Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)
Geldscheine schieben konnte. Und einiges Raffiniertes mehr.
Von Bozen war Emilio zu Puttmengers Anwesen gefahren, wo er schon erwartet wurde. Der Professor bat ihn in sein Arbeitszimmer, dort saßen sie lange zusammen. Emilio verschwieg, dass er auch für Steixner arbeitete, dass er ebenso wie der Professor bereits mehrfach mit dem Erpresser telefoniert hatte. Und dass offenbar beide Geldübergaben morgen Nachmittag beziehungsweise Abend über die Bühne gehen sollten. Das verdoppelte die Chance des Zugriffs. Denn wenn es das erste Mal schiefging, konnte man aus den Fehlern lernen und es erneut versuchen.
Wofür sich Puttmenger entschieden habe, fragte Emilio, für schwanger oder nicht schwanger?
Der Professor lächelte gequält. Nach den Erfahrungen auf dem Friedhof und um der Sache ein Ende zu bereiten, habe er sich für schwanger entschieden, ergo für einen Koffer mit der gesamten geforderten Summe. Es wäre dann Emilios Aufgabe, für einen «Schwangerschaftsabbruch» zu sorgen. Aber wenn es schiefginge, hätte der Erpresser wenigstens sein Geld und würde hoffentlich Ruhe geben.
Das sei eine vage und trügerische Hoffnung, sagte Emilio. Aber er plädiere auch dafür, es so zu machen. Er würde ihn gerne morgen Mittag besuchen und einige technische Geräte vorbeibringen, die man für einen professionellen Schwangerschaftsabbruch benötigte.
Puttmenger nickte zufrieden. Das höre sich gut an.
Zum Abschied gaben sie sich die Hand. «Wird schon werden», sagte Emilio beruhigend. «Das kriegen wir hin.»
«Hoffen wir es.»
«Wir sehen uns morgen.»
«Ich werde ab zwölf Uhr hier sein», sagte Puttmenger, «und für den Nachmittag alle Operationen absagen.»
Auf dem Weg zum Auto dachte Emilio, dass er jegliche Hektik verabscheute, dass er keine Action-Filme mochte und Konfrontationen am liebsten aus dem Weg ging. Der morgige Tag versprach nichts Gutes, er würde seine Vorstellungen von einem geruhsamen Leben ad absurdum führen. Noch immer wusste er nicht, wo er die kommende Nacht verbringen konnte. Er hatte keine Ahnung, was er mit Phina machen sollte. Er fühlte sich krank und hatte eine ausgesprochen miese Laune.
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50
Als Baron Emilio von Ritzfeld-Hechenstein seinen Landy von Puttmengers Grundstück steuerte, schimpfte er auf sein Getriebe, das beim Schalten wieder Probleme bereitete. Die Scheibenwaschanlage funktionierte nicht, und das linke Bein tat weh.
Währenddessen hatte Marco allen Anlass zu jubeln. Jetzt hatte er doch tatsächlich den degenerierten Typen aufgespürt. Es hatte sich also gelohnt, Puttmengers Haus zu beschatten. Er würde den Mann nicht mehr aus den Augen lassen. Seine Vespa hatte einen starken Motor, mit der alten Schrottkarre konnte er spielend mithalten.
Emilio überlegte, zurück nach Bozen zu fahren und sich dort ein Quartier zu suchen. Oder sollte er Steixner fragen, ob er in dessen Villa schlafen durfte? Er könnte ihm ja im Krankenhaus einen Besuch abstatten. Vielleicht freute er sich über eine Flasche Wein? Steixner hatte sich über den Kamillentee auf der Station beklagt. Alternativ könnte er zu Phina fahren. Den Gedanken verwarf er so schnell, wie er ihm gekommen war.
Der Land Rover umrundete zweimal einen Kreisverkehr, bog dann in eine Straße ab, die hinauf in die Weinberge führte. Die Vespa folgte ihm in größerem Abstand, lief aber nie Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
Emilio justierte den Innenspiegel. Leider war die Heckscheibe so verdreckt, dass er nicht viel erkennen konnte. Der linke Außenspiegel wackelte, weshalb es ihm beim Hinsehen schwindlig wurde. Den rechten Spiegel hatte mal jemand abgebrochen, zur Strafe, weil er in München auf dem Bürgersteig geparkt hatte. Trotz dieser eingeschränkten Sicht nach hinten wusste er schon lange, dass er von einem Motorroller verfolgt wurde. Leider hatte er keine Ahnung, wo die gewählte Straße hinführte, rechts und links waren Weinberge. Menschen waren keine zu sehen, weit und breit auch kein Haus. Es dämmerte schon. Emilio beschloss, einen Spaziergang zu machen. Er hielt auf einem Parkplatz, nahm seinen Stock und stieg aus. Ohne sich umzusehen, lief er los, auf einem kleinen Weg, der durch die Rebstöcke führte. Merlot oder Blauburgunder? Weder noch, entschied Emilio, er tippte auf Lagrein.
Marco parkte seine Vespa frech hinter dem Geländewagen. Er war in Hochstimmung. Besser ging es nicht. Jetzt machte dieser Idiot einen Abendspaziergang. Ohne Begleitung, in einem einsamen
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