Tod in der Walpurgisnacht
Arme aus.
Doch das Mädchen musste noch eine kleine Runde durchs Gelände drehen, ehe die Schüchternheit verflog.
Veronika und Claes lehnten den Kaffee ab, denn sie hatten zu Hause kurz vor der Abfahrt schon welchen gehabt. Sie unternahmen alle einen kleinen Spaziergang durch den Wald, die kleinste Tochter wurde in ihrer Karre durchgeschüttelt, und die Kinder verlangten oft nach Unterbrechungen – Tannenzapfen, Äste, Laub und alles Mögliche musste inspiziert werden. Als sie wieder zurück waren, setzten sie sich an den Tisch.
Veronika spürte, wie der Hunger sie überfiel, als sie all die Heringssorten und das übrige Essen auf der Arbeitsfläche in der Küche stehen sah. Sie tat den Kindern Fleischbällchen auf, und die einjährige Nora durfte, wenn sie nicht gerade auf dem Fußboden herumkroch, abwechselnd auf ihrem oder auf Claes’ Schoß sitzen.
Mit den Kindern am Tisch, dem Schnaps und all den Liedern, die gesungen gehörten, auch wenn sie nur selten alle Strophen kannten, wurde es bald lebendig am Tisch. Das Essen schmeckte ausgezeichnet, der Branntwein nicht weniger, schließlich wurde er in alten, bemalten Gläsern aus der Glasbläserei Hjortfors kredenzt. Das Niveau der Scherze sank, aber die Toleranz war groß, und es wurde viel gelacht. Bei Janne und Mona konnte man ganz entspannt sein, deshalb waren Claes und Veronika so gern mit ihnen zusammen. Der Abend verging wie im Flug.
»Wollt ihr nicht doch hier übernachten?«, lockte Mona.
Aber Veronika lehnte dankend ab. Sie würde nach Hause fahren.
Dann gab es Kaffee und Sahnetorte mit »einem Starken« dazu. Die Einzige, die ablehnte, war Veronika, denn sie setzte ganz stur auf null Promille. Sie betrachtete ihre Freunde am Tisch, und es erging ihr dabei wie vielen, die auf einem Fest nüchtern blieben, während die Übrigen ihre Gläser immer wieder füllten. Je mehr die Promillewerte im Blut anstiegen, desto lauter und gellender wurde das Lachen, die Individuen schienen sich in den Alkoholdämpfen aufzulösen, und ihre Persönlichkeiten wurden einheitlicher und weniger dezidiert.
Mona legte immer wieder Essen nach, während Janne dafür sorgte, dass die Gläser nie leer blieben. Janne und Claes hatten so viele Geschichten aus ihrer gemeinsamen Zeit bei der Polizei zu erzählen, dass es gar kein Ende zu nehmen schien. Veronika betrachtete ihren Mann über den Tisch hinweg. Erstaunlicherweise fühlte sie sich stark zu ihm hingezogen, obwohl sein Gesicht glänzte und hochrot war. Als würde die Verliebtheit beim Anblick seiner ordentlich betrunkenen Gestalt aufblühen.
Claes bemerkte ihren Blick, so betrunken war er also noch nicht. Er streckte eine Hand aus und griff ungelenk nach dem Schnapsglas, während sie ihr Glas mit dem Mineralwasser nahm. Sie erhoben die Gläser und sahen einander in die Augen und tranken sich schweigend zu.
Er versteht mich, dachte sie, verzog den Mund ein wenig und erhielt ein schiefes Lächeln als Antwort. Und er sieht mich. Ihr wurde warm.
Schließlich war es an der Zeit, sich zum Maifeuer zu begeben. Nora, die eingeschlafen war, wurde mit einer Decke warm eingemummelt und in den Wagen gelegt.
Sie nahmen den Waldpfad am See, liefen auf weichem, federndem Erdboden mit Tannennadeln, doch Janne hatte Taschenlampen dabei, damit sie nach Wurzeln und Steinen Ausschau halten konnten. Die beiden Herren hatten erhebliche Probleme, gerade zu gehen, und Veronika hielt Claes die ganze Zeit untergehakt und schob mit der anderen Hand den Wagen.
»Wir können auf dem Rückweg die Straße nehmen, wenn wir wollen«, meinte Mona. »Der Weg ist zwar etwas länger, aber leichter zu gehen.«
»Nein, das ist so ein schöner Weg hier«, erwiderte Veronika. Auf der anderen Seite des Hjortsjön konnte sie von einsam gelegenen Höfen kleine Flecken gelben, warmen Lichts erkennen.
Als sie an den offenen Platz kamen, gingen Janne und Mona herum und begrüßten diverse Leute. Hier waren viele versammelt, die Luft war kühl, und alle hatten warme Kleider und Daunenjacken angezogen.
Sie versuchten einen Platz ganz vorn zu finden, damit Klara sehen konnte, wenn das Feuer angezündet wurde. Eine Vertreterin des Gemeinderates hielt eine Rede, die kaum viele Zuhörer fand, und immer mehr Menschen kamen und versammelten sich um den Scheiterhaufen. Es wurde enger, die Stimmung stieg, und der Chor sang »Wie herrlich mir die Maisonne lacht«, während der Chorleiter energisch mit den Armen fuchtelte.
»Das ist der Kantor der Gemeinde«,
Weitere Kostenlose Bücher