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Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Titel: Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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im großen Ankleidespiegel, bevor sie in den Flur trat. Ihr fiel auf, dass die kleine Lampe des Anrufbeantworters auf der Bauernkommode blinkte. Wiebke fragte, sich, wer sie am frühen Sonntagmorgen anrief und drückte die Taste, um die Ansage abzuhören.
    »Hallo, Wiebke, ich bin’s, Tiedje.« Ein Seufzer, dann weiter: »Vermutlich bist du zu Hause und willst gar nicht mit mir reden, das kann ich verstehen.« Wieder ein Seufzer. Er schien in Selbstmitleid zu ertrinken. »Aber es wäre schön, wenn wir uns heute treffen könnten. Wir sollten reden. Ruf mich doch einfach zurück, wenn du magst. Bis dann, tschüss!«
    Wiebke spürte den leichten Stich im Herzen. Er hatte sie verlassen, um seine kleine Freundin flachzulegen. Und nun rief er an und bettelte um ein Gespräch? Wut keimte in ihr auf. Tiedje konnte warten, nein, er musste warten. Jetzt ging der Job vor. Sie atmete tief durch, strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und nahm den Schlüssel vom Bord. Garfield erschien auf der Bildfläche und blickte sie fragend an.
    »Nun guck nicht so, ich muss noch mal los«, sagte Wiebke und seufzte. Den Sonntag hatte sie sich anders vorgestellt. Garfield trollte sich beleidigt in Richtung Küche.
    Als sie vor das Haus trat, waren ihre Augen feucht. Von Heide Uphusen war nichts zu sehen, und so kam sie unbehelligt zu ihrem Wagen.
    Sie und Tiedje hatten so große Pläne gehabt. Und Wiebke erinnerte sich noch gut an ihre Spinnereien. Sie hatte von einem Restaurant geträumt, in dem sie ihre Gäste verwöhnen konnte. Und Tiedje, ein Autoliebhaber mit einem Faible für alte VW-Busse, hatte sich vorgenommen, die Besucher mit einer Art Shuttle-Service von den Hotels zum Strand zu bringen. Später, wenn sie beide von ihrer Arbeit die Nase voll hatten.
    All das gehörte jetzt der Vergangenheit an, und Wiebke konzentrierte sich auf den Beruf, für den sie nun lebte.
     
    Fünf
     
    »Fehlanzeige.« Petersen blickte von seinem Computermonitor auf, als sie gut zwanzig Minuten später das Büro der Polizeidirektion an der Poggenburgstraße betrat. Wiebke zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauf nieder. Petersen lehnte sich zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und grinste schief. »Der Tote wird offenbar nirgendwo vermisst.« Er deutete mit dem Kinn auf den Bildschirm. »Er taucht in keiner Datenbank auf, weder auf der Liste der Vermissten noch auf einer Fahndungsliste.«
    »Also wird er noch nicht lange genug vermisst, dass sein Fehlen irgendwo oder irgendjemandem aufgefallen ist«, erwiderte Wiebke. »Wäre er vor seinem Selbstmord – gehen wir davon aus, dass es Suizid war – depressiv gewesen, hätten seine Mitmenschen das sicherlich bemerkt. Andererseits könnte er auch völlig anders drauf gewesen sein: Manche Depressive können nach außen hin bestens funktionieren und würden niemals den Eindruck von Hilfsbedürftigkeit machen. Wir wissen einfach zu wenig über ihn.«
    »Es war aber kein Selbstmord«, entgegnete Petersen und legte die Beine auf den Schreibtisch. »Auch wenn der offizielle Abschlussbericht noch aussteht, können wir uns auf die Erfahrung von Piet Johannsen verlassen. Er ist lange genug bei unserem Laden, um einen Selbstmord von einem Tötungsdelikt zu unterscheiden. Vergiss nicht, dass unser Mister X keine Papiere mitführte. Jemand will verhindern, dass wir ihn identifizieren können. Und die Sache mit den fehlenden Schmauchspuren bei der Leiche spricht eine eindeutige Sprache.«
    »Du meinst, wir haben es wirklich mit Mord zu tun?«
    »Mit deinem ersten Mordfall, wenn du so willst, ja.« Petersen nickte.
    »Dann sollten wir keine Zeit verlieren, um …« Wiebke sprang auf.
    »Langsam, Mädchen, langsam. Wir gehen jetzt erst mal frühstücken, und dann besprechen wir das weitere Vorgehen.« Petersen nahm die Beine vom Schreibtisch und erhob sich ebenfalls. Er fuhr den Rechner runter und nahm die leichte Jacke vom Haken. Als er Wiebkes verwunderten Blick sah, musste er lachen. »Was guckst du so? Ich lade dich ein!«
     
    Petersen hatte Wiebke ins Tine Café am Binnenhafen geführt. Im oberen Stockwerk gab es ein üppiges Frühstücksbuffet – und die Möglichkeit, nach dem Essen zu rauchen, seit der Einführung des Rauchverbotes in Restaurants eine selten gewordene Einrichtung. Wiebke, die sich ein Croissant mit Konfitüre bestrich, hatte nichts dagegen, dass Petersen sich eine Zigarette angezündet hatte. Mehrmals hatte er sie gefragt, ob es wirklich in Ordnung für sie sei, und

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