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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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wurde und auf dem Weg zum Aufwachzimmer war. Es war angenehm kühl auf dem Flur.
    Sie ging weiter zur Umkleide und merkte, wie der Hunger sie packte. Bald würde sie nach Hause fahren und das Abendessen zubereiten.
    Schnell zur weißen Kleidung wechseln, die Operationskleider wanderten in den Sack für schmutzige Wäsche, dann eilte Veronika nach unten auf die Station und weiter die Treppe hinunter zur Ambulanz, um dem Nachtdienst zu berichten, welche Patienten auf der Station waren und was es zu beachten galt. Auf dem Weg rief sie Claes an, aber er ging nicht ran.
    Hilda hatte Dienst und wartete am Empfangstresen auf den Bericht. Sie hatte die ganze Woche Nachtdienst, so dass sie tagsüber frei hatte.
    »Wie schön, dich zu sehen«, sagte Veronika schnell. »Übrigens haben wir zwei dieses Jahr am selben Ort Walpurgis gefeiert.«
    »Ehrlich! Wart ihr auch in Hjortfors?«, fragte Hilda und freute sich.
    »Das war ja ein Ding«, fuhr Veronika fort. »Eine Leiche im Maifeuer, das hat man auch nicht jedes Jahr«, fügte sie mit Galgenhumor hinzu und wollte gerade hinzufügen, dass Hildas Freund nett aussähe, als eine Schwester kam und nach Hilda verlangte.
    Im Behandlungszimmer war ein Mann ohnmächtig geworden. Nicht meine Baustelle, was für ein Glück, dachte Veronika. Sie hatte diese Nacht keine Bereitschaft.
    Sie lief zum Arbeitszimmer hinauf und öffnete pflichtschuldigst den Mailaccount. Als sie fertig war, stand sie auf, wand sich aus der Arbeitskleidung und zog ihre Jeans über. Als sie sich umdrehte, um in ihre Schuhe zu schlüpfen, fegte sie versehentlich Hildas Block vom Schreibtisch. Ein paar Bilder fielen heraus. Sie bückte sich, schob sie wieder zusammen und sah, dass sie aus dem Farbdrucker stammten und Fresia Gabrielsson auf ihnen zu sehen war, die ein halbfertiges Kleid trug. Veronika hatte schon gehört, dass Hilda gut nähen konnte, aber nicht im Entferntesten geahnt, dass sie so geschickt war. Fresia sah völlig anders aus. Mit etwas höheren Absätzen und ein wenig Make-up würde sie auf dieser Hochzeit unglaublich schick aussehen.
    Vielleicht sollte sie sich auch mal etwas maßschneidern lassen. Etwas in Auftrag geben. Wann auch immer sie das Ergebnis dann anziehen würde.
    Sie schob den Block auf Hildas Schreibtischseite zu einem Stapel alter Papierakten, die noch auf altertümliche Weise in Mappen aus brauner, dicker Pappe verstaut waren. Wahrscheinlich hatte Hilda sie für ihren Forschungsauftrag ausgeliehen. Sie hatte schon manches Mal darüber geklagt, wie man es gerne tut, wenn man nebenher noch eine aufwändige Arbeit zu leisten hat. Aber kürzlich hatte sie erleichtert erzählt, dass sie jetzt fertig sei.
    Während Veronika die Füße in die Schuhe schob – sie hatte einfach keine Lust, sie aufzuknoten –, ließ sie beiläufig den Blick über die Mappe gleiten, die zuoberst lag. Was war das denn? Sie stützte die Hände auf die Tischplatte und beugte sich vor. Ihr Herz setzte aus, mein Gott! Auf dem Etikett stand »Clarissa Anderson-Glas«. Sie nahm die Krankenakte und buchstabierte langsam noch einmal den Namen, um sicherzugehen, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Der Puls dröhnte ihr in den Ohren. Im nächsten Augenblick war sie wieder in der Ambulanz und erinnerte sich an jedes Detail, obwohl fast zwanzig Jahre seither vergangen waren.
    Ansonsten verschwanden Patienten ja glücklicherweise oft aus ihrer Erinnerung, wenn sie fertig behandelt waren. Es waren einfach zu viele, so dass es hoffnungslos war, die eine Gallenblase vom anderen Leistenbruch zu unterscheiden. Doch das hier war alles andere als ein gewöhnlicher Fall gewesen.
    Sie überflog den Text, den sie diktiert hatte. Sie war berückend prägnant und kristallklar gewesen, bemerkte sie. Die Schlüsselworte leuchteten ihr entgegen: ausgeprägte Anämie, graublass, brettharter Bauch, subfebril, Infektionsparameter normal, kurze Krankheitsgeschichte, bis dahin gesund. Witwe. Zwei Kinder, wovon eines mit im Krankenhaus war.
    Jedes Wort war auf die Goldwaage gelegt worden. Sie erinnerte sich, wie sie geschwitzt hatte und wie gründlich sie alles noch einmal durchgelesen hatte, ehe sie den fertigen Text unterschrieben hatte. Sonst war sie da eher schlampig, denn das verlangte Zeit. Sie wusste, dass sie sonst die Tendenz hatte, zu ausführlich zu werden, vor allem, wenn ein Fall medizinisch kompliziert oder wenn die psychosoziale Situation komplex war und es um den Fall des Patienten Stress gab. Es war leicht, sich hinter

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