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Tod in Marseille

Tod in Marseille

Titel: Tod in Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Gercke
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genug Geld, um dies alles zu bezahlen? Ich frage nur, weil wir uns sonst überlegen müssten …
    Haben wir, antwortete Maria-Carmen. Aber meine Idee war das hier nicht.
    Das wirst du schon noch lernen, dass ein gutes Hotel besser ist als ein schlechtes, sagte Nini ungerührt. Dabei hatte sie das Gefühl, als sage sie dem Mädchen nichts Neues, und plötzlich kam sie sich albern vor, so als müsste sie dringend ihre Autorität beweisen.
    Du willst also immer noch nach Marseille, sagte sie, nachdem sie einen kräftigen Schluck aus dem Glas genommen hatte. Maria-Carmen antwortete nicht.
    Halt mich nicht für verrückt. Ich muss dir was sagen: Ich will selber nach Marseille, schon sehr lange.
    Du kommst von da? Ist ziemlich lange her, oder?
    Länger als fünfzig Jahre.
    Und jetzt willst du da wieder hin? Dich kennt da doch keiner mehr, oder?
    Hör mal zu, Kleine, antwortete Nini. Auch wenn du dir gerade besonders schlau vorkommst, von Heimweh hast du bestimmt keine Ahnung. Kannst du gar nicht haben. Aber in zehn Jahren, meine Liebe, da sprechen wir uns wieder. Und jetzt Schluss mit dem Quatsch. Lass uns zur Sache kommen.
    Welche Sache? Maria-Carmen hatte einen fragenden Ausdruck im Gesicht, ganz still, ganz harmlos.
    Du hast Geld. Du hast eine Adresse. Du willst mehr Geld. Und ich sag dir: Lass die Finger von diesen Leuten. Der, den sie erschossen haben: was glaubst du, was das für einer war? Ein Gentleman? Einer, der dich da rausgeholt hätte? Eine kleine Kellnerin, die sich nicht mehr nach Hause traut, weil ihr Vater ein verkommenes Subjekt und ihre Mutter eine nichtsnutzige Betschwester ist? Weiß der Himmel, was diesen Killer nach Gomera gebracht hat. Heimweh vielleicht. Der wäre bestimmt nicht mit dir weggefahren. Dessen Geschäfte waren ganz sicher nicht geeignet für eine Braut an seiner Seite.
    Braut, Braut, was redest du. Außerdem ist er tot.
    Ja. Mausetot. Und so wird es dir auch gehen, wenn du dich auf diese Leute einlässt.
    Welche Leute?
    Verkauf mich nicht für dumm. Du hast vor, nach diesem verdammten Bordell zu suchen. Und wenn mich nicht alles täuscht, hast du vor, dich mit denen einzulassen. Aber ich sage dir: Du sprichst kein Wort Französisch. Du kennst die Stadt nicht. Ohne meine Hilfe bist du am Ende, bevor du angefangen hast. Und ich werde dir nicht helfen. Ich bin doch nicht verrückt und lass mich mit der Mafia ein. Kommt überhaupt nicht in Frage. Weißt du überhaupt, was ein Bordell ist? Nur weil das Wort so ähnlich wie »Hotel« klingt, denkst du, du könntest dort arbeiten, ja?
    Da sind Frauen, stotterte Maria-Carmen, erschreckt von Ninis heftiger Attacke.
    Ja, sagte Nini, da sind Frauen. Gut, das ist ja schon mal was. Und was tun diese Frauen?
    Sie – sie sind mit Männern …
    Nun sieh mal einer an. Die sind mit Männern. Hat einer schon so viel Blödheit gesehen. Du gehst mir auf die Nerven, Kleine. Lass mich in Ruhe. Ich will nachdenken. Gib mir noch einen Gin.
    Nini trank den Gin und schwieg vor sich hin. Es war nicht ganz klar, ob sie wirklich nachdachte oder langsam wegdämmerte. Auch Maria-Carmen schwieg, aber sie dachte angestrengt nach.
    Liebe Nini. Liebe, liebe Nini, sagte sie nach einer Weile.
    Was? Was heißt das nun? Nini schrak zusammen.
    Können wir nicht gemeinsam nach Marseille fahren? Du willst doch deine Stadt wiedersehen. Du zeigst mir die Stadt, ja? Wir machen Urlaub. Wir haben genug Geld. Hier …
    Maria-Carmen sprang auf, lief zu ihrem Rucksack und holte einen Umschlag daraus hervor. Dann blätterte sie Zweihundert-Euro-Scheine neben Ninis Glas auf den Tisch. Die versuchte, mitzuzählen, gab aber bald wieder auf.
    Mon dieu, war alles, was sie herausbrachte. Darauf muss ich trinken.
    Maria-Carmen wartete, bis Nini ihr Glas geleert hatte, und füllte es neu.
    Wir machen einfach Urlaub, ja?
    Sie strahlte Nini an, während sie ihr das Glas in die Hand gab.
    Verflixtes Gör, sagte Nini leise. Das wird ein schöner Urlaub werden.
    Es dauerte zwei Tage, bis die beiden einen Flug nach Marseille bekamen. In dieser Zeit schlief Nini fast nicht. Sie fürchtete, dass die spanische Polizei auf das Verschwinden des Mädchens reagieren würde. Immer wieder machte sie sich klar, dass die Gefahr nur gering war. Maria-Carmen hatte sich im Parador für ein paar Tage abgemeldet; angeblich, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Niemand aus dem Hotel würde bei den Eltern nachfragen, bevor diese Zeit verstrichen war. Und die Eltern würden ihre Tochter nicht allzu schnell vermissen.

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