Tod in Wacken (German Edition)
Tommy.«
»Genau.«
»Was sagt denn«, Karin Schäfer nieste zweimal kräftig, »die Lebensgefährtin von Thomas Lug dazu?«
»Die konnte nur sagen, dass ihr Partner ebenfalls nicht gezeltet hat, sondern sich im Ort eingemietet hat. Gemeinsam mit einem Kumpel. Das war allerdings nicht Henning Wahlsen. Und ob in dieser Unterkunft noch weitere Männer waren, konnte sie nicht sagen.«
»Gibt es eine Adresse zu diesen Unterkünften. Beziehungsweise zu der Unterkunft, wenn es sich um dieselbe handelt?«
Wilfried nickte. »Frau Wahlsen hat den Kollegen die Anschrift mitgeteilt. Thomas Lugs Partnerin konnte keine Angaben zur Unterkunft machen. Die scheint die Wacken-Session ihres Freundes immer ausgeblendet zu haben. Wäre vielleicht interessant zu wissen, warum.«
Wilfried klappte seine Mappe zusammen. »Die Hannoveraner setzen morgen früh einen Verbindungsbeamten in Marsch. Sobald er hier ist, werden wir nach Wacken aufbrechen und uns die Unterkunft von Henning Wahlsen mal anschauen. Jetzt ab mit euch nach Hause, und genießt die letzten Stunden des Wochenendes. Und dich, meine Liebe«, sein Finger wedelte drohend vor Karin Schäfers blasser Stirn herum, als sie an ihm vorbeiging, »dich will ich hier morgen nicht sehen, verstanden? Kurier dich mal zwei Tage aus.«
»Aber …«
»Kein Aber!« Wilfried blieb hart. »Du steckst uns nur alle an mit deiner Grippe.« Er zwinkerte ihr zu. »Und kannst du wirklich verantworten, deinen Kollegen Thilo anzustecken? Er könnte dann nicht nach Wacken.«
Thilo, der hinter Karin stand, sprang zurück. »Himmel! Er hat recht. Wieso bin ich selbst noch nicht darauf gekommen?« In einem Bogen lief er um Karin herum zur Tür. »Ich musste meine Dienstwaffe noch nie benutzen, liebe Kollegin«, mahnte er mit zugehaltener Nase. »Lass es nicht drauf ankommen. Bleib zu Hause!«
VIER
Die schweren Bässe eines Ghettoblasters drangen durch die Wackener Straße Steenklippen. Lyn hatte den Dienstwagen abgeschlossen und folgte Wilfried Knebel und Volker Aschbach zum Gartentor eines rot geklinkerten Hauses.
»Das ist wirklich unglaublich, was hier jetzt schon los ist«, sagte Volker Aschbach, der keine Anstalten machte, das Grundstück zu betreten. Fasziniert verfolgte er das Leben auf Bürgersteig und Straße.
Auch Lyn ließ auf sich wirken, was sie sah. Wie Ameisen in ihrem Bau zogen schwarz gekleidete Menschen in beide Richtungen an ihnen vorbei. Männlich, weiblich, langhaarig, kurzhaarig, glatzköpfig, tätowiert, gepierct und – zu Lyns Überraschung – etliche Normalos, die mit Hemd und Krawatte auch als Bankkaufmänner durchgehen konnten. Fröhlich schwatzend, wie von einer positiven Aura umgeben, bevölkerten sie Wacken. Lyns Stirn legte sich in Falten, während sie versuchte, den Vorbeiziehenden in die Augen zu blicken. Erkannte man Bekiffte an erweiterten oder verkleinerten Pupillen? Das musste sie unbedingt Dr. Helbing fragen. Aber anders war diese positive Atmosphäre in dem kleinen Ort kaum zu erklären.
Die einen gingen einkaufen, die anderen inspizierten den Ort, wieder andere reisten gerade an. Selbst Wilfried schien sich von dem Schauspiel der dahinströmenden Menschenmenge kaum losreißen zu können.
»Irre, nicht?«, sagte er. »Allerdings hätte ich bei dem miesen Wetter nicht erwartet, dass schon so viel los ist. Die Campgrounds sind wegen der Regenfälle nämlich heute noch gar nicht freigegeben.«
»Anscheinend haben etliche Wackener ihre Grundstücke zur Überbrückung zur Verfügung gestellt«, sagte Lyn und deutete in die Gärten, in denen bunte Zelte fröhliche Farbkleckse auf dem Rasen bildeten.
»Viele übernachten auch in Hotel- oder Privatzimmern«, klärte Wilfried den Kommissar aus Hannover weiter auf. »Richtig voll wird es ab Mittwoch. Ich schau mir das Spektakel schon seit Jahren gern an. Wacken schwillt in diesen paar Tagen von achtzehnhundert Leuten auf fünfundsiebzigtausend an … Aber uns ruft die Arbeit. Wollen wir?« Er deutete zum Haus.
»Werner Schwedtke«, las Wilfried Knebel gleich darauf den Namen auf dem Türschild und drückte den Klingelknopf. »Mal gucken, ob er da ist.«
Lyn musterte den Kollegen aus Hannover, während sie warteten. Kriminalhauptkommissar Volker Aschbach trug Sakko, Hemd und Jeans. Lyn schätzte ihn auf Mitte fünfzig. Aber Brille und Halbglatze ließen ihn vielleicht älter aussehen, als er war.
»Scheint nicht im Haus zu sein«, meinte Aschbach, trat vom Tritt zurück und blickte die Fassade
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