Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
Vom Netzwerk:
sehen.
    Claesson hatte den Impuls, in seiner üblichen Manier schnell durch den Ausstellungsraum zu rauschen und rastlose Blicke in alle Richtungen zu werfen, um dann, wenn sein Blick an einer Sache hängen blieb, hinzugehen und dieses Objekt eingehender zu betrachten. Das war ein seltsames Verhalten, wenn man bedachte, dass er Kunst mochte: Bilder, Skulpturen, Installationen, architektonische Phantasien und Ideen hatten es ihm angetan.
    Jetzt nahm er sich vor, systematisch vorzugehen, während Lundin seine eigene Runde drehte. Er holte seine Lesebrille aus der Innentasche und las auf einem Schild, dass »Überfangglas« ein mehrschichtiges Glas war, wo das farbige Glas zuoberst lag, während beim »Unterfangglas« das gefärbte Glas zuunterst und das Klarglas zuoberst lag.
    Eine der ausgestellten Vasen litt an »Glaskrankheit«, deren Ursache falsch zusammengesetzte Zutaten waren, die dazu führten, dass Feuchtigkeit das Glas an der Oberfläche trübe und milchig werden ließ. Bei neueren Gläsern geschah das selten. Doch man sollte trotzdem das Glas pflegen, indem man es einmal im Jahr putzte, und auf keinen Fall sollte man Gläser mit der Öffnung nach unten in den Schrank stellen, denn dann wurde die Feuchtigkeit eingeschlossen.
    Die beste Art, ein Weinglas zu pflegen, war wohl, es zu benutzen, dachte er.
    Dann stand er plötzlich vor einigen schönen Exemplaren von Graal-Glas. Das eine war eine sehr schöne Vase, die bleischwer aussah und tief innen im Glas ein Muster trug, das eine fruchtbare Meeresbodenvegetation darstellte. Beigefügt war ein längerer Text über die Graal-Technik, aus dem er entnahm, dass der Glasbläsermeister Knut Bergqvist in der Glashütte Orrefors diese Technik 1916 ersann. Bei der Graal-Technik legte man mehrere verschiedene gefärbte Glasschichten übereinander, die auf die eine oder andere Weise gemustert waren, und dann kam noch eine Schicht Klarglas außen drauf. Schon der Name allein regte die Phantasie an. Er erfuhr, dass die Namensgebung auf ein Gedicht von Gustaf Fröding zurückging. Der Gral war nach einer mittelalterlichen Legende die Schale, die benutzt worden war, um Jesu Blut aufzufangen, als er am Kreuz hing. Hier wurde das Blut nun symbolisch in all die Farbschichten und Muster umgewandelt, die in das Glas eingearbeitet wurden.
    Claesson begab sich zur nächsten Vitrine, wo über die Geschichte des Glases berichtet wurde. Zuoberst stand ein kleineres, knallblaues Objekt, ein sogenanntes Kobaltglas, das Kobaltoxid enthielt. Im dazugehörigen Text stand, dass die Glasfertigung um 2500 vor Christus in Ägypten entwickelt wurde, dass man zunächst aber lediglich kleinere Gegenstände wie Perlen oder Schmuck herzustellen vermochte. Mit der Einführung des Blasschlauchs, der wahrscheinlich um Christi Geburt in Syrien erfunden wurde, konnte man dann auch größere Gefäße herstellen. Die Römer waren es, die die Glasbläserkunst in Nordeuropa verbreiteten. Ungefähr hundert Jahre nach Christus gab es in verschiedenen Ländern Zentren der Glasherstellung, so unter anderem in Deutschland, Frankreich, Belgien und England.
    Sieh mal einer an, dachte Claesson. Mit dem Fall des Römischen Reiches um vierhundert verschwanden die Hütten, und die Glasherstellung wurde von Mönchen übernommen. Diese fertigten in erster Linie Fenster für die vielen Kirchen und Kathedralen, die im 12. und 13. Jahrhundert auf dem Kontinent gebaut wurden.
    Nach Schweden kam die Glasherstellung relativ spät. Man ist sich nicht sicher, aber möglicherweise könnten die Mönche in Vadstena schon früh Fensterglas für Kirchen hergestellt haben, vielleicht sogar schon im 14. Jahrhundert. Als gesichert gilt jedoch, dass Gustav Vasa im 16. Jahrhundert ausländische Glasbläser nach Schweden brachte.
    Claesson wollte nicht gestört werden, und er hoffte, dass das Handy noch ein wenig schweigen würde. Gerade las er, dass man in Schweden im 17. Jahrhundert ungefähr zwanzig Glasfabriken zählte, die sämtlich von Fachleuten oder Adligen gegründet worden waren, die dazu Glasbläser aus Deutschland und Italien geholt hatten.
    Claesson trat von der Informationstafel zurück.
    »Du warst natürlich schon oft hier, oder?«, sagte er zu Lundin.
    »Aber sicher! Und man entdeckt immer noch was Neues!«
    In den Vitrinen standen imposante Schüsseln, Schalen, Urnen mit sanft abgerundeten Kanten in allen Formen und Farben – sämtlich wertvolle Prachtwerke, für Sammler von berühmter Tafelkunst wahrscheinlich höchst

Weitere Kostenlose Bücher