Tod ist nur ein Wort
zurückgelassen hatte. Er war tot, seine Kehle durchgeschnitten. Wie bei Chloes Mitbewohnerin. Er hätte darauf vorbereitet sein sollen – trotz all seiner Vorsichtsmaßnahmen war es ihnen gelungen, ihm auf den Fersen zu bleiben. Er hatte es in der Zeitung gelesen, als er auf dem Weg zu Maureen war, und er hatte kurz an die Frau des Fahrers gedacht, den Wasserbüffel mit den vier Kindern. Wenn er die nächsten Tage überlebte, konnte er ihnen vielleicht Geld schicken. Das würde ihnen den Ehemann und Vater nicht ersetzen, aber zumindest bei einigen Schwierigkeiten helfen, die ihnen die Arbeit des Komitees bereitet hatte.
Wahrscheinlich hatte Thomason den Mord angeordnet. Thomason, der ihn verfolgen und alle Zeugen, alle Überlebenden auslöschen ließ. Er musste Bastiens an sich überzeugende Lügen durchschaut haben. Mord gehörte zum Tagesgeschäft – eine Organisation wie die ihre würde nicht lange existieren, wenn man Zeugen am Leben ließ, die reden und Fragen aufwerfen konnten. Geheimhaltung lautete die oberste Devise, die noch wichtiger war als jede ihrer Missionen. Die hatten immer nur ein Ziel – die Welt zu retten. Doch egal wie viele Menschen er auch getötet hatte, die Welt schien niemals gerettet zu sein.
Er näherte sich dem Hotel, in dem eine kleine Suite für ihn reserviert war. Die meisten Mitglieder des Kartells hatten sich dort bereits versammelt, um Christos zu erwarten. Er war bereit, wieder in seine Rolle zu schlüpfen, nachdem er wusste, dass die beste Agentin, die er kannte, sich um Chloe kümmerte. Maureen hatte bei verschiedenen Aufträgen mit ihm gearbeitet, beim letzten Mal war sie als seine Frau aufgetreten. Sie würde Chloe sicher ins Flugzeug setzen, sodass sie kein Problem mehr für ihn darstellte. Indem er sie Maureen übergeben hatte, war sie bereits jetzt kein Problem mehr für ihn. Nun konnte er sich wieder auf seine Mission konzentrieren.
Nur, dass irgendwas nicht stimmte. Es nagte an ihm, zerrte an seinen Nerven, doch er konnte es nicht benennen. Er würde Maureen sein Leben anvertrauen. Ihre Affäre war zu einer tiefen Freundschaft gereift, die über das allmächtige Komitee weit hinausging. Er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.
Warum also wollte er immer noch umkehren, um sich zu vergewissern?
Vielleicht weil es ihm einfach schwergefallen war, Chloe zu verlassen. Er hatte sich jahrelang verboten, etwas für einen anderen Menschen zu empfinden. Und er war sich auch nicht sicher, ob er tatsächlich etwas für Chloe empfand, aber er hatte sich entschieden, sie zu beschützen, und das hatte eine Verbindung zwischen ihnen hergestellt, die über den Sex hinausging.
Wenn es nur daran lag, dass er sie nicht aufgeben wollte, konnte er die hartnäckige kleine Stimme einfach ignorieren. Sentimentalität hatte keinen Platz in seinem Leben. Falls er überhaupt je sentimental gewesen war, hatte er die letzten Anflüge davon vor langer Zeit verloren. Als er die Nachricht erhielt, dass seine Mutter und Tante Cecile bei einem Hotelbrand in Athen ums Leben gekommen waren, hatte er nur die Achseln gezuckt. Dieser Teil seines Lebens war lange vorbei, und er hatte ihn abgeschlossen.
So wie er das Thema Chloe abschließen musste, um sich auf seinen Auftrag zu konzentrieren. Sie fiel nicht länger in seine Verantwortung, war nicht länger sein Problem. Eigentlich war sie das nie gewesen. Erst er hatte sie dazu gemacht. Und nun musste er sie vergessen.
Er nahm die Kurve so schnell, dass der Wagen über die vom Schnee verengte Fahrbahn schlitterte und er nur knapp dem Zusammenstoß mit einem Taxi auswich. Er war ein Idiot, doch er würde zu dem alten Haus am Stadtrand von Paris zurückfahren. Vielleicht musste er sich einfach nur verabschieden. Vielleicht musste er sich nur vergewissern, dass sie wohlauf war. Vielleicht wollte er sie noch einmal küssen. Sie so lieben, wie sie es verdiente.
Dazu würde es nicht kommen. Wenn er noch irgendwie bei Verstand war, ignorierte er seine Vorahnung, vergaß das alles und beendete den Auftrag. Beseitigte Christos und wartete ab, ob Thomason ihn ebenfalls töten lassen wollte.
Aber im Moment schien er nicht allzu viel Verstand zu haben. Und er konnte einfach nicht weitermachen, bevor er sich vergewissert hatte, dass sein unwilliger Schützling in Sicherheit war.
Chloe war zu klug, um dumme Fragen zu stellen wie “Wovon sprichst du?”. Sie wusste genau, wovon Maureen sprach. Hatte es gewusst, seit die Frau ihre winzige sichere Kammer
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