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Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Ausdruck in seinem Gesicht bemerkte, den er schnell zu verbergen suchte. Vielleicht litt er ebenfalls am Stockholm-Syndrom.
    Falls es so war, konnte er das allerdings deutlich besser verbergen. Nur einen Augenblick später hätte sie diesen unerwarteten Ausdruck in seinen Augen für Einbildung gehalten. “Ich habe Schwierigkeiten, das hier festzukleben”, sagte er.
    Das offene Hemd entblößte seine glatte goldene Brust. Er versuchte, etwas an seine Seite zu kleben, ein kleines Päckchen, das wie ein Verband aussah. Doch sie kannte seinen Körper gut genug, um zu wissen, dass er nicht verwundet war.
    Sie trat zu ihm, weil ihr weder ein Grund noch ein Vorwand einfielen, es nicht zu tun. Und weil sie es wollte. “Was soll ich tun?”
    “Das hier muss auf die Haut geklebt werden, direkt unter die vierte Rippe. Ich komme nicht richtig dran.”
    “Was ist das?”
    Er zögerte kurz. “Damit kann man eine Schusswunde vortäuschen. Hier drin ist ein kleiner Zünder und eine Ampulle künstlichen Bluts. Es wird sich anhören und aussehen, als hätte man mich erschossen. Damit es nach einem tödlichen Schuss aussieht, muss es jedoch richtig sitzen.”
    “In Ordnung.” Sie legte ihre Hand auf das wattierte Päckchen und roch den Duft seines Parfums. Ihre Hände berührten seine seidenweiche heiße Haut, und ihre Finger bebten. “Ist es hier richtig?”
    “Fühlst du meine Rippen? Unter der untersten sollte es sein.”
    Sie versuchte, normal zu atmen. Seine Knochen und Muskeln unter ihren Händen zu spüren, war unzweifelhaft erotisch, ob sie das wollte oder nicht. “Natürlich kann ich deine Rippen fühlen”, sagte sie patzig. “Schließlich sieht man bei dir jede einzelne. Wie bei einem typischen Franzosen, auch wenn du keiner bist.”
    “Ach nein?” Seine Stimme war ganz sanft. Sie standen so dicht beieinander, dass er nur flüstern musste. “Was glaubst du dann, was ich bin?”
    “Eine Plage.” Das klang cool, aber auch etwas angestrengt, weil sein Atem an ihrer Wange sie irritierte. Sie griff unter sein Hemd und drückte das Klebeband auf seine Haut. “Ist es hier richtig?”, wiederholte sie.
    “Das sollte reichen. Die kleine Explosion wird ein Loch in mein Hemd reißen, und das künstliche Blut verdeckt die genaue Stelle sowieso.” Er schaute ihr ins Gesicht. Ihr Mund war dem seinen sehr nahe – sie konnte die Augen schließen und den Kopf an seine Schulter legen, konnte in seiner Kraft und Wärme versinken.
    Sie trat zurück und versuchte, ihre Nervosität zu verbergen. Er knöpfte sein Hemd zu und schlüpfte dann in seine Jacke. Eine schwarze Smokingjacke, die zu ihrem Kleid passte. Sein langes Haar hatte er zurückgebunden, und er wirkte elegant und unbekümmert, als er sich fertig ankleidete. Ihre Augen folgten seinen Händen, als er die schwarze Seidenkrawatte umband, und sie ertappte sich dabei, wie sie seinen Mund anstarrte.
    “Wir müssen reden”, sagte sie unvermittelt.
    “Worüber?”
    Der Teufel sollte ihn holen! “Darüber, was kürzlich passiert ist. Im Schlafzimmer”, erläuterte sie, für den Fall, dass er sich weiter dumm stellen wollte.
    “Warum? Dazu gibt es nichts zu sagen.”
    “Aber …”
    “Das war eine ganz normale Reaktion. Urinstinkte,
ma belle.
Im Angesicht des Todes feiert man das Leben. Das ist nichts Persönliches.”
    Sie war eine Idiotin, dass sie es angesprochen hatte. Sie hätte überhaupt das ganze Wochenende ihren Mund halten sollen, dann wäre niemand misstrauisch geworden, und alle könnten noch immer ihr normales Leben führen.
    “Du hast recht”, murmelte sie beleidigt. “Stockholm-Syndrom.”
    “Was?”
    Sie hatte es laut ausgesprochen, und nun war es zu spät, es abzuleugnen. “Stockholm-Syndrom”, wiederholte sie lauter. “Ein wissenschaftlich belegter emotionaler Zustand, wenn eine Geisel sich …”
    “Ich weiß, was es ist.” Er wirkte gleichermaßen beunruhigt wie belustigt. Er hatte sie unterbrochen, bevor sie das verhängnisvolle Wort ausgesprochen hatte, und dafür war sie dankbar. So hatte sie sich immerhin nicht komplett zur Närrin gemacht. “Und du bist ein Opfer dieses Syndroms?”
    “Das kann nicht überraschen.” Es gelang ihr nun besser, ihre Stimme beiläufig klingen zu lassen. “Du hast mir mehrmals das Leben gerettet, wir mussten zusammen lebensgefährliche Situationen meistern, und bevor überhaupt alles so weit kam, bestand eine physische Anziehung zwischen uns.” Sie erinnerte sich an seine letzte Zurückweisung und

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