Tod in der Walpurgisnacht
noch mehr. Was hat die Gemeindeschwester denn gesagt?«
»Dass Johannes Skoglund nicht so krank gewesen sei, dass man in allernächster Zeit mit seinem Tod hätte rechnen müssen.«
»Das hat seine Frau auch gesagt«, ergänzte Claesson.
»Trotzdem war er ernsthaft krank, da gab es keinen Zweifel«, fuhr Lundin fort. »Offenbar war der Krebs schon sehr weit fortgeschritten, als er entdeckt und operiert wurde. Doch soweit ich das verstanden habe, kann man sich heute mit modernen Medikamenten recht lange am Leben halten. Allerdings hat sie keine exakte Prognose genannt.«
»Davor hüten sich die Ärzte sehr wohl«, sagte Claesson sachkundig.
»Nach der Operation hatte er eine Chemo. Sie hat mir das in einigermaßen normalen Worten erklärt, aber es wollte hier oben nicht so richtig rein«, sagte Lundin und klopfte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Auf jeden Fall ist Skoglund wieder auf die Beine gekommen und kam einigermaßen gut klar. In der letzten Zeit hatte er etwas abgenommen, und sie wusste nicht warum. Doch nach ihrer Einschätzung hatte er keinen Hang zum Selbstmord, sondern das Leben war ihm sehr viel wert, so wie es manchmal ist, wenn man weiß, dass die Tage gezählt sind. Zumindest ehe der Zustand zu elend wird und sich die Sehnsucht einstellt, von den Qualen befreit zu werden und zu sterben.«
Lundin hielt einen Moment inne.
»Es heißt, Skoglund sei tiefgläubig gewesen, aber wir wissen ja beide, dass das nicht immer hilft. Im Leben ist nichts in Stein gemeißelt, wenn man so will. Alles kann passieren, alles kann sich ändern«, philosophierte Lundin.
Claesson sah ihn neugierig an. Unglaublich, wie reflektiert und eloquent Lundin geworden war. Eigentlich war er keine Plaudertasche, sondern eher kurz und bündig veranlagt, vor allem im Schriftlichen. Die Berichte von Janne zu lesen war eine Freude, kein Wort zu viel. Doch hier trieb die Sprache Blüten. War es die Vertrautheit des Heimatortes, die ihn zu all diesen Ausführungen hinriss?
Lundin setzte sich anders hin und lehnte sich an die Rückenlehne.
»Die Gemeindeschwester hat erzählt, dass Skoglunds Ehefrau sich nicht gern › mit der Wunde befasste ‹ , wie sie es ausdrückte. Und auch die Medikamente des Ehemannes versorgte sie nicht gern. Manche Menschen haben es nicht so mit der Pflege und ekeln sich schnell«, sagte Lundin mit einem breiten Grinsen zu Claesson, dessen Empfindlichkeiten in dieser Hinsicht allgemein bekannt waren.
»Konnte Skoglund das nicht selbst?«, fragte Claesson. »Braucht es dazu immer eine Frau? Eine Florence Nightingale?«
Lundin zuckte mit den Schultern. »Auf jeden Fall hatte die Gemeindeschwester sich so ihre Gedanken gemacht, dass die Frau sich von ihrem Mann fernhielt, da er nicht mehr so groß und beschützend war wie früher.«
»Hat sie das so gesagt?«, fragte Claesson.
»Ja, so hat sie sich ausgedrückt. Aber das kann ja auch ihre Interpretation sein. Wir müssen das wohl noch mal genauer unter die Lupe nehmen.«
»Vielleicht hat er sie geschlagen«, sagte Claesson, der Mariana Skoglund danach nicht gefragt hatte.
Das gehörte sich auch nicht, wenn man in ihrer Küche saß und ihr eben erzählt hatte, dass ihr Mann tot in einem Maifeuer gefunden worden war. Aber es war noch nicht zu spät, das herauszufinden.
Falls der Mann es sich nicht zur Gewohnheit gemacht hatte, seine Ehefrau zu schlagen, hatte er sich vielleicht der etwas anspruchsvolleren psychologischen Kriegsführung mit Drohungen und Sarkasmus gewidmet, die nur auf der Seele blaue Flecken hinterließen. Das war nach Meinung von Claesson fast noch schlimmer. Wenn man das überhaupt vergleichen konnte. Seelische Misshandlung war nur schwer zu beweisen und zu bekämpfen. Hatte Mariana Skoglund genug gehabt und die Sache selbst in die Hand genommen? Es war etwas Vages an ihr, dachte Claesson, etwas Unbestimmtes, aber doch Ungebändigtes, die angespannten Lippen, die monotone Stimme.
Wahrscheinlich war sie von der zähen Sorte, jemand, der alles aushielt. Abgehärtet vielleicht. Viele in ihrer Generation waren so erzogen worden, dass man Kinder oder Mann nicht verließ, und viele konnten sich das auch gar nicht leisten, wenn sie nicht äußerst sparsam leben wollten.
»Die Gemeindeschwester erwähnte etwas in der Art, dass Skoglund in seinem Haus wohl immer der Herr gewesen sei«, meinte Lundin.
»Was du nicht sagst«, erwiderte Claesson, der damit seine Überlegungen bestätigt sah.
»Es wäre eben die althergebrachte Ehe
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