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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Wolff.
    »Genau«, sagte Lehrer. »Ein Heidengeld.«
    »In Spanien bekommt man mehr als siebentausend pro Tonne, und das Produkt wird über die Grenze bewegt, um daraus Profit zu schlagen«, sagte Felsen. »Auf einem derart heißen Markt ist es nicht immer leicht, die Leute zum Verkauf zu überreden. Die Briten sind im Oktober aus dem Markt ausgestiegen, und der Preis ist, wie Sie gesehen haben, um ein Viertel gefallen. Jetzt sind sie wieder da.«
    »Das sollte Sie nicht am Kaufen hindern.«
    »Wir müssen akzeptieren, dass die Briten, wann immer sie am Markt aktiv sind, ihre Kontakte haben. Wir reden von Menschen, die sich nicht überreden lassen, an uns zu verkaufen. Weder mit Geld noch mit Angst.«
    »Angst?«
    »Wir führen in der Beira unseren eigenen Krieg. Nur mit weniger gutem Flankenschutz als der Russlandfeldzug.«
    »Decken«, sagte Hanke automatisch, als das Stichwort »Russland« fiel.
    »Jetzt nicht, Hanke«, sagte Lehrer.
    »Vielleicht macht es Sie glücklicher zu erfahren, dass die Briten für ihr Wolfram mehr zahlen«, sagte Felsen. »Salazar hat im Oktober eine Exportsteuer von siebenhundert Pfund pro Tonne eingeführt. Alle britischen Waren verlassen das Land per Schiff, sodass sie in den Häfen jedes Kilo verzollen müssen. Ich habe mehr als dreihundert Tonnen steuerfrei ausgeführt.«
    »Geschmuggelt?«, fragte Fischer.
    »Es ist eine lange und unwegsame Grenze.«
    »Wir verstehen, dass Salazar die Wolfram-Produktion herunterfahren will. Das ganze Geld, das wir in sein Land pumpen, macht ihm Sorge … Inflation und dergleichen.«
    »Deswegen hat er ja die Exportsteuer eingeführt«, sagte Felsen. »Jetzt hat er eine Sonderabteilung der staatlichen Metallgesellschaft eingesetzt, die sämtliches Wolfram und Kupfer aufkaufen soll …«
    »Ja, ja, ja, das wissen wir alles«, sagte Hanke. »Nun muss unsere Gesandtschaft in Lissabon Salazar überzeugen, dass den Deutschen noch vor den Briten der Löwenanteil des ›freien‹ Wolframs zukommt.«
    »Ich werde weiter kaufen und schmuggeln«, sagte Felsen, »doch ab jetzt wird der Handel mit größeren Mengen Wolfram in den Regierungsbüros in Lissabon geregelt und nicht auf den Feldern der Beira. Und das braucht Zeit …«
    »Warum?«
    »Fragen Sie Poser. Er hält Salazar für den gerissensten Dreckskerl seit Napoleon.«
    »Worauf ist Salazar aus?«
    »Gold. Rohstoffe. Ruhe.«
    »Wir haben Gold. Und wahrscheinlich können wir auch an guten Stahl kommen, und wenn ihm das nicht gefällt, können wir ihm auch wehtun«, sagte Lehrer.
    »Wie?«, fragte Fischer.
    »Im Oktober haben wir die SS Corte Real versenkt, Fischer. Erinnern Sie sich denn an gar nichts mehr? Es gibt keinen Grund, warum unsere Torpedos nicht noch ein Schiff versenken sollten.«
    »Oh, ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Fischer, der offensichtlich an eine persönlichere Vergeltung gedacht hatte.
    »Und jetzt … Decken, Hanke«, sagte Lehrer.
     
    Das Treffen und das anschließende Abendessen dauerten bis elf Uhr. Lehrer hatte ihn zu dem wartenden Wagen begleitet, gut gelaunt, betrunken und gefährlich.
    »Jetzt sind die Amerikaner dabei, Felsen. Was halten Sie davon?«, sagte er und rieb mit den Fingern immer wieder über die offene Fläche der anderen Hand, als wollte er etwas zerreiben. Dann klatschte er abrupt in die Hände. »Vergessen Sie die Leberwurst nicht.«
    Felsen reagierte nicht, aber Lehrer lachte laut.
    Der Wagen schlich wie ein kriechender Maulwurf zurück durch die Straßen zu seiner Wohnung. Bei dem Treffen hatte Felsen nichts gesagt, doch die Zahlen machten ihm Sorgen. Er wusste, dass seine Kampagne die Dreitausend-Tonnen-Marke verfehlt hatte, doch er wusste auch, dass er ihr sehr viel näher gekommen war als die fehlenden dreihundertfünfundzwanzig Tonnen. Bei der Kalkulation der Vorräte in Portugal musste sich irgendwer verrechnet haben. Er rauchte eine Zigarette in etwa drei Zügen und grübelte.
    Der Wagen setzte ihn kurz vor Mitternacht zu Hause ab. Er wartete, bis er weggefahren war, und machte sich auf den Weg zu Evas Klub in der Kurfürstenstraße.
    Er wählte einen kleinen Tisch in einer Nische mit Blick auf Evas Bürotür. Auf der Bühne trug ein Mädchen mit pechschwarzem Haar und nackten weißen Armen ein eher kümmerliches Lied vor, was ihr jedoch nachgesehen wurde, weil sie lange schlanke Beine hatte und perfekt sitzende Nylonstrümpfe trug. Er bestellte einen Cognac und betrachtete alle anwesenden Frauen. Keine Eva. Ein Mädchen kam an seinen Tisch und

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