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Tod in Wolfsburg (German Edition)

Tod in Wolfsburg (German Edition)

Titel: Tod in Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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eine Pille an – gegen Müdigkeit und Frust, wie sie sagte. Damit kommst
du wieder so richtig in Fahrt, erklärte sie mir. Ich lehnte sofort ab. Ja, das
kannst Du mir ruhig glauben. Ich wollte dieses Zeug nicht nehmen, und ich war
ziemlich baff, dass ausgerechnet Nelli damit dealte. Das passte so gar nicht zu
ihr, aber vielleicht hatte ich ja einfach nur keine Ahnung, was vorging, weil
ich nirgendwo so richtig dazugehöre. Ein paar Tage später fragte sie mich in
der großen Pause noch einmal. Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein. Hab ich doch schon letztens gesagt.«
    »Bist du sicher? Tut echt gut. Probier doch einfach mal.«
    »Nelli, lass mich in Ruhe, ja?« Ich war genervt.
    Nach Schulschluss wartete sie am Fahrradabstellplatz auf mich.
Direkt neben ihr stand ein zweites Mädchen, das ich nicht kannte. Eine hübsche
Schwarzhaarige, die mich anlächelte.
    »Hallo, ich bin Philippa. Ich hab gehört, du willst mal probieren?«
Sie kam auf mich zu. »Wir haben zufällig was dabei.«
    Ich warf Nelli einen verblüfften Blick zu. »Was erzählst du denn da?
Nein, ich will nichts probieren, wie oft muss ich denn das noch sagen?« Dann
sah ich Philippa an. »Sie will es offensichtlich nicht verstehen.«
    Das Mädchen lächelte noch breiter. »Sie möchte nur freundlich sein,
verstehst du? Nelli ist immer sehr freundlich.«
    Eigentlich verstand ich das nicht wirklich. Ich hatte Nein gesagt.
Ende.
    »Du könntest auch etwas freundlicher sein.«
    »Ich bin doch nicht unfreundlich – ich möchte nur nichts davon
haben.«
    Philippa nickte. Sie sah sich um. Die meisten Schüler waren entweder
längst auf dem Heimweg oder saßen schon wieder im Unterricht. Wir waren allein
auf dem Fahrradplatz. Sie kam zwei Schritte näher.
    »Wir laden dich zu einer Kostprobe ein – was hältst du davon?«
    Auf einmal stand sie ganz dicht vor mir, streckte die Hand aus und
stopfte ein Papiertütchen in meine Jackentasche, bevor ich auch nur einen Mucks
von mir geben oder sie abwehren konnte. Sie sah mir direkt in die Augen, und
nun lächelte sie nicht mehr.
    »Es ist besser, wenn du jetzt nicht unhöflich und unfreundlich
wirst, kapiert?«
    Ich hatte plötzlich einen trockenen Mund. Das Mädchen war jünger als
ich, kaum vierzehn, aber ich war eingeschüchtert, und sie merkte es und genoss
ihren Vorteil wie ein Stück Sahnekuchen. Eine Minute später war der Spuk
vorbei. Die beiden trollten sich, und ich machte mich auf den Heimweg. Die
beiden Pillen warf ich weg. Kopfschüttelnd, mit einem schlechten Beigeschmack,
aber die Sache war damit für mich erledigt. Dachte ich.
    Vier Tage später sprach mich auf dem Heimweg ein Mädchen in meinem
Alter an. Wir überquerten die Hubertusstraße, als sie mich von der Seite
anlächelte. Sie war blond und roch gut. Teures Parfum, dachte ich, und ihre
Lederjacke war bestimmt auch nicht billig gewesen.
    »Und? Sind sie dir gut bekommen?«
    Ich verstand nicht. »Bitte?«
    »Du brauchst sicherlich Nachschub.«
    Eine dumpfe Ahnung machte sich in mir breit. Ich ging etwas
schneller. Mein Herz klopfte unangenehm laut. »Ich weiß nicht, was das soll.
Lass mich in Ruhe.« Ich ging noch schneller.
    »Heh – nicht so unfreundlich!«
    Plötzlich stand Philippa neben mir. Ich hatte sie weder kommen
gehört noch gesehen. Sie war flink und lautlos wie eine Katze, und sie wusste
es. Die beiden nahmen mich in die Mitte. Wieder stopfte Philippa mir ein
Tütchen in die Tasche. Als ich mich abwenden wollte, trat sie mir mit voller
Kraft in die Wade, und auf einmal war ihr Gesicht ganz nah an meinem. »Mach
keinen Scheiß, verstanden? Ich kann verdammt ungemütlich werden!«, zischte sie
und quetschte mir die Brust, bis mir schwindelig wurde. Währenddessen schob
sich die Blonde vor mich, sodass mein Körper vor neugierigen Blicken
abgeschirmt war, und trällerte laut.
    »Zwanzig Euro bekommen wir von dir«, sagte Philippa. »In zwei Tagen
hast du das Geld.«
    So hatte alles angefangen. Ab diesem Tag forderten sie regelmäßig
Geld von mir, und sie bekamen es. Da ich nicht so viel Taschengeld zur
Verfügung hatte, versuchte ich hin und wieder, die Pillen weiterzuverkaufen. In
der Schule in der Teichbreite, auf Sportplätzen, vor dem Jugendclub am
Hansaplatz, möglichst unauffällig. Es gelang mir nicht oft, ich bin kein
Verkaufstalent, und ich hatte Angst und verachtete mich und mein Tun, aber
manchmal biss doch jemand an, und schließlich hatte ich zwei, drei Stammkunden.
Zweimal versuchte ich auszubrechen. Ich bezahlte

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