Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
Vom Netzwerk:
Monsanto-Park dirigiert hatte, in der Einöde abgesetzt werden wollte.«
    »Sie hatte mir erzählt, dass sie nach Cascais wollte, und ich meinte, ich könnte sie dorthin mitnehmen. Ich war ohnehin …«
    »Nein, waren Sie nicht. Sie sind an jenem Abend nur bis Paço de Arcos gefahren«, sagte ich und griff damit auf eine bekannte Methode zurück, eine zurechtgelegte Geschichte zu knacken: Man muss sich auf ein kleines Detail konzentrieren und seinem Gegenüber kleine Lügen entlocken, auf die man es festnageln kann.
    »Hören Sie, Inspektor«, sagte er sichtlich verärgert, »ich habe sie nach dem Weg irgendwohin gefragt. Sie hat gesagt, sie wolle den Zug nach Cascais nehmen. Ich habe gesagt, dorthin würde ich auch fahren. Sie wirkte froh, mitgenommen zu werden. Ich habe sie nicht gezwungen, mit mir zu fahren. Sie ist freiwillig eingestiegen. Wenn Ihre Zeugen behaupten, ich hätte sie in den Wagen gezerrt …«
    »Das tun sie nicht. Ich wollte lediglich genau wissen, wie das Ganze abgelaufen ist, Senhor Rodrigues. Um sie in den Wagen zu locken, haben Sie ihr erzählt, sie würden nach Cascais fahren.«
    Er wirkte nicht glücklich, doch er wollte auch dringend das Thema wechseln.
    »Sie ist eingestiegen. Ich bin gefahren. Wir haben uns unterhalten«, sagte er entschieden.
    »Über Musik und darüber, dass Sie nach Cascais fahren … und wie sind Sie auf den erhofften Geschlechtsverkehr zu sprechen gekommen?«
    Es war nicht besonders heiß im Vernehmungszimmer, doch Senhor Rodrigues fand die Temperatur unbehaglich. Sein Kragen spannte, und auf seiner Stirn bildeten sich kleine Schweißtröpfchen. Er verlagerte mehrfach sein Gewicht und legte schließlich einen Arm um die Rückenlehne des Stuhls, auf dem sein Anwalt saß.
    »Ich habe ihr erklärt, dass ich sie in der pensão gesehen hätte.«
    »Das muss sie doch überrascht haben.«
    »Warum?«
    »Sie glaubt, sie steigt zufällig in einen Wagen ein. Sie glaubt, sie zeigt jemandem den Weg zum Monsanto-Park. Sie glaubt, dass sie nach Cascais mitgenommen wird. Sie sprechen über Musik … über was für Musik übrigens?«
    »Sie hat gesagt, dass sie die Smashing Pumpkins mag.«
    Ich spürte einen kalten Schauder bis in die Knochen.
    »Sie sprechen also über die Smashing Pumpkins, fahren durch den Monsanto-Park, und dann plötzlich wechseln Sie das Thema. Plötzlich sind Sie ein Freier, ein Spanner, der sie durch einen venezianischen Spiegel in der Pensão Nuno beobachtet hat. Plötzlich, Senhor Rodrigues, sind Sie kein netter Typ mehr, der ein Mädchen nach Hause fährt. Sie sind bloß noch so ein perverser Lüstling.«
    »Ich denke, es ist unnötig, meinen Mandanten in dieser Form zu beleidigen«, sagte der Anwalt.
    Wir sahen ihn beide an.
    »Senhor Rodrigues?«, insistierte ich.
    »Wie war noch die Frage? Ich weiß nicht mehr …«
    »Wie hat sie reagiert, als Sie ihr erzählt haben, dass Sie sie schon einmal gesehen hatten, beim Geschlechtsverkehr in der Pensão Nuno?«
    »Sie war eine Prostituierte, Herrgott noch mal.«
    »Sie ist aber nicht als Prostituierte in Ihren Wagen gestiegen. Sie ist als Schülerin in Ihren Wagen gestiegen, die einen Streit mit einem Mann gehabt hatte und Ihnen den Weg zum Monsanto-Park zeigen wollte, damit Sie sie nach Cascais mitnehmen konnten. Überlegen Sie noch einmal, Senhor Rodrigues, und dann erzählen Sie mir, wie Sie alles verändert haben und wie sie darauf reagiert hat.«
    »Verändert? Ich habe gar nichts verändert. Was soll ich denn verändert haben?«
    »Die ganze Situation, Senhor Rodrigues.«
    Schweigen. Der Anwalt sah seinen Mandanten an, wusste nicht, worin das Problem lag, und erkannte, dass die Wahrheit offenbar nicht in einem steten Strom aus ihm heraussprudelte.
    »Haben Sie möglicherweise aufgrund einer Annahme gehandelt, Senhor Rodrigues?«
    »Einer Annahme? Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Haben Sie angenommen, dass sie es verstehen würde, wenn Sie sie mit erkennbar sexueller Absicht berühren würden, oder dass sie Sie einfach mögen musste, weil Sie doch ein netter Kerl sind? Und als sie das nicht verstanden hat, mussten Sie ihr erzählen, dass Sie sie gesehen hatten und dass Sie wussten, dass sie in Wahrheit eine Prostituierte war. Denn wenn das der Fall war, Senhor Rodrigues, glaube ich nicht, dass ihr das gefallen hat.«
    »Warum nicht? Schließlich war es doch so.«
    »Weil alles so gut lief, Senhor Rodrigues. Sie waren ein netter Kerl, und dann haben Sie sich durch einen kleinen Satz oder vielleicht auch

Weitere Kostenlose Bücher