Tod in Wolfsburg (German Edition)
Stolz in
ihrer Stimme mit. »In Wolfsburg und Umgebung kursiert eine Menge Zeug aus
Afrika und aus dem osteuropäischen Raum, aber Partydrogen können natürlich auch
in jedem Keller zusammengebraut werden, meint er. Von einer besonderen Zunahme
oder Auffälligkeiten an den Schulen kann er nicht berichten, aber sie sind
gerade dabei, jemanden in die Szene einzuschleusen. Vielleicht gibt es da in
Kürze genauere Auskünfte.«
Johanna seufzte. Was hieß schon in Kürze?
»Na schön, das hilft uns ad hoc zwar nicht weiter, aber wir haben
immerhin nachgehakt. Was anderes: Ich gebe Ihnen gleich noch die Namen von
Schülerinnen durch, die Kreuzheide frühzeitig verlassen haben. Checken Sie die
bitte mal durch. Eventuell müssen wir die einzeln abklappern. Außerdem wenden
Sie sich an Staatsanwalt Reitmeyer in Braunschweig und sagen ihm, dass ich die
Videos zu der Klauaktion bei Karstadt haben möchte, und zwar mit einem Vorlauf
von mindestens zehn Minuten. Außerdem möchte ich das Filmchen aus mehreren
Kameraeinstellungen sehen – wäre klasse, wenn er das veranlassen könnte – heute
noch!« Johanna nahm die Namensliste zur Hand. »Und wenn er Ihnen sagt, dass man
da sowieso nichts erkennen kann, erklären Sie ihm bitte, dass ich trotzdem
einen Blick drauf werfen möchte, wär so ‘ne Macke von mir, immer alles
überprüfen zu wollen – eine von meinen Macken. Okay?«
Beran räusperte sich. »Klar.«
»Haben Sie was zu schreiben?«
»Selbstverständlich.«
Johanna diktierte Namen und Adressen und verabschiedete sich mit dem
Hinweis, dass sie später in die Dienststelle kommen würde.
Die Sporthalle des Gymnasiums, in der Johanna als Schülerin
geschwitzt hatte, war vor gut einem Jahr abgebrannt, wahrscheinlich
Brandstiftung. Ihre Mutter hatte ihr seinerzeit ebenso aufgeregt wie entsetzt
davon berichtet. Johanna schlug den Weg zur kleinen Halle der Realschule ein,
während sie sich daran erinnerte, dass sie seltsam unbeteiligt reagiert hatte.
Sie schüttelte den Kopf und schob die Erinnerungen beiseite. Der typisch
muffig-schwitzige Turnhallengeruch drang ihr in die Nase, kaum dass sie die
schwergängige Außentür aufgezogen hatte, zugleich hörte sie lautes Rufen,
Lachen, das Prellen von Bällen und Quietschen der Schuhe auf dem Hallenboden,
Geschrei, eine Trillerpfeife. Sie ging an den Umkleideräumen vorbei bis ans
Ende des Flurs und öffnete die Doppeltür.
Unter der Regie einer runden kleinen Lehrerin in engem
Trainingsanzug wurden Vorbereitungen für ein Basketballspiel getroffen – eine
Mädchengruppe machte sich warm. Johanna erkannte nach kurzem Rundblick Lola,
neben ihr stand Rabea. Sie hüpfte auf der Stelle und schwang die Arme. Das Foto
hatte nicht geschmeichelt. Das Mädchen war beeindruckend hübsch. Nein, hübsch
passte nicht – sie war schön. Als hätte sie den Gedanken laut ausgesprochen,
wandte Rabea den Kopf und sah Johanna an. Die Kommissarin lächelte und winkte
ihr zu. Im gleichen Moment legte Lola Rabea eine Hand auf die Schulter und
flüsterte ihr mit Blick auf Johanna etwas zu. Rabea nickte und schlenderte
gelassen zur Tür, nachdem sie der Lehrerin bedeutet hatte, ihre Übungen kurz
unterbrechen zu müssen. Ein tiefgrünes Augenpaar musterte Johanna ohne Scheu.
»Hallo Rabea«, sagte die Kommissarin. »Du weißt sicherlich, wer ich
bin.«
Das Mädchen blieb in gebührendem Abstand stehen und ließ die
nackten, muskulösen Arme locker herunterhängen. Auf der rechten Schulter war
ein kleines schwarzes Tattoo zu erkennen.
»Ich kann es mir denken.« Die Stimme passte zu ihr – dunkel,
volltönend. Kein Lächeln erhellte das Gesicht. Als hätte es das gar nicht
nötig.
»Ich will den Unterricht nicht lange stören, aber da ich ohnehin
noch in der Schule zu tun hatte, möchte ich die Gelegenheit nutzen und gleich
einen Termin mit dir vereinbaren.«
»Ich habe heute um vierzehn Uhr Schulschluss.«
»Prima, ich warte am vorderen Tor.«
Rabea nickte und drehte sich ohne ein weiteres Wort um. Johanna
beobachtete noch einen Augenblick, wie sie in die Gruppe der Mädchen
zurückschlenderte, deren offensichtlich neugierige Mienen gelassen ignorierte
und achselzuckend wieder Aufstellung nahm. Bevor sich die Lehrerin für sie
interessieren konnte, schloss Johanna die Tür und ging zum Parkplatz.
Beran reichte ihr eine Tasse Kaffee und wies auf einen Stuhl vor
einem großen Monitor. »Der Staatsanwalt hat veranlasst, uns die digitalisierte
Aufzeichnung rüberzumailen – auf einem
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