Tod to go (Crime Shorties)
noch nicht sehen. Und zögerte.
Ich fragte, ob sie meine Telefonnummer haben wolle, sie sagte: »Ist das nicht ein wenig schnell?«
Aber ich konnte deutlich erkennen, dass sie überlegte. Ich musste ihr Zeit lassen.
Nichts passierte. Auch meine Versuche, ihre Adresse heraus zu bekommen, scheiterten.
Dann brach sie auf und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Dankte für den schönen Abend.
»Ich weiß so gar nichts über Sie, was machen Sie, womit verdienen Sie ihr Geld? Was beschäftigt Sie?«
Sie lächelte, strich mit den Fingerkuppen über meine Lippen, als wollte sie mich zum Schweigen bringen und sagte schließlich: »Beruflich? Ich habe mit Gold zu tun. Genau genommen mit einem Faden aus Gold.« Dabei sah sie mich mit Verschwörermiene an.
Himmel, was sollte ich im blöden Montevideo, wenn sich hier ganz andere Möglichkeiten eröffneten? Gold! War sie die Tochter eines Minenbesitzers? Eines Juweliers?
Die Sterne lügen nicht. Sie bringen dir genau das, was du verdienst, dachte ich. Eine Belohnung nach all den entbehrungsreichen Jahren.
Ob ich sie nach Hause bringen dürfe? - »Nein!«
War sie es am Ende doch nicht? Wenn sie tatsächlich mein wöchentliches Horoskop gelesen hatte, durfte sie der Versuchung doch überhaupt nicht widerstehen. Ich hatte ihr den Mann ihres Lebens angekündigt. Einen Prinzen in Vertretergestalt, einen Mann, der wie ein Edelstein leuchtete. Hätte ich in meinen Horoskopen etwa noch deutlicher werden müssen? Aber ich hätte ja schlecht meinen Vornamen hineinschreiben können! Wie auch immer: Gold und Edelsteine, das passte doch prima zusammen!
Ich begleitete sie zur Tür. Sie sah mich an, lächelte, zog einen Kugelschreiber aus ihrer Krokotasche und machte ein paar Schritte zurück an unseren Tisch.
Ja! Sie schrieb ihre Handynummer auf das Etikett einer Bierflasche. Ich hätte in die Luft springen, die Welt umarmen können. Doch all das tat ich nicht. Ich brachte sie zur Tür, lächelte ihr geheimnisvoll zu. Wenn man eine Frau betören will, hält man sich zurück.
Nun, es hatte geklappt. Dachte ich. Blickte zu den Sternen, um ihnen zu danken, aber da oben war lediglich eine monotone Deckenverkleidung angebracht.
Ich schlenderte zurück zu unserem Tisch. Die ganze Verabschiedung an der Tür hatte nur wenige Minuten gedauert. Der Tisch war leergeräumt. Keine Spur von der Flasche mit der Handynummer! Hatte ich bei meiner Rechnung die Dunkle Materie vergessen, die es da draußen im Weltraum auch geben sollte? Hatte ich fahrlässig ihre teuflischen Einflüsse außer Acht gelassen?
Nein, es konnte nur so sein, dass die Sterne meinen Einsatz verlangten.
»Aktiv werden«, hatte Haiti-Kalle gesagt, nachdem er lange genug in die Zigarettenasche mit seiner Rotze gestiert hatte. Die Sterne hatten mir ihr Einverständnis signalisiert, jetzt musste ich nur noch meine Ernsthaftigkeit und meine Willensstärke unter Beweis stellen.
Ich bestach den Kellner. Der führte mich für 100 Euro in einen Abstellraum mit Leergut. Ein indisch aussehender junger Mann sortierte hier die Flaschen in Kisten und lud alles auf eine Rutsche, die in den Keller führte.
»Wo sind die leeren Flaschen?«
»Geht’s um Flaschenpfand?«, fragte er.
»Es geht um mein Leben. Ich brauche diese Flasche, wo …«
»Haben Sie noch nicht ausgetrunken?«, sagte der Mann und sah mich an, als sei ich bekloppt.
»Ich weiß, dass es seltsam auf Sie wirken muss, aber glauben Sie mir: Ich brauche diese eine Flasche.«
»Ah, Sie sind von der Polizei!«, sagte er. »Sie suchen Fingerabdrücke oder DNA!«
Ich sah ihn stumm an.
»Ich verstehe«, sagte er und grinste. »CSI … geheime Ermittlungen. Geht’s um Terroristen?«
Ich presste die Lippen aufeinander und sagte nichts.
Er nickte schwer, als hätte er nun alles begriffen und deutete zu einer Treppe.
»Die Flasche ist da lang«, sagte er und fügte mit Verschwörerstimme »Laderampe« hinzu.
Ich stürmte die Treppen hinab … und sah gerade noch die Rücklichter eines Brauereiwagens.
»Wir fahren das Leergut immer gleich ab«, sagte der junge Mann, der mir gefolgt war. »Hygienevorschriften. Und dann der Gestank. Hören Sie, sind Sie vielleicht doch nicht vom CSI? Kann ich Ihnen mit einem Zehner aushelfen?«
Ohne ihn weiter zu beachten, notierte ich mir eilig den Namen der Brauerei. Verdammt noch mal, es musste doch möglich sein, eine Flasche zu finden! Angeblich waren doch »die Mächte« an meiner Seite!
*
Ja, und jetzt sitze ich auf
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