Tod in Lissabon
absolute Motivation der Leute. Tausende, die man mobilisieren konnte, an der Oberfläche zu schürfen. Und natürlich Diebstahl.
Das Strategietreffen hatte ungünstig begonnen. Die Männer arbeiteten bereits mit voller Kraft und hatten nie auch nur annähernd dreihundert Tonnen im Monat gefördert. Sie klagten darüber, dass die portugiesischen Konzessionäre ein Anziehen des Marktes witterten und die kostbare Ware deshalb horteten. Dann wetterten sie gegen die Briten, die mit ihren Bemühungen um Vorkaufsrechte die Preise hochgetrieben und die Portugiesen weiter ermutigt hätten, auf ihren Vorräten sitzen zu bleiben.
»Der Preis ist kein Thema mehr«, sagte Felsen, was ein wenig zur Beruhigung beitrug. »Unser Befehl lautet ab sofort, mit allen Mitteln an die Ware zu kommen. Meine geheimdienstliche Unterrichtung in Lissabon lässt mich vermuten, dass die Entscheidungsprozesse bei der UKCC eher langsam verlaufen, dass sie lediglich kurzfristig am Markt aktiv ist und Angst vor hohen Preisen hat, weil ihre Geschäftsführer nur sehr ungern mit geliehenem Geld kaufen. Das heißt, die UKCC hat sich selbst in den Fuß geschossen. Erst hat sie die Preise hochgetrieben, und jetzt verliert ihre eigene Mine Arbeitskräfte. Die Bergleute haben erkannt, dass auf eigene Rechnung an der Oberfläche zu schürfen mehr einbringt als gegen Lohn unter Tage zu schuften. Derlei Probleme haben wir nicht. Wir haben Geld. Wir können aggressiv vorgehen. Wir können Kontinuität bieten.«
»Was meinen Sie mit Kontinuität?«
»Das heißt, dass wir immer kaufen. Das können die Briten nicht. Die arbeiten eher in Schüben, das heißt, sie müssen die Produzenten zwangsläufig enttäuschen. Wir werden sie nie enttäuschen. Wir werden enge Beziehungen zu den Leuten vor Ort anknüpfen, zu den Leuten, die die Gemeinden kontrollieren, und wir werden sie zu loyalen Verbündeten der deutschen Kaufinteressen machen.«
»Und wie wollen wir das anstellen?«, brüllte einer der Agenten. »Die Briten geben ihnen Tee und Plätzchen und küssen ihre Kinder. Haben wir für so etwas Zeit, wenn wir dreihundert Tonnen im Monat liefern müssen?«
»In der Beira sind sie nur in einer Sache loyal«, sagte ein anderer Agent grimmig.
»Das ist nicht wahr«, widersprach der erste. »Es gibt Konzessionäre, die nur an die Briten verkaufen, einige haben sogar britisches Blut in den Adern. Die laufen nie zu uns über.«
»Sie haben beide Recht«, sagte Felsen. »Erstens habe ich die Menschen hier gesehen, die einfachen Leute. Sie leben wie wir im Mittelalter. Sie haben nichts. Sie schleppen fünf Kilo Holzkohle kilometerweit auf dem Rücken in die Stadt und verdienen dort damit gerade genug, dass sie sich auf dem Rückweg in ihre Dörfer satt essen können. Es sind sehr arme Menschen. Sie können nicht lesen und schreiben. Sie haben ein hartes Leben vor sich. Und genau diese Menschen werden die Beira für uns abgrasen und jeden Wolfram-Brocken anschleppen, den sie finden. Im Laufe der Zeit werden die Leute merken, wie leicht man hier oben sein Geld verdient, und auch aus dem Süden herkommen. Der Alentejo ist voll von armen Schluckern, die ebenfalls für uns arbeiten werden.«
»Und was ist mit den Minen, die, egal zu welchem Preis, ausschließlich an die Briten verkaufen?«
»Das ist mein zweiter Punkt – die Leute, die dort arbeiten, leben ebenfalls in den Dörfern. Wir werden sie ermutigen, ein paar Nachtschichten einzulegen. Wir kaufen ihnen das Wolfram zum Marktpreis ab.«
»Sie meinen Diebstahl?«
»Ich meine die Verbreitung von Wohlstand und die Schwächung des Gegners. Ich habe vor, in der Beira einen Krieg zu entfachen.«
»Die Leute in der Beira sind schwierig.«
»Es sind Menschen aus den Bergen. Bergvölker sind immer schwierig. Ihr Leben ist hart und kalt. Ihre Aufgabe ist es, die Leute zu verstehen, sie zu mögen, sich mit ihnen anzufreunden … und ihnen ihr Wolfram abzukaufen.«
Felsen teilte die Region auf und stationierte eine Gruppe von Agenten in der Gegend um Viseu, Mangualde und Nelas, eine weitere um Celorico und Trancoso sowie eine dritte weiter südlich in Idanha-a-Nova. Er selbst übernahm das Gebiet südlich von Guarda bis zur Serra da Malcata, vom Fuße der Serra da Estrela im Westen bis zur spanischen Grenze. Er brauchte die Guarda Nacional Republicana in einer Ecke, damit die LKWs ihre Ziele erreichten, die alfândega in einer anderen, damit sie problemlos die Grenze überqueren konnten. Die Stadt Guarda war der
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