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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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meine Ermittlung weiterführe. Wir sind hier in Portugal. So funktioniert unser Rechtssystem. Sie sind schuldig, bis Ihre Unschuld bewiesen ist. Ich wünsche ein schönes Wochenende.«
    Carlos hatte den Durchsuchungsbefehl. Wir fuhren nach Odivelas. Es wurde spät, doch jetzt wollte ich es wissen.
    Die Zecke öffnete die Tür, las den Durchsuchungsbefehl und brachte ihn Valentims Mutter. Sie saß rauchend am Küchentisch, den Blick vom Fernseher abgewandt, wo dicke Menschen erfolglos so taten, als wären sie reich und komisch. Die Zecke nuckelte an einer Flasche Sagres. Valentims Mutter blickte mit roten Augen aus tiefen, mascaraverschmierten Höhlen auf, ihr Lippenstift war verblasst. Ihre Stimme war schwer von Alkohol und Tränen.
    »Wo wollen Sie anfangen?«, fragte sie.
    »Wir wollen nur sein Zimmer sehen. Ist es abgeschlossen?«
    Sie zuckte die Achseln. Die Zecke nickte.
    »Schlüssel?«
    Die Zecke schüttelte den Kopf. Ich drückte die Klinke nach unten und stemmte mich gegen die Tür. Das Schloss knackte ohne großen Druck, denn die Tür war zu klein für den Rahmen. Carlos gab mir ein Paar Silikonhandschuhe, streifte selbst welche über, und ich machte mich auf der einen Seite des Zimmers an die Arbeit, Carlos auf der anderen. Er ging so sorgfältig und systematisch vor, wie ich es von ihm erwartet hatte, blätterte jedes Buch einzeln durch und behandelte dabei jedes, als wäre es sein eigenes. Genauso ging er auch mit den Noten um. Ich durchsuchte den Nachttisch neben dem Bett, der nichts Interessantes enthielt. Im Schrank fand ich Spiralhefte voller Exzerpte aus Fachbüchern, die ich gelangweilt durchblätterte. Mit einer Stiftlampe im Mund kroch Carlos unter das Bett. Wenig später grunzte er und kam mit einem Schlüssel wieder zum Vorschein, an dem ein Plastikanhänger mit der Aufschrift »7D« baumelte. Wir steckten ihn ein und verließen das Zimmer.
    »Gefunden, wonach Sie gesucht haben?«, wollte die Mutter wissen.
    Ich fragte sie, ob sie den Schlüssel kenne. Die Zecke schüttelte den Kopf, doch ich sah, dass er es wusste. Die Frau starrte in den Aschenbecher vor ihr, ein Träger ihres BHs war heruntergerutscht.
    Wir gingen hinunter zum Wagen und hielten den Schlüssel ins Licht einer Laterne.
    »Was meinen Sie?«, fragte Carlos.
    »Eine Garage vielleicht.«
    »Der Wagen?«
    »Vielleicht. Oder einfach nur ein Ort, wo man private Dinge aufbewahren kann.«
    Vor dem Beifahrerfenster tauchte ein Gesicht auf. Die Zecke auf der Suche nach frischem Blut.
    »Wollen Sie wissen, zu welcher Tür dieser Schlüssel passt?«
    »Sie können ihn nicht leiden, was?«
    »Er ist ein kleiner Scheißer.«
    »Steigen Sie ein.«
    Die Zecke führte uns zu einem zwei Kilometer entfernten Industriegebiet mit Lagerschuppen, Autowerkstätten, Polstermöbel-Herstellern und anderen Kleinbetrieben. Einheit 7D war etwa so groß wie eine Doppelgarage mit einem Tor für Lieferverkehr und einer kleinen Tür zum Büro. Es war ein billiger Schuppen, wenn man kein Student war und auf diese Weise sein Geld verdiente. Ich probierte den Schlüssel. Er passte, und ich drehte ihn im Schloss, bevor ich ihn wieder herauszog.
    »Gehen Sie nicht rein?«, fragte die Zecke.
    »Nicht ohne Durchsuchungsbefehl.«
    » Ich werde es niemandem erzählen.«
    »Das ist mir scheißegal«, sagte ich. »Wenn wir dort drinnen etwas finden, will ich nicht riskieren, es nicht benutzen zu dürfen. Außerdem weiß ich nicht, was für ein Spiel Sie spielen. Vielleicht wechseln Sie zwischendurch die Seite.«
    Wir setzten die Zecke vor einer Kneipe in der Nähe seines Wohnblocks ab. Er ging hinein, hievte sich auf einen Barhocker und schnippte mit den Fingern. Wir fuhren zurück nach Saldanha und erledigten den Formularkram für den Schlüssel.
    Carlos schmollte, also nahm ich ihn mit in die Kneipe gegenüber, den einzigen noch geöffneten Laden in einer nach einer langen Woche und wegen der brütenden Hitze toten Stadt. Wir setzten uns schweigend in das grelle Neonlicht, hängten unsere Jacketts über die Lehnen und tranken Super Bock. Der Barkeeper guckte ein Fußballspiel im Fernsehen. Mäßig interessiert fragte ich ihn nach dem Spielstand.
    »Null zu null«, sagte er, nur mit halbem Ohr zuhörend.
    Ich wandte mich wieder Carlos zu, der offenbar über schweren Gedanken brütete.
    »Sie sprechen Englisch wie ein Engländer«, sagte er.
    »Ich war viereinhalb Jahre dort, vier ein viertel davon in der Kneipe«, sagte ich. »Ansonsten habe ich nur mit meiner Frau

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