Tod in Seide
Handschuhfach, stieg aus, um das Tor aufzusperren, fuhr hindurch und schloss es hinter uns wieder ab.
»Wohin, zum Teufel, bringst du mich?«, fragte er lachend. »Ich bin erschöpft. Ehrlich gesagt hatte ich mich auf eine lange, heiße Dusche in deinem schicken neuen Badezimmer gefreut und dann – sagen wir, auf eine Art Willkommensgruß in der Heimat.«
»Ich verspreche dir, du wirst dich danach wie neugeboren fühlen. Vertrau’ mir.«
Nach wenigen Metern machte der Weg eine Kurve, und vor uns lag plötzlich eine Schilfebene und ein Teich, auf dem eine Hand voll Schwäne zu sehen waren. Dahinter verlor sich der Blick über den sanften Dünen von South Beach in der Weite des Atlantischen Ozeans.
Obwohl man sich kaum einen schöneren Sommertag hätte vorstellen können, standen nur zwei Autos am Zugang zum Black Point Beach. »Was hat es mit dem Tor und dem Schlüssel auf sich? Und warum ist es hier so leer?«
Maine und Massachusetts sind die beiden einzigen amerikanischen Bundesstaaten, in denen man bis zur Niedrigwassermarke Land besitzen kann. Aus diesem Grund gab es auf Martha’s Vineyard lange Küstenabschnitte, die in Privatbesitz und somit der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren. Dieser fast zwei Kilometer lange Abschnitt hier war einer von ihnen, und ich hatte vor mehr als zehn Jahren zusammen mit dem Haus auch ein Stück Strand gekauft.
»Besser als jede Dusche. Lass uns schwimmen gehen.«
Ich parkte das Auto, nahm zwei Handtücher aus meiner Strandtasche und lief in Richtung des Fußwegs, der über die Dünen führte. Ich schleuderte meine Schuhe von den Füßen und sagte Jake, er solle das Gleiche tun. Wir kamen gleichzeitig oben auf der Düne an und sahen über den weißen Sandstrand hinaus auf das blaue, wellengeschäumte Meer, das sich scheinbar endlos zum Horizont hin erstreckte.
»Toll, Alex. Meinst du nicht, dass ich die letzten Tage nicht genug vom Pazifik gesehen habe, als dass ich das jetzt bräuchte?«
»Sei kein Spielverderber und zieh deine Klamotten aus. Nun komm schon, los.«
»Aber die Leute …«
Ich lupfte meine Sonnenbrille und spähte den Strand entlang. »Zwischen hier und Edgartown scheinen mir gerade mal vier Strichmännchen zu sein.« Ich drehte mich zu Jake um, der seine Arme in die Seite gestemmt hatte, und knöpfte ihm das Hemd auf. Dann machte ich mich an seinem Gürtel zu schaffen, zog ihn aus den Schlaufen und öffnete den Reißverschluss seiner Hose.
»Nun, wenn sie dich nicht als die Anklägerin für Sexualverbrechen aus der großen Stadt erkennen, werden sie wohl auch keinen blassen Schimmer haben, dass es sich bei dem müden, nackten Typ, an dem du dich vergreifst, um einen Fernsehjournalisten handelt.« Jake zog sich selber aus, während ich mir mein T-Shirt über den Kopf zog, meine Shorts in den Sand rutschen ließ und den Hügel hinablief. Ich zögerte einen Augenblick, als die kalten Wellen gegen meine Füße leckten, tauchte dann aber entschlossen in das zwanzig Grad warme Wasser und schwamm aufs Meer hinaus.
Als ich innehielt, um mich nach Jake umzusehen, hatte er mich bereits mit kräftigen Kraulzügen eingeholt.
»Ist das nicht herrlich?« Ich schwamm zu ihm hin, schlang meine Arme um seinen Hals, und wir versuchten uns zu küssen, während wir in den Wellen auf- und abwippten.
»Ich fühle mich wie fünfzehn.«
Nackt im Meer zu baden war mit Sicherheit einer der schönsten Zeitvertreibe auf der Welt, es ging nichts über das Gefühl von kühlem Salzwasser auf nackter Haut. Ich stellte mir parallel zum Strand eine Bahn vor und schwamm fast fünfzig Mal hin und her. Als die Ebbe einsetzte, wurde die Unterströmung stärker, also tauchte ich widerwillig unter einen großen Brecher und schwamm zurück an den Strand zu Jake, dem das Wasser für ein ausgiebigeres Bad zu kalt gewesen war.
»Ich werde schon allein vom Zuschauen müde.«
»Schwimmmannschaft der Harrison High School, Hundert-Meter-Freistil und Schlussschwimmerin der Staffel. Also versuch’ erst gar nicht, mir auf dem Wasserweg zu entkommen.« Ich stand hinter ihm und stützte mich auf seine Schulter, während ich wieder in meine Shorts schlüpfte.
»Ich werde dir so schnell nirgendwohin zu entkommen versuchen.« Er fasste mich am Knie und drückte mir einen Kuss auf meinen noch feuchten Unterschenkel. Dann zog er seine Hose an, und wir gingen langsam Arm in Arm zurück zum Auto und ließen uns von dem Wind, der jetzt am frühen Nachmittag umgesprungen und etwas stärker geworden
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