Tod to go (Crime Shorties)
knopfgroße Überwachungskameras gekauft und sie in der Kirche installiert. Dazu Geräuschmelder und vier Infrarot-Alarmanlagen. Wenn er kommt, der Sachsenfürst, meine Monitore werden es zeigen.
Sicher, zunächst muss er den Leichnam vom falschen Widukind beiseiteschieben, den ich im Sarkophag versteckt habe. Aber vielleicht ist das Blut dieses Bankräubers ja so etwas wie ein Toten-Adrenalin. Ein Weckruf: Steh auf Widukind, du Sachsenfürst. Steh auf und sieh, was aus dir geworden ist.
Todsichere Tipps
Ich sitze unter dem Himmel von Bordeaux. Direkt von meiner Decke am Place de la Bourse nicke ich den vorbeihastenden Menschen zu. Manchmal bleibt einer stehen. Und wenn er mich aus fiebrigen Zockeraugen ansieht, zack, mach ich ihn zu meinem Kunden.
Die Aktienmenschen halten mich hier für so eine Art Omen, ein Orakel mit Draht zu den Göttern der Börse. Dabei bin ich nur ein Penner, aber Penner mit dunklen Ahnungen sind gefragt. Zumindest bei Zockern. Bitteschön. Ich helfe gern.
Ich sag also: »Schönen Tag auch«, und dann arbeitet das in ihren Hirnen »Schön, schön ...?«, sagen sie sich und kaufen Aktien von Wellnessfirmen oder Parfümerieketten. Das spekuliert sich jeder selbst heraus. Ist ja alles ohne Garantie. Oder mein Magen knurrt. »Aha, Omen hat Hunger«, denken sie. »Lebensmittelkonzerne werden steigen. 50.000 Stück Nestlé und 80.000 Danone!«
Zum Dank gibt’s ein paar Münzen. Und wenn es mal nicht so funktioniert ... na, wer fordert schon von einem Obdachlosen die Cents zurück? Ein gutes Geschäftsmodell.
Mein Freund Henry hatte weniger Glück.
Henry hat es mit Warentermingeschäften versucht. Das schnelle Geld. Träume. Henry ist so ein Typ, wenn der in der Spielbank neben dir steht und Rot spielt, musst du nur auf Schwarz setzen, um reich zu werden.
Der Flame mit den Goldkettchen überredet Henry direkt neben meiner Decke. Ein übler Bursche, dieser Typ aus Belgien.
»Todsicherer Tipp. Kakao wird steigen«, sagt er und dass Henry sich Geld leihen soll. Alles, was er auftreiben kann. Dann redet der Flame über den Hund, den er als Kind hatte und dass ihm nie wieder im Leben einer einen Hund wegnimmt. Deshalb seien seine Tipps so toll.
»Ich bin ein Sieger«, sagt er. »Kakao steigt.«
Tja, die Leute sind nicht nur aus blauem Himmel so böse. Haben immer einen Grund. Und manchmal muss ein Hund herhalten. Henry nimmt einen Kredit auf und drückt dem Flamen auch noch einen Packen Schuldscheine in die Hand.
Von Tag zu Tag wird Henry blasser. Der Kakaopreis stürzt ins Bodenlose ... und draußen im Atlantik schwimmt eine Schiffsladung, die nichts mehr wert ist. Henry ist am Ende. Plötzlich fragt der Flame nach ihm.
»Das Schwein soll mein Geld rausrücken«, sagt er. »Die Schuldscheine sind fällig.« Wenn du am Boden liegst, gibt es immer einen, der noch mal drauftritt. Schon allein wegen des Hundes, dem man ihm als Kind wegegenommen hat.
Henry kann nicht zahlen und da sticht der Flame ihn einfach ab. In einer Seitengasse der Rue Sainte-Catherine. Am Abend kommt der Flame und wirft einen Schein auf meine Decke.
»Hast du einen Tipp, Omen?«, sagt er. Und grinst fies. Der weiß, dass Henry mein Freund war. Der Schein hat blutige Flecke. Mir fällt der Hund ein, der den Flamen so böse gemacht hat. Eine Mischung aus Collie und Hirtenhund, hat er gesagt. Genauso einer wie der Welpe vom Zuhälter-Paul.
Ich biete dem Zuhälter also an, auf seinen Welpen aufzupassen. Der hat was Eiliges vor und lässt seinen kleinen Liebling tatsächlich für ein paar Stunden bei mir. Und es klappt!
Wie bestellt kommt der Belgier vorbei, greift sich den Hund von meiner Decke und wirft mir einen Schein zu. »Gekauft. Ist jetzt meiner«, sagt er. Und: »Niemand nimmt mir einen Hund weg.«
Der Zuhälter ist natürlich stinksauer. Mit Tränen in den Augen macht er sich auf die Suche nach dem Flamen und seinen Hund. Noch am gleichen Tag trägt er den Welpen wieder im Arm. Zuhälter kennen keinen Spaß. Auch den Flamen haben sie an meiner Decke vorbeigetragen. Wie Henry. Zinksarg. Luftdicht. Wegen der Hitze.
So ein Hund kann tatsächlich dein Leben verändern.
Die Sphinx von Norderney
Nein, dein Erbe kannst du nicht ausschlagen. Wenn es ein Haus ist, erbst du ein Haus, wenn es Schulden sind, erbst du die Schulden. Ich hab einen Toten geerbt und dazu einen Bahnhof und ein paar Mumienkästen, in denen alte Ägypter ins Jenseits gesegelt sind.
Einmal hoch in den Himmel oder abwärts ins
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