Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi
in Husum auffallen wollte, und den Nachbarn schon mal gar nicht.«
»Warum – war er vielleicht verheiratet?«, schoss Petersen dazwischen.
»Möglich. Erzählt hat er mir nie davon.« Ein humorloses Lachen. »Es hat mich aber auch nicht wirklich interessiert. In seiner Nähe fühlte ich mich sicher, ihm konnte ich mein Herz ausschütten, anders als bei Ubbo, verstehen Sie das?«
Wiebke nickte. »Worüber haben Sie gesprochen, wenn Sie zusammen waren?«, fragte sie.
»Wir haben nicht viel geredet«, erwiderte Bente Harmsen. Ihre Wangen waren gerötet. »Meist war ich es, die geredet hat. Klaus war ein wundervoller Zuhörer. Bei ihm habe ich mich einfach nur geborgen gefühlt, kennen Sie so was?«
»Natürlich«, erwiderte Wiebke leise und dachte an die Zeit mit Tiedje.
»Haben Sie mit ihm auch über Ihre Ehe gesprochen?«, fragte Petersen.
»Natürlich. Er konnte es nicht verstehen, dass Ubbo mich vernachlässigt und mit allem allein fertig werden lässt.« Wieder ein Zug an der Zigarette; sie drehte den Glimmstängel nervös zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Er hat den Beschützer raushängen lassen?«
»Allerdings.« Nun lächelte Bente Harmsen. »Und was soll ich sagen? Ich habe es genossen. Ich habe von ihm das bekommen, was mir in meiner Ehe mit Ubbo fehlte.«
»Verständlich«, murmelte Wiebke.
»Aber es wurde mir zu viel.« Das Lächeln in Bente Harmsens Gesicht war wie weggewischt. »Der Druck, die Erwartungshaltung, alles. Ich fühlte mich bei Klaus bald schon wie gefangen.«
Wiebke tauschte einen raschen Blick mit Petersen, der fast unmerklich mit den Schultern zuckte. »Was meinen Sie mit ›gefangen‹?«, fragte sie. »Waren Sie ihm hörig?«
»Ganz im Gegenteil – manchmal hatte ich das Gefühl, dass Klaus mir hörig war.« Der Ansatz eines sehnsüchtigen Lächelns huschte um ihre Mundwinkel. »Dennoch fühlte ich mich eingeengt. Klaus verlangte von mir, dass ich Ubbo verlasse. Das ging schon seit ein paar Wochen so. Er sagte, er wolle ihn notfalls umbringen, wenn unsere gemeinsame Zukunft an diesem Säufer hängt.«
»Hat Ihnen das keine Angst gemacht?«
»Und ob. Ich sah Klaus plötzlich in einem ganz anderen Licht. Nie zuvor hatte ich ihn mit Gewalt in Verbindung gebracht.« Ihre Finger zitterten, als sie die Zigarette an den Mund führte und daran zog. »Das war auch der ausschlaggebende Grund für unsere Trennung.«
»Sie sind getrennt?« Damit hatte Wiebke nicht gerechnet.
»Seit einigen Tagen.« Kopfnicken. »Ich hatte den Eindruck, dass er mit dieser Trennung nicht zurechtgekommen ist. Er hat mir nachgestellt und SMS geschickt, mich mit E-Mails zugemüllt und, und, und. Das ganze Programm.«
»Haben Sie ihm nicht damit gedroht, dass Stalker polizeilich verfolgt werden?«, fragte Wiebke.
»Natürlich. Als Antwort erhielt ich die Nachricht, dass Ubbo schon so gut wie tot sei. Er hat mir gedroht, meinen Mann zu töten, verstehen Sie das?«
Wiebke schwieg. Sie hätte Tiedje in dem Augenblick, als er sie wegen dieses jungen Dings verlassen hatte, doch auch am liebsten umgebracht. Da hatte der Beruf als Kriminalkommissarin nicht viel genutzt, wenn man von dem Umstand absah, dass sie mit einer Knarre herumlaufen durfte und bei Einsätzen sogar musste. Am liebsten hätte sie die Waffe benutzt, um sich an Tiedje für sein Verhalten zu rächen. Aber eine Mörderin war sie nun mal nicht.
Petersen antwortete an Wiebkes Stelle. »Warum sind Sie nicht spätestens in diesem Moment zur Polizei gegangen?«
»Das frage ich mich jetzt auch.« Bente Harmsen klopfte die Asche ihrer Zigarette ab und nahm einen tiefen Zug. Sie schüttelte den Kopf, fast so, als könnte sie selber nicht glauben, was sie in den letzten Wochen durchgemacht hatte.
»Glauben Sie, dass er sich selbst umgebracht hat, weil Sie ihn verlassen haben?«, fragte Wiebke.
»Das hatte ich angenommen, bis Sie mir sagten, dass es eindeutig kein Selbstmord war.« Eine wegwischende Handbewegung. Der Blick ausweichend, Ringen mit den Händen.
Unsicherheit, registrierte Wiebke. Warum auch immer.
»Hat Ihr Mann vielleicht Wind von Ihrem außerehelichen Verhältnis bekommen?«
»Und ihn aus Hass und Eifersucht ermordet?« Bente Harmsen blickte Petersen unverwandt an und schüttelte den Kopf. »Ich möchte ihn nun wirklich nicht in Schutz nehmen, aber das traue ich ihm einfach nicht zu. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, Ubbo weiß nichts von Klaus und mir. Und wenn doch, dann hat er mich das nie merken
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