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Tod in Marseille

Tod in Marseille

Titel: Tod in Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Gercke
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anders.
    Weshalb soll ich nicht auch spielen, dachte Bella. So etwas wie Kampfgeist war in ihr erwacht, trotz des süßlichen Geruchs nach Puder, Parfüm, Zigaretten und Haschisch, der in der Luft lag und ihr das Atmen schwermachte. Das hier hatte nun nichts mehr mit Nini zu tun und mit der Suche nach Maria-Carmen. Das war ganz einfach ihr eigenes Spiel. Sie ging auf Grimaud zu und flüsterte mit ihm. Mama Rose bemühte sich vergeblich, etwas zu verstehen.
    Der Hausflur, flüsterte sie. Die Wohnungen gehören doch alle diesem Ungeheuer. Nirgends war ein Name an der Tür. Wir müssen uns die Wohnungen ansehen.
    Grimaud atmete hörbar, er seufzte beinahe. Mama Rose beäugte ihn argwöhnisch.
    Das wagt er nicht, der nicht, murmelte sie vor sich hin.
    Wir brauchen noch vier Mann, rief Grimaud laut.
    Einer der beiden Männer, die die Türen eingetreten hatten, nahm ein Sprechgerät vom Gürtel und gab Grimauds Anweisung weiter. Der andere war damit beschäftigt, ein Paar zu beobachten, das nach einem kurzen Augenblick des Erschreckens einfach fortsetzte, womit es gerade begonnen hatte.
    Was wollen Sie denn noch?, jammerte Mama Rose. Sie haben doch alles gesehen.
    Wenn sie jammerte, hätte ihre krächzende Stimme durchaus als Synchronstimme für das böse Krokodil in einem Zeichentrickfilm aus den Disney-Studios herhalten können.
    Maria-Carmen heißt das Mädchen, sagte Bella freundlich. Wir möchten es sprechen.
    Grimaud nickte, ohne sich zu bewegen, vielleicht war es nur ein Lidschlag, der signalisierte: Mach schon, oder willst du wirklich, dass wir das ganze Haus auf den Kopf stellen?
    Hilf mir hier runter, sagte Mama Rose.
    Sie streckte die Hand nach Grimaud aus. Die Frauen hatten ihre Plätze auf den Wandbänken wieder eingenommen. Alle starrten auf Grimaud, der die ausgestreckte Hand ergriff und Mama Rose half, den Thron zu verlassen. Die ließ ihn los, als sie fest auf dem Boden stand, und zeigte mit einem fetten Zeigefinger auf eine der Frauen an der Wand.
    Geh und hol sie.
    Die junge Frau, ebenfalls nur notdürftig mit ein paar glitzernden Steinchen bekleidet, aber barfuß, bewegte sich zögernd.
    Mach, mach, worauf wartest du noch?, schrie Mama Rose. Die goldenen Zähne in ihrem Mund blitzten.
    Die Frau ging den Gang entlang, unverwandt angestarrt von den beiden Polizisten, die kurz vorher die Türen aufgetreten hatten, von den vier Polizisten, die vor der geöffneten Wohnungstür standen, und von den sechs Polizisten, die gerade die Treppe heraufkamen, als sie, einen Augenblick zögernd, in der Wohnungstür stehen blieb. Sie ging weiter, klopfte an die gegenüberliegende Tür, ein besonderes Zeichen, das sich niemand merkte, weil alle damit beschäftigt waren, auf den Körper der Nackten zu starren, und die Tür öffnete sich.
    In der Tür stand Maria-Carmen, bekleidet mit einem afrikanischen Gewand in Rot und Schwarz und auf dem Kopf einen roten Turban. Ohne zu zögern, betrat sie die gegenüberliegende Wohnung, lief beinahe den Korridor entlang, stellte sich neben Mama Rose und ergriff deren Hand.
    Na also, sagte Grimaud zufrieden. Geht doch.
    Mama Rose und Maria-Carmen blieben stumm. Sie waren ein merkwürdiges Paar, unterschiedlicher hätten sie nicht sein können, und doch demonstrierten sie unübersehbar: Wir gehören zusammen. Bella ging ein paar Schritte auf die beiden zu. Sie glaubte zu spüren, wie deren Widerstand größer wurde, je näher sie kam. Sie würde gegen die beiden nichts ausrichten können, aber sie würde es trotzdem versuchen.
    Nini möchte, dass Sie zurückkommen, sagte sie. Sie macht sich große Sorgen. Sie hat Angst um Sie. Ich bin Bella Block, eine Freundin.
    Das ist nicht nötig, antwortete Maria-Carmen. Sie sprach sehr deutlich. Vielleicht nahm sie an, dass Bella kein Spanisch verstand. Ich werde nie wieder zurückgehen. Sagen Sie ihr das. Es geht mir gut hier. Auch Mama Rose ist eine Freundin.
    Sie sind hier in einem Bordell, entgegnete Bella.
    Ja. Und?
    Bella dachte daran, was Nini ihr über die Eltern des Mädchens erzählt hatte. Mama Rose legte ihren fetten Arm um die Schultern der Kleinen.
    Maria-Carmen kann selbst entscheiden, wo sie leben will, krächzte sie. Sie können sie nicht abschieben. Sie ist aus Europa. Und sie ist sauber. Sie hilft mir. Dies ist ein angemeldetes Geschäft. Sie bekommt Lohn wie alle anderen auch, und der wird versteuert. Sie können uns nichts anhaben.
    Bella wandte sich zu Grimaud um. Der hatte der Szene den Rücken gekehrt und sprach im Flur mit

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