Tod in der Walpurgisnacht
Es gab Gewerkschaften, die Arbeiterbildungsorganisation ABF , Folkets hus, Kollektivabsprachen, die Frauengemeinschaft und nicht zuletzt einen lebendigen Musikverein.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Hüttenmusik im Glasreich sehr beliebt. Man sprach von dem »Bläsergürtel«, der zwischen Skåne im Süden und dem Vättern-See im Norden von Küste zu Küste reichte. Lundin besaß ein altes Foto aus Hjortfors, auf dem ernste Männer mit Blasinstrumenten in den groben Händen abgebildet waren. Es stammte aus den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Die Orchester begannen klein, manch ein Verwalter war anfänglich dagegen, doch mit der Zeit wuchs die Musik zu einer Bewegung, in deren Verlauf das Ansehen der Gemeinde an der Größe des Musikvereins gemessen wurde. Und dann begannen die Besitzer der Hütten, die Verwalter und die Disponenten, die oben in ihren feinen Villen lebten, Geld zum Kauf der Instrumente bereitzustellen.
Musik, die verbindet und ansteckt. Lundin erinnerte sich noch, wie es ihm als Junge in den Füßen zuckte, wenn die Musikkapelle an Festtagen taktfest und fröhlich durch den Ort marschierte. Bis heute versetzte es ihn in Begeisterung, eine Musikkapelle durch die Straßen paradieren zu hören.
In Lundins Besitz befanden sich ein paar ältere, ererbte Glasstücke, einfache Schalen, Vasen, Trinkgläser und Zierobjekte. Die standen zum allgemeinen Betrachten auf einem Regal in seinem Haus.
Die Glasfabrikation hatte immer mit Auf- und Abschwüngen zu kämpfen gehabt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brachten die beiden Weltkriege mit sich, dass die Nachfrage sank. Doch am Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Nachfrage nach Glasprodukten wieder stark an.
Die größte Gefahr war immer die Konkurrenz von billigerem, maschinengefertigtem und importiertem Glas. Wenn die Glashütten überleben sollten, dann musste jemand das Glas dort kaufen. An dieser Stelle leistete Mona einen echten Einsatz. So fasziniert er selbst von der Arbeit in den Hütten, von der Entwicklung der Glasbläserorte und von ihrer Geschichte war, so begeistert war Mona von den fertigen Produkten. Sie besuchte leidenschaftlich gern die Shops bei den Hütten und kaufte im Grunde alle Geschenke dort.
So hatte er also mit diesen Holzschuhen in der Hand dagestanden und nicht richtig gewusst, was er damit anfangen sollte. Doch brachte er es auch nicht übers Herz, sie wegzuwerfen, denn vermutlich entstammten sie einer Zeit lange vor seiner und gehörten einfach zu dem Haus.
Also fügte er die beiden Holzpantinen mit einem Stück Leder zusammen und nagelte sie an die Wand in der Veranda. In seiner Vorstellung hatten die Schuhe einem armen Glasarbeiter gehört, der mit seiner Familie zusammen in der kleinen Pächterkate zusammengepfercht worden war. Viele, wahrscheinlich magere und blasse Kinder. Und sicherlich war es kalt und zugig gewesen in dem alten Haus, viel Raum für Romantik war da nicht. Die Menschen hatten ganz schön geschuftet.
Die alte Kate hatte im Laufe der Zeit viele Eigentümer gehabt und war schließlich zu einem Sommerhausidyll umgebaut worden, das zuletzt einer holländischen Familie gehört hatte. Sie wollte die lange Reise nicht mehr auf sich nehmen, und Lundin hatte die Kate gekauft.
»Da kommen sie«, sagte er, als er das Auto durch die Bäume schimmern sah.
Kapitel 10
D ie Auffahrt bestand aus zwei ausgefahrenen Reifenspuren, die in sanften Bögen durch einen kleineren Mischwald nach unten führten, in dem Ulmen, Linden und Ahorn die Ernsthaftigkeit und Schwere der Nadelbäume auflockerten.
Janne Lundin kannte sich mit Bäumen aus. Die Tanne war in seiner Kindheit nicht nur mit Weihnachten verknüpft, sondern auch der Trauerbaum, der das Reisig für die Beerdigung spendete. Eine einzelne, hochgewachsene Tanne war großartig, gab es jedoch zu viele Exemplare davon, dann wirkte das öde, denn die mit Nadeln bedeckten Äste besaßen die Fähigkeit, alles Licht wegzunehmen. Die Kate lag auf einer zu beiden Seiten von alten, moosbewachsenen Steinmauern eingefassten Lichtung. Richtung Wald gab es einen Gemüsegarten, den er selbst angelegt hatte, und direkt vor ihnen lag, tief und geheimnisvoll, der Hjortsjön.
Lundin sah, dass Veronika am Steuer saß. Er winkte das Auto herein, so dass es neben seinem eigenen zu stehen kam. Die Autotüren sprangen auf, Klara hüpfte als Erste heraus und baute sich etwas genant ein Stück von ihm entfernt auf.
»Hallo, Klara!«, rief er und breitete die
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