jasinski.
»Er hat eine Freundin, die manchmal kommt. Sie arbeitet in Kalmar bei einer Zeitung.«
»Okay. Wie lange ist es her, seit Sie in der Glashütte aufgehört haben?«, fuhr Jasinski fort.
»Drei Jahre. Und ich habe ja auch nicht ganztags gearbeitet.«
»Gehen Sie noch manchmal hin?«
»Nein«, erwiderte sie und schüttelte den Kopf.
»Das heißt, Sie sind niemals dort.«
»Nein. Doch, vielleicht manchmal, um Mattias etwas zu bringen oder so. Zum Beispiel sein Handy, das er einmal hier vergessen hat. Doch meist ist Johannes dann gegangen, sogar ziemlich oft. Doch in der letzten Zeit hat er es einfach nicht mehr geschafft, und im letzten Monat ist er nur noch selten hin.«
»Das heißt, es ging ihm so schlecht?«
»Ja. Er konnte nur noch langsame Spaziergänge unternehmen, zum Supermarkt oder zu irgendwelchen Treffen, aber er war so stur, er wollte nicht, dass ich ihn begleite. Wenn man das ganze Leben lang allein klargekommen ist, dann …«
»Wissen Sie, ob er auch noch woanders hingegangen ist?«
»Ich glaube, dass er ein paarmal beim Boxen zugeschaut hat. Früher hat er das selbst mal gemacht, aber jetzt hat Mattias das übernommen. Beim Boxen geht es sportlicher und ungefährlicher zu, der Schutz ist besser, und es ist alles eher eine Art Training. Die schlagen sich jetzt nicht mehr gegenseitig die Zähne aus«, sagte sie und lachte ein wenig, während Jasinski sich an das Dröhnen erinnerte, das im Folkets Hus manchmal vom Keller aufstieg.
»Wissen Sie, wann er das letzte Mal dort war?«
Mariana Skoglund sah aus dem Fenster. Die Pupillen wurden bei der Helligkeit klein, und sie kniff die Augen ein wenig zusammen.
»Das kann ich nicht sagen. Fragen Sie Mattias. Aber Johannes konnte natürlich auch hingehen, wenn Mattias nicht da war. Das ist auch manchmal passiert.«
Jasinski nickte. »Gibt es noch etwas, das Sie erzählen wollen, was Ihr Mann tagsüber gemacht hat, außer Radio hören, Kreuzworträtsel lösen und dem abendlichen Besuch von Mattias?«
»Johannes hat Mattias und den anderen in der Hütte manchmal Rat gegeben, aber das habe ich ja schon erzählt. Sie machten gerade neue Kerzenleuchter, Eiszapfen heißen sie, eine große Sache in verschiedenen Ausführungen. Ich habe welche davon drinnen auf dem Tisch.«
»Die sind schön«, sagte Jasinski.
»Der Nachbar hat sie entworfen, aber das Modell erarbeitet man ja gemeinsam in der Hütte. Sie sind noch nicht auf dem Markt, aber zu Weihnachten will man groß damit in die Geschäfte gehen. Es müssen wohl noch ein paar Details den Feinschliff bekommen.«
»War Johannes daran beteiligt?«
»Er selbst hat das wohl geglaubt, aber ich weiß nicht, wie es in Wirklichkeit war. Jetzt ist ja Peo Jeppson da, der das übernommen hat, und der kann seinen Job. Mattias war auch sehr engagiert.«
Jasinski nickte.
»Sie haben auch gesagt, dass Sie manchmal dabeisaßen, wenn Mattias nach der Arbeit zu Ihnen kam.«
»Doch, das ist vorgekommen. Ziemlich oft, auch wenn ich dann manchmal einen Spaziergang gemacht habe oder zum Supermarkt oder nach Högsby zum Einkaufen gefahren bin.«
»Worüber haben Sie gesprochen?«
»Nichts Besonderes. Wir haben nicht viel geredet. Haben Radio gehört und Kreuzworträtsel gelöst, und Mattias hat die Sportseiten in der Zeitung gelesen. Ich habe mich manchmal mit anderem beschäftigt, habe Wäsche gefaltet oder gebügelt.«
Jasinski ließ ein paar Sekunden vergehen. »Eine ganz andere Frage«, sagte sie dann, »wissen Sie von dem Giftlager in der Glashütte?«
Mariana Skoglund schwieg und starrte Jasinski an.
»Alle wissen davon, aber keiner kümmert sich darum. Im Glasgemenge ist viel Gift.«
Kapitel 57
V e ronika kreiste mit den Schultern, die vielen Stunden am Operationstisch ließen sie immer steif werden. Sie saß in ihrer fensterlosen Abseite und diktierte den Operationsbericht.
Als sie kurz darauf auf den Flur trat, sah sie, dass der frisch operierte Patient eben aus dem Operationssaal gerollt
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