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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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zurückkehren, um das Land in eine strahlende Zukunft zu führen. Wer weiß, vielleicht wartet sogar jemand auf mich.«
    Pedro sagte nichts. Er liebte seinen Bruder, doch er fand, dass jener seine Bedeutung im Ancien régime übertrieb. Sein Bruder hatte ihm nie von General Machedo erzählt. Er hielt Pedro für naiv – intelligent, charmant, ein talentierter Bankier und allseits geachteter und beliebter Mann, aber naiv.
    »Ich habe das Gold verkauft«, sagte Pedro, um das Thema zu wechseln. Er wollte lieber über die Zukunft sprechen und über Dinge, in denen er sich sicher fühlte.
    »Wo wir gerade von der Geschichte sprechen, meinst du?«, erwiderte Miguel.
    »Ich habe es für die Bank kapitalisiert.«
    »Wer hat es gekauft?«
    »Ein Kolumbianer mit Wohnsitz in der Schweiz.«
    »Was hast du dafür bekommen?«
    »Der Zeitpunkt erschien mir richtig. Die Befürchtungen wegen des US-Finanzdefizits sind albern. Es ist lediglich eine …«
    »Wie viel?«
    »Sechshundert Dollar die Unze.«
    »Ist der Kurs nicht noch auf achthundert gestiegen?«
    »Ja, schon, aber er war der richtige Käufer in der richtigen Atmosphäre. Er war überhaupt nicht neugierig, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Wirft das US-Finanzdefizit nicht die Frage nach dem wahren Wert des Dollars auf?«, fragte Miguel in dem Bemühen, kenntnisreich zu klingen, wobei er etwas aus einem Time -Artikel zitierte, den er im Flugzeug gelesen und nicht ganz verstanden hatte.
    »Deswegen bin ich ja auch in Immobilien gegangen.«
    »Wenn die USA Pleite machen, ist es völlig egal, worein du gegangen bist.«
    Pedro stand auf und drehte an den Rädchen eines Tresors in der Wand hinter ihm. Miguel erkannte den kleinen Jungen wieder, der aufgeregt seine Weihnachtsgeschenke auspackte.
    »Die USA gehen schon nicht pleite, und wenn doch …«, sagte er und öffnete die Tür des Tresors.
    Er enthielt zwei Goldbarren. Miguel trat neben seinen Bruder und rieb mit dem Daumen über den Prägestempel mit Adler und Hakenkreuz der alten deutschen Reichsbank.
    »Ich hoffe, dass sie für immer einen rein sentimentalen Wert behalten«, sagte Pedro.
    »Erzähl mir von dem Projekt«, sagte Miguel und setzte sich wieder. Er schwitzte leicht und war sich in seinem paranoiden Zustand nicht sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, diese Andenken zu behalten.
    »Wir haben Grundstücke direkt am Largo Dona Estefânia gekauft. Alte verfallende Wohnhäuser. Wir expandieren. Wir passen nicht mehr in dieses alte Gebäude. Also werden wir die alten Wohnhäuser abreißen und uns ein neues Bürogebäude bauen. Die obersten drei Etagen übernehmen wir selbst, den Rest vermieten wir. Ich möchte, dass du die Leitung des Projekts übernimmst. Der Architekt liegt mir ständig in den Ohren, und ich habe keine Zeit, mich um ihn zu kümmern.«
    »Wann soll ich anfangen?«, fragte Miguel, den die Vorstellung, unmittelbar Verantwortung übernehmen zu müssen, sichtlich nervös machte.
    »Sobald du magst. Für dich steht oben ein Büro bereit. Wir mussten die Wohnungen in Geschäftsräume umwandeln, um genug Platz zu haben.«
    Miguel stand auf und rekelte sich.
    »Ich brauche ein wenig Zeit, um mich daran zu gewöhnen, wieder in Portugal zu sein. Ich möchte in die Beira fahren und die Luft dort riechen. Ich möchte am Strand von Guincho Fisch essen und so weiter.«
    Pedro überkam eine plötzliche Rührung darüber, dass sein Bruder wieder im Lande war. Er ging um den Schreibtisch und umarmte ihn.
    »Bevor du irgendwas machst, müssen wir morgen als Erstes zum Notar gehen«, sagte er. »Nachdem du nun Miguel da Costa Rodrigues bist, müssen ein paar kleinere Formalitäten erledigt werden. Zunächst muss ich dich für den Fall, dass Isabel und mir etwas passiert, zum Vormund meiner Kinder bestimmen. Dr. Aquilino Oliveira hat alles vorbereitet.«
    »Natürlich«, sagte Miguel, beinahe ergriffen.
    Sie klopften sich auf die Schultern, und Miguel steuerte die Tür an.
    »Da ist noch eine Sache«, sagte Pedro. »Klaus Felsen wurde im vergangenen Monat aus dem Gefängnis entlassen.«
    »Ist das nicht ein Jahr zu früh?«
    »Frag mich nicht, warum. Du solltest es nur wissen, und denk dran, dass es der letzte Wunsch deines sterbenden Vaters war, dass wir nichts mit ihm zu tun haben.«
    Überrascht beobachtete Miguel, wie sein Bruder sich bekreuzigte.
    »Hat Senhor Felsen schon angerufen?«
    »Er hat es versucht.«
    »Nun, für einen Miguel da Costa Rodrigues wird er sich kaum interessieren.«
    »Ich erzähle

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