Tod in Innsbruck
hat?«
»Zu viele Topfengolatschen«, sagte Wurz.
»Zählst du auch schon die Tage?«
»Was denkst du denn? Noch vierzehn. Nein, nur noch dreizehneinhalb. Dann sind wir ihn los und …«
Heisenberg umrundete den Baum mit Schwung.
»Freuen Sie sich nicht zu früh, Wurz. Womöglich kommen S’ vom Regen in die Traufe.«
Wurz fuhr herum, als hätte ihm jemand eine Nadel in den Hintern gerammt. Sein Gesicht überzog sich mit pubertärer Röte. Stotternd suchte er nach einer Entschuldigung.
Heisenberg setzte sein spöttischstes Lächeln auf. »Schon gut. Machen S’ weiter.«
Gehorsam beugte Wurz sich über ein Stück Moos, in dem man mit gutem Willen so etwas wie einen Fußabdruck erkennen konnte. Es klickte, als er auf den Auslöser der Kamera drückte.
»Kann natürlich sein, dass der Abdruck vom Schwammerlsucher stammt, der die Leichenteile gefunden hat.«
»Wo ist der Mann?«
»Unten, am Weg. Hat sich auf die Bank gesetzt. Dem ist auch schlecht«, murmelte Mitterhofer, als wollte er sich entschuldigen.
»Wo bleibt eigentlich der Prantl?«
»Hat heute Urlaub. Seine Assistentin müsste schon längst da sein«, sagte Wurz.
»Die fesche Rothaarige?« Mitterhofers Wangen leuchteten, dass die Rothaarige dagegen blass ausgesehen hätte.
»Und wo sind die Kollegen von der Spusi?«
»Kämmen schon den Waldhang in Richtung erstem Fundort durch. Bartsch wirkt ziemlich verbissen«, sagte Wurz.
»Das will ich ihm auch geraten haben! Wenn seine Leute nicht so geschlampt hätten, hätten sie die Beine schon am Montag finden können. Die Fundorte liegen nur hundert Meter auseinander. Zwei Tage versäumt, nur wegen der Nachlässigkeit der Spusi.«
»Vielleicht hat der Mörder die Beine erst später entsorgt, und am Montag waren sie noch gar nicht da«, warf Mitterhofer zaghaft ein.
»Und ob die da waren. Darauf möcht ich wetten«, sagte Heisenberg.
»Glauben Sie, dass die Beine zur selben Leiche gehören?«
»Menschenskind, Wurz, was denn sonst? Sie hätten wohl gern eine ganze Serie von Morden, was? Aber wir sind ja nicht in New York. Und auch nicht in Miami.« Er schüttelte den Kopf. »Schlimm genug, dass das gerade jetzt passieren muss.«
Sie hatten immer noch nichts. Noch nicht einmal die Identität des Opfers.
»Vorhin war übrigens einer von der Tageszeitung da und wollte Fotos machen. Ich hab ihn weggeschickt.«
»Gut gemacht, Mitterhofer. Weiß der Kuckuck, wie diese Geier immer so schnell Wind davon bekommen. Ich nehme mir dann mal unseren Zeugen vor. Warten Sie auf die Gerichtsmedizinerin.«
»Geht klar, Chef.« Mitterhofer grinste wie diese ominösen Honigkuchenpferde. Wobei Heisenberg keine Ahnung hatte, wie er sich das Grinsen von Honigkuchenpferden vorstellen musste. Auf jeden Fall dümmlich.
Er stieg den Hang hinunter bis zum Wanderweg und hielt auf die Bank zu, die idyllisch unter einer Linde stand. Ein älterer Mann saß zusammengekrümmt darauf, vor sich zwei Milchkannen, aus denen es gelb leuchtete.
Heisenberg setzte sich neben ihn. Das Bild der wuselnden Maden wollte nicht aus seinem Kopf. Und obwohl er den Duft von Pfifferlingen, feuchter Walderde und verharzten Tannennadeln einsog, der aus den Kannen strömte, spielte ihm seine Nase einen Streich und gab vor, immer noch die Süße von totem Menschenfleisch zu riechen. Als hätte sich der Verwesungsgestank in seinen Nasenhaaren festgesetzt.
»Guten Tag. Heisenberg, vom Landeskriminalamt.«
»Grüß Gott, Herr Kommissar. I bin der Unterthiner Simon, aus Pfitsch.«
Das sind diese blöden Fernsehkrimis. »In Österreich gibt’s keinen Kommissar. Ich bin Oberst, aber sagen S’ bittschön einfach Heisenberg zu mir.« Heisenberg räusperte sich. »Was führt Sie nach Innsbruck, Herr Unterthiner?«
Der Südtiroler zuckte zusammen. Mit schuldbewusstem Blick deutete er auf die Milchkannen.
»Aha. Ein Schwammerlsucher. Viel haben S’ aber nicht gefunden.«
»Das meiste hab ich schon im Kofferraum, woll? Alles miteinander vielleicht ein bissl mehr als die erlaubten zwei Kilo.« Unterthiner knirschte mit den Zähnen. »Bin ich jetzt verhaftet?«
»Wir haben es hier mit einem Mordfall zu tun, Herr Unterthiner. Wie viele Schwammerl Sie hamstern und um wie viel Geld Sie die in Südtirol weiterverkaufen, das ist mir wurscht.«
»Das ist ja nur, weil heut der Siebzehnte ist und weil in Südtirol das Schwammerlsuchen bloß an den geraden Tagen erlaubt ist. Deshalb komm ich an den ungeraden immer hierher. Weil, die ersten Eierschwammerl
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