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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Eintrag – vermutlich war das Haus nach wie vor auf seine Frau eingetragen, die noch unter ihrem Mädchennamen im Telefonbuch stand.
    Wir erreichten das Ende der Autobahn, fuhren weiter nach Westen, durch Aldeia de Juzo und Malveira, und erklommen die Serpentinen hinauf zur Kapelle von Peninha, die sich im letzten Licht der Dämmerung vor uns abzeichnete. Die Lichter der vereinzelten Häuser verloren sich in der wie in schwarzen Samt gehüllten Heidelandschaft. Die Schiffe auf dem Atlantik steuerten dem letzten graublauen Streifen Tageslicht entgegen. Am höchsten Punkt der Straße nahmen wir die Abzweigung nach Azóia, vorbei an zu Lokalen umgewandelten alten Windmühlen, durch ein Dorf voller bellender Hunde und wieder hinaus in eine karge, jetzt vollkommen dunkle Landschaft aus Stechginster und Heidekraut, über die der Leuchtturm seinen Lichtstreifen warf.
    Wir erreichten das Ende der geteerten Straße und folgten einer Schotterpiste zu einem von einer Mauer umgebenen Bungalow mit einer uneinsehbaren Dachterrasse, auf der ein Licht brannte.
    Im Licht unserer Scheinwerfer sahen wir eine Frau, die uns das Tor öffnete. Im Hof bellte ein Schäferhund und zerrte wie verrückt an einer Kette.
    »Ich bin Frau Junge«, sagte die Frau mit einer freundlichen Stimme, die ein wenig so klang, als würde sie jodeln. Sie brachte den Hund zum Schweigen. Er mochte ihre Stimme offenbar auch, jedenfalls beruhigte er sich und spitzte die Ohren.
    Frau Junge führte uns über eine Außentreppe auf die Dachterrasse. Neben dem Licht saß eine zusammengesunkene Gestalt in einem Rollstuhl, den Kopf auf der Brust – kein sehr lebendig aussehender Mensch. Das Leuchtfeuer strich über das Dach.
    Frau Junge flüsterte dem in dicke Decken gewickelten Mann in dem Rollstuhl etwas ins Ohr, und er hob den Kopf. Dann zog sie zwei Stühle von der Wand neben den Rollstuhl. Eine Hand tauchte unter den Decken auf und dirigierte die Stühle näher zu sich. Sie seufzte, als hätte sie einen ungezogenen Jungen vor sich, tat jedoch, was er wollte.
    »Er will, dass das Mädchen neben ihm sitzt. Geben Sie auf seine Hand Acht. Er hat zwar bloß eine, aber die kann ziemlich schnell und … zudringlich sein«, sagte sie und ließ uns allein.
    Luísa sah aus wie eine Frau, die sich wünschte, einen längeren Rock zu tragen.
    »Die Kälte macht mir zu schaffen«, sagte Felsen mit brüchiger Stimme wie rissiges Porzellan.
    Seine Schädelknochen und die blauen Venen traten überdeutlich unter seiner dünnen, straff gespannten Haut hervor. Seine geschwollenen Lider und die schlaffen Tränensäcke unter seinen Augen ließen ihn permanent untröstlich aussehen. Er hatte eine feine, spitze, wund gekratzte Nase.
    Wir stellten uns vor, und er klammerte sich an Luísas Hand.
    »Wissen Sie, warum wir hier sind?«, fragte sie.
    »Sie können gern rauchen, wenn Sie wollen. Ich habe nichts dagegen, wenn in meiner Umgebung geraucht wird.«
    »Frau Junge hat Ihnen gesagt, warum wir hier sind.«
    »Ja, ja«, sagte er, »aber bitte, rauchen Sie. Ich mag den Geruch.«
    Ich zündete mir eine Zigarette an, und Luísa tat es mir nach.
    »Ich bin nur noch ein Schatten des Mannes, der ich einmal war. Ich schrumpfe, und sie schneiden ständig weitere Stücke von mir ab. Ich habe im Gefängnis einen Arm und ein halbes Ohr verloren. Als ich rauskam, hat man mir das rechte Bein unterhalb des Knies abgenommen. Ich weiß nicht mehr, warum. Zu viel Liegen im Gefängnis … oder war es das Rauchen? Das könnte es gewesen sein.«
    Luísa drückte ihre Zigarette aus und kratzte sich an der Wade.
    »Natürlich nehmen sie nicht das schlechte«, sagte er. »Ich hinke seit meiner Kindheit. Aber nein, das Bein bleibt dran. Sie nehmen das gesunde. Das habe ich dem Chirurg auch gesagt. Ich habe gesagt: ›Dieses Krankenhaus frisst mich bei lebendigem Leibe.‹ – Aber was kümmert ihn das?«
    Er lachte angestrengt, bis seine Stimme beinahe brach. »Die Bank«, sagte er, »deswegen sind Sie hier. Sie wollen über die Bank reden. Ich habe fünfzehn Jahre darauf gewartet, über die Bank zu reden, aber Sie sind die Ersten, die es hören wollen. Heutzutage schaut niemand mehr zurück. Niemand weiß um seine Herkunft. Alle wollen nur wissen, wohin es geht.«
    »Ich brauche meine Hände, um mitzuschreiben, was Sie sagen«, erklärte Luísa, entzog ihm ihre Hand und startete den Laptop.
    »Darf ich sie auf Ihre Schulter legen?«, fragte Felsen.
    Er erzählte seine Geschichte in zwei Teilen. Der erste Teil

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