Tod in der Walpurgisnacht
schließlich war Johannes Skoglund wegen Dickdarmkrebs operiert worden.
»Du, sag mal«, begann er und wandte sich zu seiner Ehefrau um. »Was weißt du über Dickdarmkrebs?«
Veronika stützte eine Hand in die Hüfte. Sie lächelte.
»Was willst du wissen?«, fragte sie.
»Na ja …«, sagte er, denn er wusste nicht recht, auf welche Fragen er eine Antwort brauchte.
Während er überlegte, verschwand Veronika im oberen Stockwerk, um etwas zu holen. Skoglund war ja nicht allzu schlecht dran gewesen, aber dennoch nicht vollkommen geheilt, das hatten sowohl die Gemeindeschwester als auch die Ehefrau berichtet. Claesson dachte darüber nach, ob es vielleicht von irgendeiner Symbolik war, dass Skoglund durch eine schwere Verletzung im Bauch, also seiner empfindlichsten Körperregion, getötet worden war.
Das war, als würde man in einen Ameisenhaufen stechen. Die Mordwaffe war noch unbekannt. Der Gerichtsmediziner glaubte nicht, dass es ein Messer war, denn er hatte keine scharfen Schnittwunden gefunden, sondern zackenförmig zerrissenes Gewebe. Es war, so hatte Knutte Kroona gesagt, als ob das Opfer gepfählt worden sei.
Gepfählt?
Claesson selbst hatte, wenn es um Mordermittlungen ging, nicht viel für Mystik oder Symbolik und derlei Kram übrig. Hinter einer solchen Tat stand immer der böse Wille eines Menschen, ganz gleich, ob es sich um einen Ritualmord, einen Ehrenmord oder eine lang hingezogene Folter handelte.
Die meisten schlugen mit dem zu, was sie in ihrer Nähe grade greifbar hatten, und die Statistik zeigte, dass dies zumeist ein Messer war. Sein Rat an die meisten Menschen wäre deshalb, niemals unnötigerweise ein Messer bei sich zu tragen, denn das konnte zu einer völlig falschen Verwendung kommen. Streit oder Ärger und eine blitzende Klinge waren keine gute Kombination, denn da konnten Dinge passieren, die man für den Rest seines Lebens bereute.
»Erzähl doch mal, wie verbreitet Dickdarmkrebs ist«, bat er.
»Gleich nach Lungenkrebs ist Darmkrebs die Krebsart mit der höchsten Sterblichkeitsrate. Auf der anderen Seite sind die Prognosen großartig, wenn man rechtzeitig kommt«, sagte sie. »Colon ist dasselbe wie Dickdarm. Darmkrebs ist sehr häufig, auf dem dritten Platz nach Prostata- und Brustkrebs und nach Hautkrebs. Aber da gibt es viele gutartige, an denen man nicht stirbt.«
»Erzähl mehr.«
»In den letzten zehn Jahren hat es eine leichte Zunahme von Fällen gegeben, in Schweden erkranken jedes Jahr um die sechstausend Menschen an Dick- oder Enddarmkrebs, die meisten von ihnen sind über sechzig Jahre alt. Weniger als zweitausend sterben jedes Jahr an der Krankheit.«
Sie ließ sich auf den Stuhl ihm gegenüber sinken und versuchte herauszukriegen, ob er mit der Antwort zufrieden war. Nora hing an ihrem Hosenbein und wollte auf den Schoß. Sie hob sie hoch.
»Willst du noch mehr wissen?«, fragte sie.
»Gern. Warum haben die Fälle zugenommen?«
»Das hängt mit dem Lebensstil zusammen. Wenig Bewegung, Übergewicht, ungesundes Essen. Und außerdem werden wir älter.«
Er nickte.
»Dickdarmkrebs und Krebs im Enddarm wird im Allgemeinen zuerst durch Blut im Stuhl sichtbar«, setzte sie ihre Vorlesung mit großem Engagement fort. »Einen kleinen Polypen, der blutet, den kann man leicht entfernen, und wir machen das mit einem Koloskop. Also man geht durch den Enddarm hinein und knipst den Polypen ab. Das ist keine große Operation.«
»Und was passiert, wenn der Polyp wächst?«, fragte er angespannt.
»Die einzige Behandlungsmöglichkeit ist die Chirurgie, also dass man den Krebs entfernt. Der verstopft den Darm und kann sehr groß werden. Manchmal gelingt es uns, den Tumor wegzunehmen und die tumorfreien Enden des Darmes zusammenzunähen, aber manchmal müssen wir ein Stoma legen, eine Tüte auf den Bauch. Das hängt davon ab, wie es im Darm aussieht. Hat der Krebs schon in die Lymphknoten gestreut, dann sind hinterher Cytostatika erforderlich, da hat man heute aber sehr gute Medikamente. Einige Patienten bekommen Metastasen, also Tochtergeschwulste, in der Leber, und manchmal operiert man die dann auch.«
»Woran merkt man, dass man diesen Krebs oder einen Polypen hat?«, fragte er mit in Falten gelegter Stirn und einem inzwischen vor Ekel und Furcht verzogenen Mund.
»Das ganze System funktioniert nicht mehr, die Nahrung geht nicht durch, die Stuhlganggewohnheiten ändern sich: manchmal weich, manchmal hart und schleimig. Aber viele Leute schämen sich, darüber zu
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