Tod in der Walpurgisnacht
hören.
»Wenn die Ehefrau, wie sie sagt, in Växjö war, dann standen die drei Häuser am Ende der Straße leer. Es sei denn, es hat sich jemand in dem roten Haus ganz hinten aufgehalten. Auch wenn die Glasfabrik das Haus besitzt und es als eine Art Atelier benutzt, kann zufällig jemand dort gewesen sein. Die Nachbarn weiter oben haben vielleicht nicht alles unter Kontrolle«, sagte Lundin.
»Das wage ich zu bezweifeln«, meinte Claesson. »Aber du musst doch selbst diverse Male an dem Haus vorbeigefahren sein. Dann hättest du doch gesehen, ob abends Licht brannte.«
Janne Lundin verstummte und starrte konzentriert auf den schäbigen Sperrholztisch mit den Ringen von Gläsern und Flaschen. Dann zuckte er mit den Schultern und erinnerte Claesson daran, dass sie zur Glashütte mussten.
»Da muss es eine Person geben, die nachts auf die Öfen aufpasst und das neue Gemenge, also die Glasmasse, einfüllt, damit die morgens, wenn die Glasarbeiter kommen, bereitsteht«, sagte Lundin. »Der könnte etwas gesehen haben, auch wenn es unwahrscheinlich klingt. Wahrscheinlich muss man noch froh sein, dass die Leichenteile nicht in die Glasöfen geworfen worden sind«, fügte er hinzu. »Bei über tausend Grad würde nicht viel übrig bleiben. Aber ich glaube nicht, dass das ginge, der Einfüllstutzen ist zu schmal, da müsste man stückeln …«
Claesson verzog das Gesicht.
»Stückeln hinterlässt Spuren«, gab er zu bedenken.
»Aber nun ist die Leiche ja auch nicht in der Hütte gefunden worden«, sagte Lundin.
»Weißt du, ob sie in der Sargfabrik auch Nachtschichten fahren?«, fragte Claesson.
»Die Fabrik steht nachts still«, erklärte Lundin. »Da kann niemand etwas gesehen haben, aber wir werden das sicherheitshalber noch mal kontrollieren.«
Lundin und Claesson saßen einander gegenüber, Lundin hatte die Unterarme auf dem Tisch aufgestützt. Es war immer noch heiß und stickig in dem Raum, obwohl sie eine Zeitlang die Tür hatten offen stehen lassen. Claesson wippte mit dem Fuß, um sich wach zu halten. Jetzt machte sich das Nachmittagsloch bemerkbar. Er beobachtete eine Fliege, die in ihrem verzweifelten Kampf, nach draußen zu gelangen, stur gegen eine Fensterscheibe brummte.
»Sie können die Leiche natürlich auch aus der anderen Richtung zur Allmende gefahren haben«, bemerkte Lundin.
»Du meinst, an der Abfahrt zu deinem Grundstück vorbei?«
Lundin nickte. Diesen Weg nahm er nur selten. Da er immer aus Richtung Högsby kam, fuhr er stets durch die Ortsmitte von Hjortfors, das ging schneller.
»Wohin führt denn der Sodavägen, wenn er über die Ortsgrenze hinausgeht?«
»Nach Ruda. Oder, wenn man nach Süden abbiegt, über verschlungene kleine Sträßchen nach Aboda Klint«, sagte Lundin. »Man kann einen weiten Bogen von der Glashütte beschreiben und dann über einen Waldweg von der anderen Richtung aus in den Sodavägen kommen«, fuhr Lundin fort und berichtete, dass die beiden Wachleute, Jojje und Ludde, erzählt hätten, dass schon früh am Nachmittag von Walpurgis eine Gruppe junger Leute auf der Allmende gewesen sei.
»Ehrlich? Warum hast du das nicht gleich gesagt?«, fragte Claesson.
»Ich sage es doch jetzt! Die feierten wohl irgendwas mit Picknick und Krakeel und so.«
Wahrscheinlich waren sie nicht nüchtern.
»Sie hielten sich auf der Wiese zum See hin auf. Wir haben auch Namen bekommen«, sagte Lundin und holte ein Papier aus der Tasche seiner Jacke, die über der Stuhllehne hing. »Natürlich kannten die Wachleute ein paar von ihnen. Das ist hier ja nicht wie in New York.«
Claesson sah ihn erstaunt an. »Bist du da schon gewesen?«
»Wo?«
»In New York?«
»Nein, aber man stellt sich doch vor, dass es in einer Stadt voller Wolkenkratzer leichter ist zu verschwinden. Gut, und dann war noch eine Frau namens Gunilla Arfwidsson hier«, fuhr er fort.
»Die Gemeindeschwester«, sagte Claesson.
»Ja. Die hatte gehört, dass es Skoglund, einer ihrer Patienten, sei, den man im Feuer gefunden habe.«
»Aha! Und wo hatte sie das erfahren?«
»Natürlich von den Nachbarn, Stefan und Jill Gustavsson. Die Buschtrommeln eben. Sie wusste nicht sicher, dass es Skoglund war, aber das habe ich ihr dann gesagt.«
»Diese Nachbarn sind wirklich auf dem Quivive«, sagte Claesson. »Die haben mich auch angerufen, um mir zu sagen, dass die Ehefrau nach Hause gekommen war. Darum hatten wir sie aber auch gebeten. Wir sollten die beiden noch mal gründlicher befragen. Vielleicht wissen sie
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